Sport:Handball-WM lockt Fans aus aller Welt in die Olympiahalle

Island - Kroatien Handball

Die fanatischen Fans aus Island (hier beim Spiel gegen Mazedonien) machten Stimmung.

(Foto: Sven Hoppe/dpa)

Der Tourismusverband nutzt solche Großereignisse, um für München zu werben - und hofft auch auf das Champions-League-Finale 2021.

Von Heiner Effern

Goce Igevski kommt gleich zur Sache. Er und seine Freunde hätten keine Karten übrig, mindestens zehn Leute hätten schon nachgefragt, sagt er. Der Mann aus Skopje steht unter dem schützenden Dach der Olympiahalle, kalter Winterregen treibt hier die Leute zusammen. An den Verkaufsschaltern hinter ihm hängt am Sonntagmittag das Schild "Ausverkauft". Gerade hat einer gebettelt, ob sie ihm wenigstens nach dem Spiel Mazedoniens ihre Tickets für die restlichen Partien des Tages verkaufen könnten. Die Handball-Weltmeisterschaft zieht mehr Besucher an als in der Halle Platz finden, auch wegen Fans wie Igevski und seinen drei Kumpels. "Wir sind 21 Stunden mit dem Auto gefahren, um unsere Mannschaft zu unterstützen", sagt er.

Fünf Tage seien sie in München, das reicht für zwei Matches, die Besichtigung des Olympiaturms und des Marienplatzes, eine Fahrt zur Fußball-Arena in Fröttmaning und natürlich zu manchem Bier in den Kneipen. Auch in dieser sehr alten im Zentrum seien sie gewesen, dieser berühmten halt, erzählen die vier. Um Klarheit zu schaffen, zieht einer einen Bierdeckel aus der Jacke, auf dem Hofbräuhaus steht. "Alle hier sind sehr freundlich", erzählen sie. Was sie offenbar überrascht. Für das Spiel gleich gegen Bahrain tragen sie ihre Fanausrüstung, was bei drei von ihnen eine Art Sankt-Martins-Helm einschließt: goldenes Rund mit roten Fransen drauf, die Landesfarben Mazedoniens.

Ihre Mannschaft hat die WM schon am Freitag in München mit einem Sieg gegen Japan eröffnet. 15 Vorrundenspiele finden in der Olympiahalle statt, am Abend waren auch noch die Isländer gegen Kroatien dran. Weniger erfolgreich allerdings, was aber nicht an der professionellen Vorbereitung der Fans gelegen haben dürfte. Sie haben im hinteren Bereich der Olympiahalle einen Biergarten vor einer improvisierten Almhütte als Hauptquartier gewählt. Eine junge Frau bemalt im Akkord Gesichter in den Landesfarben. Trommeln werden getestet, ebenso das bayerische Nationalgetränk am nahen Ausschank. Ob sie von München auch was sehen werden? Nun ja, sagt ein Mann mit einem Irokesen-Schnitt in Blau-Rot-Weiß. Das Hotel liege drei Kilometer neben der Halle, zum Sightseeing sei man eher nicht gekommen.

Zwischen die Fans aus Mazedonien, Island und Kroatien mischen sich auch viele deutsche Fans. Handball-Familien sind zu sehen, Betreuer mit Scharen von kleinen Nachwuchsspielern. Ben Schermann und Robin Bein sind mit ihren Müttern gekommen. Die zehn Jahre alten Handballer vom TSV Vaterstetten wollen WM-Luft schnuppern. "Ein Deutschland-Spiel wäre schon cool gewesen", sind sich die vier einig. Aber deshalb extra nach Berlin fahren, das ging dann doch zu weit. Also brachte das Christkind Karten für den Eröffnungstag. Die Söhne werfen an einem der Mitmach-Stände auf eine Torwand, und alle zusammen schauen Mazedonien gegen Japan. Wenn eine Weltmeisterschaft so nahe stattfindet, dann "wollen wir das schon sehen", sagen die beiden.

Island vs Kroatien Handball Weltmeisterschaft 2019 Fans  *** Iceland vs Croatia Handball World

Die Isar-Spatzen prägten die ersten beiden Tage der Handball-WM in München.

