Spielplätze:Mädchen und Jungen sollen gleichberechtigt spielen dürfen

Spielplätze: Da wollen wir durch: Dilan (links) und Senna gefällt der neue Spielplatz am Schwabinger Tor. Mit neuen Vorgaben will die Stadt Freiflächen und Spielplätze für Mädchen attraktiver machen.

Da wollen wir durch: Dilan (links) und Senna gefällt der neue Spielplatz am Schwabinger Tor. Mit neuen Vorgaben will die Stadt Freiflächen und Spielplätze für Mädchen attraktiver machen.

(Foto: Catherina Hess)
  • Mit neuen Richtlinien will die Stadt Spielplätze und Freiflächen für Mädchen attraktiver machen.
  • Das Ziel ist, allen Kindern eine gemeinsame Nutzung des öffentlichen Spielraumes zu ermöglichen.
  • Jungen sollen explizit nicht benachteiligt werden.

Von Melanie Staudinger

Vielfältigere Angebote, eine kleinteiligere Gestaltung und mehr Mitsprache für Kinder und Jugendliche - mit neuen Richtlinien will die Stadt München Spielplätze und Freiflächen für Mädchen attraktiver machen. Eine eigene Spielraumkommission aus Verwaltungsmitarbeitern, Lokalpolitikern und Jugendverbänden hat nun konkrete Empfehlungen vorgelegt, die sich an städtische Wohnungsbaugesellschaften, an private Baufirmen und an Landschaftsarchitekten richten.

Wie die Vorgaben umgesetzt werden und wer das überwachen soll, ist allerdings noch unklar. Die Forderung des Kreisjugendrings München Stadt (KJR) nach einem eigenen zentralen Ansprechpartner im Rathaus, sieht vor allem die CSU skeptisch.

Wer Spielplätze besucht, kennt das traditionelle Bild. Mädchen sind eher bei den Schaukeln zu finden und unterhalten sich, die Jungs haben die große Rasenfläche in Beschlag genommen und spielen dort lautstark Fußball. Viel Raum, um sich zu entfalten oder zu bewegen, bleibt den Mädchen meist nicht. Spielplätze unterstützen dieses stereotype Verhalten, weil sie typisch männlichen Ballsportarten viel Platz einräumen. Das soll sich in der Stadt München ändern.

"Mädchen und Jungen erobern den öffentlichen Raum ganz unterschiedlich für sich", sagt SPD-Stadträtin Bettina Messinger. Dem wolle man mit den jetzt erarbeiteten Handlungsempfehlungen Rechnung tragen. In vielen Fällen könnten kleinere Maßnahmen schon viel bewirken.

Viele Mädchen müssten beispielsweise am Spielplatz auf ihre kleineren Geschwister aufpassen. Für sie wäre es hilfreich, so schlägt die Spielraumkommission vor, wenn es neben dem Sandkasten für die Kleinen Spielangebote wie eine Balancierstange für die Älteren gäbe.

Wenn Schaukeln nicht vereinzelt oder nebeneinander angeordnet sind, sondern so, dass die Schaukelnden sich gegenübersitzen, können Mädchen sich bewegen und gleichzeitig unterhalten. Außerdem ist für Mädchen wichtig, dass die Wege zur Spielfläche hin gut ausgeleuchtet sind und es Toiletten gibt. Bolzplätze soll es auch künftig noch geben, allerdings kombiniert mit anderen Spielbereichen. So könnten zusätzlich geschütztere Bereiche entstehen, in denen sich Kinder und Jugendliche auch mal zurückziehen können.

All diese Vorschläge sollen helfen, dass Mädchen sich den öffentlichen Raum zurückobern dürfen, dabei aber die Jungs nicht einschränken. Ziel sei es, "allen Kindern, Mädchen wie Buben, eine gemeinsame Nutzung des öffentlichen Spielraumes zu ermöglichen, einer Separierung entgegenzuwirken und im Idealfall gemeinsames Spiel zu fördern", erklärt eine Sprecherin des Baureferats, in dessen Zuständigkeit die Spielraumkommission fällt, die auf eine Idee der SPD-Fraktion zurückgeht.

"Wir wollen keinen Geschlechterkampf auf dem Spielplatz austragen"

"Wir wollen Spielplätze, auf denen alle Kinder gleichermaßen spielen können", sagt Manuela Sauer, Mitglied in der Spielraumkommission und im Kreisjugendring für Grundsatzfragen zuständig. Schließlich gebe es auch Mädchen, die gerne Fußball spielten, und Jungs mit einer Affinität zum Schaukeln.

Wichtig dabei sei, die Kinder und Jugendlichen noch mehr am Planungsprozess zu beteiligen, sagt Grünen-Stadträtin Sabine Krieger. Zwar würden die künftigen Nutzer der Flächen auch aktuell zu ihrer Meinung befragt, etwa bei den Spielplätzen am Johannisplatz in Haidhausen, am Brundageplatz am Olympiapark oder im Neuhauser Taxispark.

"Kinder schlagen allerdings meist das vor, was sie kennen", sagt Krieger. Im Beteiligungsprozess müsse die Vorstellungskraft und Fantasie der Mädchen und Jungen mehr angeregt werden. Auch das sehen die neuen Richtlinien vor.

Wenn der Bauausschuss des Stadtrats in seiner Sitzung an diesem Dienstag über das 19-seitige Eckpunktepapier abstimmt, bleibt eine große Frage zunächst außen vor. Offen ist derzeit noch, wer garantieren soll, dass die Richtlinien von öffentlichen und privaten Bauträgern eingehalten werden.

Alleine in der Stadtverwaltung sind Bau-, Planungs- und Bildungsreferat sowie das Stadtjugendamt an Spielraumplanungen beteiligt. "Unsere Erfahrung ist, dass es bei referatsübergreifenden Entscheidungen jemanden braucht, der den Hut aufhat", sagt Manuela Sauer vom KJR. Jemand, der einen Blick auf die Pläne wirft, der als Ansprechpartner fungiert, eine Art stadtweiter Spielplatzmanager. Ob der jedoch kommt, ist fraglich.

"Wir können uns eine solche Position schon vorstellen", sagt Krieger. Allerdings habe eine solche Stelle derzeit keine Priorität. Die CSU stellt die Notwendigkeit gleich ganz in Frage. Zwar stimme man der Vorlage grundsätzlich zu, sagt Evelyne Menges, Sprecherin ihrer Fraktion im Bauausschuss. Allzu hoch hängen aber will sie das Thema nicht.

"Wir wollen keinen Geschlechterkampf auf dem Spielplatz austragen", erklärt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende. Die Hauptsache sei, dass die Kinder Spaß am Spielen und Toben hätten. Ob es einen Spielplatzmanager geben wird, will die Spielraumkommission bis Mitte 2019 entscheiden. Bis dahin soll es schon erste Spielplätze nach den neuen Richtlinien geben.

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