Süddeutsche Zeitung

3. Liga:Kinderkram an der Küste

Die SpVgg Unterhaching unterliegt 0:1 bei Hansa Rostock. Trainer Arie van Lent missfällt das zaghafte Herangehen seiner Mannschaft, die in der Offensive wenig zustande bringt.

Von Christoph Leischwitz, München

Geflogen wären sie ja sowieso, hatte Arie van Lent noch am Freitag gesagt, und ein wenig Fernweh war da herauszuhören gewesen, als der Trainer der SpVgg Unterhaching das sagte. Denn normalerweise geht es zu dieser Zeit des Jahres nach Spanien oder in die Türkei, in ein frühlingshaftes Trainingslager. Stattdessen: ein Charterflug an die regnerische Ostseeküste, zu einem schweren Auswärtsspiel bei Hansa Rostock, eine Partie auf seifigem Boden, nach einer kurzen Vorbereitung ohne jegliches Testspiel. Das Fazit vor dem Rückflug fiel entsprechend trüb aus: Nach dem 0:1 (0:0) zum Auftakt des Jahres 2021 kritisierte der 50-jährige Niederländer die Leistung seiner Spieler durchaus deutlich. Der Start in die nächste Saisonphase, die in den kommenden Wochen geprägt sein dürfte von schwierigen Witterungsverhältnissen, fiel erstmal unerfreulich aus.

Stammkeeper Nico Mantl fällt mit muskulären Problemen aus, so kommt Ersatzmann Steve Kroll kurzfristig zu seinem ersten Saisoneinsatz

Ein Stammspieler war am Samstagmorgen gar nicht mehr mitgeflogen: Torwart Nico Mantl hatte sich kurzfristig mit muskulären Problemen abgemeldet für die Partie beim Aufstiegsaspiranten. Nun ist Mantls Vertretung Steve Kroll auf dem Papier genauso erfahren wie der Stammkeeper. "Von da her: vollstes Vertrauen", sagte der Trainer kurz vor dem Spiel. Und weil Unterhachings Offensive erst einmal noch in der Winterpause blieb, bekam der 23-Jährige gleich auch einiges zu tun. Die erste Rostocker Chance konnte zwar noch Kapitän Markus Schwabl mit einem beherzten Eingreifen verhindern (7.). Schon in der 13. Minute aber musste Kroll ins Eins-gegen-eins mit Nik Omladic, der wenige Meter vor ihm frei zum Schuss kam. Womöglich wäre Kroll machtlos gewesen, als dann John Verhoek aus 15 Metern ebenso frei zum Schuss kam und das Tor knapp verfehlte. "Zu viel Respekt" habe seine Mannschaft gezeigt, fand Arie van Lent, dem vor allem der Auftritt in der ersten Halbzeit missfiel. "Wenn ich sehe, dass man Angst hat, zum Kopfball hochzugehen - warum sollte man dem Gegner etwas schenken? Das ist einfach Kinderkram."

Das 0:1: Torwartfehler? "Eher nicht", sagt van Lent

Auch in der zweiten Halbzeit gelang im Spiel nach vorne zunächst wenig. Van Lents bissiger Kommentar: "Wenn wir über außen kommen, darf man dem Mitspieler auch mal den Ball in den Fuß spielen." Das einzige Tor des Spiels fiel kurz nach der Pause, als wenige Sekunden nach einem Rostocker Einwurf von links Nico Neidhart auf der anderen Seite des Platzes mutterseelenallein an den Ball kam. Der Verteidiger hatte alle Zeit zu flanken - und dann sah van Lent etwas, was ihn an seine eigene Vergangenheit erinnert haben dürfte: einen kopfballstarken Niederländer, der zum Sieg traf. Der Kopfball von Verhoek sprang von der Unterkante der Latte hinter der Linie auf (55.). Kroll hatte bei der Flanke zunächst ein paar Schritte aus dem Tor gemacht und dann wohl gemerkt, dass er nicht herankommt. Der Trainer nahm seinen Schlussmann aber in Schutz: "Eher nicht", sagte er auf die Frage, ob es sich um einen Torwartfehler gehandelt habe.

Die besten Chancen hat Haching kurz vor Schluss, zweimal durch Verteidiger

Die Hachinger Offensive fand dann doch noch aus der Winterpause, aber erst wenige Minuten vor Schluss. Da verlängerte Paul Grauschopf einen Eckball mit dem Kopf an den zweiten Pfosten, wo Max Dombrowka jedoch unglücklich zum Ball stand und aus kurzer Distanz deutlich über das Tor schoss (88.). Eine Minute später wurde ein Schuss von Markus Schwabl noch geblockt. Die besten Möglichkeiten hatten also aufgerückte Verteidiger, der Hachinger Angriff schien in jene Harmlosigkeit zu verfallen, die auch über weite Strecken im vergangenen Herbst geherrscht hatte. Positiv war an diesem Spiel, dass die Mannschaft nach dem Rückstand kaum noch Chancen des Gegners zuließ. Allerdings ging Hansa recht schlampig mit seinen Konterchancen um.

Schon am Dienstag (19 Uhr, Sportpark) steht das erste Heimspiel des Jahres an, ein Nachholtermin gegen den SC Verl. Für Haching bedeutet das eine zusätzliche Gelegenheit, sich vom Tabellenende abzusetzen. Ob Nico Mantl dann schon wieder zur Verfügung stehen wird, war am Sonntag noch nicht klar.

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