Spezielle Lebensmittelläden:Wo die Münchner das Besondere bekommen

Abseits des Massengeschmacks: Immer mehr Spezialgeschäfte setzen auf Kunden, die ganz genau wissen wollen, was sie essen und trinken. Denn für viele Münchner gehört der Besuch beim Weinhändler oder Käsespezialisten um die Ecke zum Lebensgefühl dazu. Was man dort erwarten darf? Wir haben uns bei einigen Experten umgesehen.

Von Astrid Becker und Philipp Crone

Es gibt Menschen, die verbringen ihre Samstage am liebsten auf dem Viktualienmarkt oder in der Frischeabteilung im Kaufhaus ihrer Wahl. Andere wiederum suchen lieber die Nischenläden und Spezialisten auf, um den Massenangeboten zu entkommen. Es sind ja nicht nur Hobbyköche und Freizeitkulinariker, die gerne einkaufen: Für viele Münchner gehört der Besuch beim Weinhändler oder Käsespezialisten um die Ecke zum Lebensgefühl dazu. Was man dort erwarten darf? Die SZ hat sich bei einigen Experten umgesehen.

Weinhandlung F. X. Muschelkalk

Spezielle Lebensmittelläden: Jörg Linke und Andreas Kolar in ihrer Weinhandlung Muschelkalk.

Jörg Linke und Andreas Kolar in ihrer Weinhandlung Muschelkalk.

(Foto: Robert Haas)

Der Name der kleinen Weinhandlung in der Dreimühlenstraße ist Programm: Muschelkalk ist nicht nur ein Boden, dem außergewöhnlich viele gute Weine entwachsen, sondern auch der Kosename, mit dem der Dichter Joachim Ringelnatz seine Frau Leonharda Pieper bedachte. In einem Briefgedicht, das noch aus der Verlobungszeit der beiden stammt, nannte der Dichter sie "muschelverkalkte Perle". Und genau dies hat den Inhaber der Weinhandlung Jörg Linke dazu inspiriert, in seinem ersten Ladengeschäft Wein mit Kunst zu verbinden.

Denn der 51-Jährige, der sein Geld hauptsächlich damit verdient, von Hohenbrunn aus seit mehr als 20 Jahren die Topgastronomie Deutschlands mit Weinen aus Europa und Südafrika zu beliefern, erfüllte sich den Traum mit dem Geschäft erst Anfang des vergangenen Jahres. Aus "reiner Liebelei", wie er sagt. Neben den immer wieder wechselnden Weinen, die er dort anbietet, finden bei ihm auch kulturelle Veranstaltungen statt: Lesungen mit Autoren und Schauspielern zum Beispiel, die er von seinen Winzern und ihren Weinen begleiten lässt.

Neben Linke ist hier im Laden (das "F. X." im Namen steht für Franz Xaver, ein früher im Schlachthofviertel verbreiteter Vorname) Andreas Kolar der wichtigste Mann: Ein einstiger Studienfreund, der sich später dem Modedesign zuwandte, aber sich seit langem für das Thema Wein interessiert. Heute sind die beiden Männer echte Spezialisten, die ihr Augenmerk ausschließlich auf handwerklich erzeugte Weine und vor allem auch auf Bio-Weine legen. Wein, so sagen beide, sei ein Spiegel von Erde und Mensch: "Wer solche Weine entkorkt, genießt ein kleines Kunstwerk. Es zeigt die vielfältigen Gesichter der Welt und den Einfallsreichtum von Mensch und Natur." So gesehen, ist der Name des Ladens, Muschelkalk, dann gar nicht mehr verwunderlich.

Brotmanufaktur Schmidt

Ihre Geschichte reicht bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück. 1870 hatte damals die Familie Mair eine Bäckerei in der Mathildenstraße gegründet. Als das Haus jedoch 1945 ausgebombt wurde, pachtete die Familie eine Bäckerei in der Steinstraße an, in der bereits um 1700 gebacken wurde.

Spezielle Lebensmittelläden: Markus Schmidt und Sonja Laböck von der Brotmanufaktur

Markus Schmidt und Sonja Laböck von der Brotmanufaktur

(Foto: Martin Bäuml Fotodesign)

