42. Werner-von-Linde-Sportfest:Wie auf der Wiesn

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„So ein internationaler Wettkampf hat schon seinen Reiz“: Eine von rund 1000 Athletinnen und Athleten mit Medizinball. (Foto: Claus Schunk)

Mehr als 1000 Nachwuchs-Leichtathleten treten in München zum internationalen Vergleich an. Nicht nur für sie ist das Sportfest ein Erlebnis.

Von Nico Horn, München

Zweimal im Jahr wird in München außergewöhnlich viel Italienisch gesprochen. Einmal im Herbst, wenn die Wiesn den ein oder anderen Italiener in die Landeshauptstadt lockt. Das andere Mal - und das ist längst nicht allen bekannt - nehmen Anfang März einige reiselustige Südtiroler die Fahrt über den Brenner auf sich, zum Werner-von-Linde-Sportfest. Knapp 200 gingen am vergangenen Wochenende wieder bei der 42. Auflage von Deutschlands größtem Vereins-Event in der Leichtathletik an den Start. Für viele hat sich der Wettkampf für Jugendliche im Alter zwischen zehn und 20 Jahren zu einem festen Programmpunkt im Jahresablauf entwickelt, so mancher Trainer hat selbst vor drei Dekaden daran teilgenommen. "Hier ist es wie auf dem Oktoberfest", sagt Karl Rauh, Leichtathletik-Abteilungsleiter des TSV 1860 München und Organisator des Sportfests, deshalb gerne in Anlehnung an Größe und Anziehungskraft der Veranstaltung auf Menschen aus der südlichen Alpenregion.

Der Vergleich ist natürlich nicht ganz ernst gemeint, schließlich geht es beim Linde-Sportfest auch um den Wettstreit von Nachwuchstalenten. Denn neben den Südtirolern und vielen einheimischen Sportlern aus Bayern kamen dieses Jahr wieder einige Jungathleten aus Tschechien und der Schweiz. Gemeinsam mit einer extra aus England angereisten Stabhochspringerin bildeten somit weit mehr als 1000 Nachwuchs-Sportler ein internationales Teilnehmerfeld. Das dürfte ganz im Sinne Werner von Lindes, des Namensgebers der Halle am Fuße des Olympiastadions sowie des seit 1976 alljährlich ausgetragenen Sportfests, sein. Schließlich hatte der ehemalige Leichtathlet und Ruderer Hallen-Wettkämpfe dieser Größe in München erst möglich gemacht.

"Das ist schon toll, wenn während unserer Läufe alle jubeln", sagt Viola John. Sie belegt Platz zwei

1972, nach Abschluss der Olympischen Spiele, sollte die Trainingshalle eigentlich abgerissen werden. Von Linde, ein vehementer Unterstützer der Sommerspiele und nach dem Zweiten Weltkrieg einer der Wegbereiter der Leichtathletik-Abteilung des TSV 1860, wollte das mit aller Macht verhindern. "Mein Vater hat gekämpft wie ein Löwe", formuliert es sein Sohn Albrecht, Schirmherr des Sportfests. Jedenfalls setzte sich von Linde durch, die Halle blieb bestehen.

In der ersten Hälfte der sogenannten Nullerjahre ging es dann wieder um die Zukunft der Sportstätte. Der heutige Organisator Karl Rauh kämpfte damals in seiner Funktion als Präsident des Bayerischen Leichtathletik-Verbandes für eine Sanierung des Gebäudes - mit Erfolg. Anfang 2007 wurde der von der Stadt mitfinanzierte Umbau eingeweiht. Heute profitieren nicht nur Leichtathleten aus München von der Halle.

"Weit und breit gibt es eine solche Halle nicht", sagt Rauh und verweist auf Österreich und Italien, wo so etwas seines Wissens nach nicht existiere. Auch deshalb kämen ja so viele Jugendliche aus diesen Ländern zum Linde-Sportfest. Zur Freude des lokalen Nachwuchs, wie etwa der 13-jährigen Linda Sickinger, die im Sprint und Hochsprung antrat, oder der 14-jährigen Viola John (Sprint und Weitsprung). "Dass es ein internationaler Wettkampf ist, hat schon seinen Reiz", sagt John. Sie und Sickinger starten für die LG Stadtwerke München und gehören trotz ihres Alters schon zu den Erfahrenen im Teilnehmerfeld. Bereits mit neun oder zehn Jahren seien sie zum ersten Mal dabei gewesen. Dennoch ist sie noch immer ein bisschen aufgeregt, gibt Sickinger zu - kein Wunder: Normalerweise tritt sie mit John gegen die lokale Konkurrenz aus Oberbayern an. Gleichzeitig genossen die jungen Münchnerinnen die außergewöhnliche Kulisse. Zwar verirren sich auch zum Sportfest nicht allzu viele Zuschauer in die Werner-von-Linde-Halle, aber allein die Trainer, Eltern und natürlich die Athleten selbst sorgten für einen außergewöhnlichen Lärmpegel. "Das ist schon toll, wenn während unserer Läufe alle jubeln", sagt Viola John.

Auch Schirmherr Albrecht von Linde ist froh, dass das Sportfest Jahr für Jahr ausgetragen werden kann: "So kommen die Kinder zum ersten Mal mit sportlichen Wettkämpfen in Kontakt." Außerdem sei die Leichtathletik Ausgangspunkt für alle anderen Sportarten, man könne also nicht früh genug damit anfangen.

So gesehen sind Viola John und Linda Sickinger echte Vorbilder. Ihren Sport betreiben sie parallel zur Schule. Was später kommt und wie lange sie noch springen und laufen, können sie nicht sagen. Eines ist aber sicher: Mit der internationalen Konkurrenz können sie mithalten. John belegte im 60-Meter-Sprint Platz zwei, knapp geschlagen von einer Südtirolerin. Sickinger wurde im Hochsprung ebenfalls Zweite, vor allen Starterinnen aus Italien.

© SZ vom 14.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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