(Foto: imago/Plusphoto)

Die Idole der Jungs, Andreas Wolff und Uwe Gensheimer, spielten am Samstag in Berlin. In der Münchner Olympiahalle ist an diesem Tag Pause, von Handball-Stimmung ist in der Stadt dann nicht viel zu spüren. Horden von Fans sind kaum zu sehen, Public Viewing im großen Stil bleibt offensichtlich dem Fußball vorbehalten. Dennoch trage eine solche Weltmeisterschaft zu einem positiven München-Bild gerade im Ausland bei, sagen die Tourismus-Experten der Stadt. Wie sich die Handball-WM auf die Übernachtungsbilanz auswirkte, das könne man zu diesem frühen Zeitpunkt noch nicht sagen, erklärte eine Sprecherin von München Tourismus.

Doch prinzipiell sei "eine sportliche Großveranstaltung von so großer internationaler Bedeutung und Strahlkraft wie die Handball-WM" eine tolle Sache. Man habe viel Werbung dafür gemacht. Das sieht man an der langen Schlange vor der Halle, das kennt man in München bei Handball-Ereignissen zumindest schon lange nicht mehr. Die WM könnte der Auftakt für viele große Sportereignisse sein, mit denen man Besucher nach München ziehe wolle, heißt es von München Tourismus. Die Stadt habe sich zum Beispiel auch für das Champions-League-Finale 2021 beworben.

Doch zunächst einmal wird Handball gespielt in der Olympiahalle. Mit dabei ist auch Joshua Milbers. Er verteilt auf einem Tablett frischgepressten Fruchtsaft in Bechern. In der Schule fand er Handball ganz gut, im Moment auch. Die WM hat ihm einen Job bei einem Sponsor verschafft. In den Pausen kann er auch noch bei Spielen zuschauen. "Ein schöner Zufall", sagt er.

Nahezu ausverkaufte Olympiahalle

Die fünf Spieltage der Handball-Weltmeisterschaft in München waren und sind nahezu ausverkauft. Für die noch ausstehenden Matches am Montag, Dienstag und Donnerstag sind allenfalls noch Restkarten in den oberen Preis-Kategorien zu erhalten. Der Handballverband hatte sich entschieden, die Vorrundentickets im Tagespaket zu verkaufen (www.handball19.com/#tickets). Für eine Karte waren damit drei Partien zu sehen. Daneben gab es noch die sogenannten Feierabend-Tickets für das jeweils letzte Spiel des Tages, das um 20.30 Uhr angesetzt war. Eine Karte für nur ein persönliches Wunsch-Spiel war somit nicht zu erhalten. Daran stießen sich manche Fans, andere freuten sich über drei WM-Spiele am Stück für ein Ticket. Letztlich gab der Erfolg den Veranstaltern recht: Auch weniger attraktive Partien sind gut besucht. Heff

An Milbers Saft-Theke kommt am Freitag auch Risto Pop Trajkov vorbei. Den Schnauzer hat er zur einen Hälfte in Gelb, zur anderen in Rot gefärbt. Die Landesfarben von Mazedonien sind auch auf seiner Kappe, seinem Schal und seiner Fahne prägend. Dafür, dass er gerade 24 Stunden Bus gefahren ist, sieht er erstaunlich frisch aus. München und Handball brachte er bisher nicht zusammen. Bei diesem Sport denkt er eher an Städte weiter nördlich.

"Ich kenne aber den FC Bayern", sagt er. Dass er die Handball-WM in München besucht, dokumentiert er mit dem Handy. Dafür greift er sich zwei der Isarspatzen, die an ihm vorbeischlendern. Sie sollen gleich die Besucher am Haupteingang mit Blasmusik empfangen. Davor postiert Trajkov einen Trompeter auf die eine Seite, einen Hornisten auf die andere, fertig ist das Sandwich-Foto: links und rechts eine Lederhose, in der Mitte der gelb-rote Risto aus Skopje. Und nach dem Match? "Da fährt der Bus gleich wieder zurück."

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