Abschied aus dem Rathaus:Haken bei 90 Prozent

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Günter Schwarz, 64, wollte stets den Sport in München voranbringen. Eine Bilanz nach fast 50 Jahren im Dienst der Stadt.

Von Sebastian Winter, München

Wenn Günter Schwarz an diesem Freitag ein letztes Mal aus dem Fenster seines Büros an der Münchner Bayerstraße auf den Hauptbahnhof blickt, sieht er sie wieder, die qualmende Dampflok. Sie ist ein Teil seines Arbeitsalltags im dritten Stock des Referats für Bildung und Sport an der Bayerstraße geworden. Im vergangenen Sommer, erzählt Schwarz, konnte er das Fenster kaum öffnen, weil ständig der Dampf hochstieg. Und bei geschlossenem Fenster bekam er Schweißausbrüche. Ansonsten liebt Schwarz aber sein Büro, die Arbeit. Er wollte immer eines: den Sport voranbringen in München.

Schwarz arbeitete fast 50 Jahre bei der Stadt. Eigentlich sollte er Leiter eines der fünf Standesämter werden, doch dann wechselte er 1990 ins Sportamt, in den letzten zweieinhalb Jahren führte er dort 200 Mitarbeiter. Am Freitag geht er - glücklich - in Ruhestand. "Bei 90 Prozent von dem, was ich mir vorgenommen habe, kann ich einen Haken machen."

Der Leiter des Münchner Sportamtes hat inzwischen mehr als 700 Vereine und rund eine Million Sporttreibende in München unter seiner Obhut, er muss um Sportflächen in der am dichtesten besiedelten Großstadt Deutschlands kämpfen, Bezirkssportanlagen erneuern, Hallen sanieren, Initiativen für den Breiten- und Freizeitsport auf den Weg bringen. Er ist involviert in die Planungen zur neuen SAP-Arena im Olympiapark oder zur Sanierung der Ruderregattastrecke in Oberschleißheim. Man kann sagen: Neben der Sportbürgermeisterin Christine Strobl (SPD), Referatsleiterin Beatrix Zurek und Olympiapark-Chefin Marion Schöne ist Schwarz der wichtigste Manager des Münchner Sports. "Am Ende müssen Sie ein Ergebnis erzielen, das der Stadtrat absegnet - die große Kunst", sagt Schwarz, der seine Mitarbeiter "lauter Sportverrückte" nennt.

An die 60-Stunden-Woche hat er sich längst gewöhnt, er besuchte Vereine, Festivals im Olympiapark oder auf dem Königsplatz, traf sich mit Verbänden oder der Deutschen Olympischen Gesellschaft. Mit dem damaligen Oberbürgermeister Christian Ude startete Schwarz in Kiew die Städtepartnerschaft, er war Delegationsleiter in Münchens japanischer Partnerstadt Sapporo. "Das erlebst du als Verwaltungsbeamter normalerweise nicht", sagt Schwarz. Seine Frau fragte ihn zugleich mal, ob es denn möglich sei, dass er wenigstens an einem Tag pro Woche vor 20 Uhr nach Hause komme.

2015 kam der Zusammenbruch. In einer Zeit, in der sein Vorgänger Thomas Urban erst kündigte, kurz darauf wiederkam, um doch wieder zu gehen. Schwarz war zeitweise Sportamtsleiter, Stellvertreter und Geschäftsstellenleiter in einem. "Der Aktenberg wurde immer größer, und du siehst irgendwann nicht mehr darüber", erzählt Schwarz. Er pausierte, erholte sich, bald wurde er zum Sportamtsleiter befördert. "Es waren die besten Jahre meines Berufslebens."

Schwarz geht nun in einer Zeit der Großbaustellen und -projekte. Die Stadt gibt viele Millionen für die Sanierung ihrer Bezirkssportanlagen und den Bau neuer Kunstrasenplätze aus. Ein neues Actionsportzentrum ist geplant, das Dantestadion wird renoviert, im Olympiapark wird von Mitte 2019 an die SAP-Arena für Basketball und Eishockey gebaut und die Olympia-Regattaanlage soll endlich saniert werden. Das wird Schwarz von Gilching aus verfolgen, wo er mit seiner Familie und dem Hund wohnt. Im Winter möchte er Langlaufen, im Sommer Rennrad oder Mountainbike fahren.

Sein Nachfolger? Stellvertreter Jürgen Sonneck leitet kommissarisch die Geschäfte, 80 Bewerbungen gibt es schon für Schwarz' Stelle. "Vielleicht wird es ja eine Frau", sagt Schwarz. Der Teamplayer hat einen Rat: "Der Typ Sonnenkönig scheitert hier."

© SZ vom 07.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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