Heute ist das Geschäft noch immer in Besitz der Gründerfamilie, wenngleich sie heute nicht mehr Mair, sondern Schmidt heißen: "Die letzten Mairs, die die Bäckerei unter diesem Namen führten, waren meine Urgroßtanten", erzählt der 38-jährige Markus Schmidt. Er hat den Betrieb zusammen mit seiner Frau, der Konditorin Sonja Laböck, 2004 von seinen Eltern übernommen. Schon kurz darauf begann er, sich über die wachsende Zahl von Backshops und Discountbäckereien in der Stadt zu ärgern. Deren Massenproduktion habe so gar nichts mit echter Backkunst gemein, schimpft er noch immer: "Wir wollten es sogar gerichtlich verbieten lassen, dass sich solche Läden Bäckereien nennen dürfen - doch da hatten wir keine Chance." Also taufte er seine Bäckerei in Brotmanufaktur um. Wer heute eines der Ladengeschäfte von Schmidt betritt, merkt sofort, dass hier manches anders ist. Kein Laib ähnelt dem anderen - was der Bäckermeister selbst als Manko ansieht, vom aufmerksamen Kunden jedoch als Zeichen von Glaubwürdigkeit und Handwerk angesehen wird. "Das ist halt die Natur: Unsere Rohstoffe fallen nicht immer gleich aus", sagt der Bäckermeister. Dafür sind sie ausgesucht: Da ist das Mehl von der Weissmühle in Bruckmühl, die Eier vom Hof der Bäuerin Herzog aus Schwindegg, die ihre Hühner noch frei herumlaufen lässt. Und natürlich das "Elisa"-Wasser, das hier zum Einsatz kommt. Esoterisch angehauchte Brotliebhaber glauben es besonders herauszuschmecken. In insgesamt acht Läden, zum Beispiel in der Ismaninger Straße und in der Augustenstraße, verkauft Schmidt mittlerweile sein Krustenbrot, sein Bio-Kornbrot, sein Dinkelbrot. Auch die "Springerle", ein traditionelles Festtagsgebäck mit Anis, gehören zu den alten überlieferten Familienrezepten, die noch heute in historischen Modeln gebacken werden.

Pferdemetzgerei Kaspar Wörle

Pferdemetzger auf dem Münchner Viktualienmarkt, 2011

Kaspar Wörle, Pferdemetzger auf dem Münchner Viktualienmarkt.

(Foto: Catherina Hess)

Das gibt es nur mehr auf dem Viktualienmarkt zu kaufen. Rossbratwürste, Pferdesalami oder auch zartes Fohlenfilet. Doch wer nun glaubt, Pferdefleisch sei eine Spezialität, die in südlicheren Gefilden, zum Beispiel bei den Veronesern, beheimatet ist und hier auf wenig Gegenliebe stößt, der irrt: Bereits 1883 war der Handel mit Pferden auf dem heute legendären Rossmarkt in München ein recht einträgliches Geschäft.

Lange Zeit war es völlig normal, in der Freibank auf dem Viktualienmarkt - heute steht dort das Wirtshaus zum Pschorr - das damals billigere Pferdefleisch zu erstehen. Vor 22 Jahren übernahm dann Metzgermeister Kaspar Wörle die letzte Pferdemetzgerei Münchens. Wie sein Vorgänger Siegbert Schulz schwärmt auch er von den Vorzügen des Pferdefleisches: Es sei eiweißreich, aber mager, leicht süßlich und besonders für die Blutbildung gesund. Daran konnte auch der jüngste Fleischskandal mit den falsch etikettierten Fertig-Lasagnen - statt Rindfleisch wurde hier Pferdefleisch verwendet - nichts ändern. Im Gegenteil: "Seither ist die Nachfrage nach unserem Hackfleisch enorm gestiegen. Jeder will plötzlich mal eine Pferdelasagne nachkochen und fragt sogar nach dem Rezept. Aber das geht ja auch nicht anders als mit Rind", sagt Kaspar Wörle.

Käsegeschäft Käsemaus

Spezielle Lebensmittelläden: Ivonne Schulz in ihrer Käsemaus.

Ivonne Schulz in ihrer Käsemaus.

(Foto: Robert Haas)

Mit dem Käse ist es heute wie mit dem Wein. Einen Comté zum Beispiel, den gibt es überall, die Gourmetsupermärkte führen zum Teil fünf verschiedene Sorten. Aber den, der bei Ivonne Schulz im Laden liegt, ihrem kleinen Fachgeschäft namens Käsemaus, führen sonst nur exklusive Restaurants.

Er stammt aus Straßburg vom dortigen Käsemeister Tourette, der als einer der besten Frankreichs gilt. Jeden Donnerstag kommt die Ware mit einem kleinen Lieferwagen in die Schulstraße 23 an der Donnersbergerbrücke. Dieser Käse hat eine Geschichte, so wie man sie auch gerne zu einem Wein wissen möchte und wie Schulz sie zu jedem ihrer 120 Käsesorten im Laden erzählen kann. Der Kunde möchte hier beraten und auch ein wenig unterhalten werden, wenn er vor Brebiou, Trüffelbrie, Picandou oder La Tur steht. Im Regal liegt eine "Slanke Anke", "ein Magerkäse", sagt Schulz und lacht. Die Botschaft: Käse ist spannend, aber man sollte die Sache auch nicht zu ernst nehmen. Seit sechs Jahren gibt es nun den Laden in der Schulstraße. Im Angebot sind Exoten wie der grüne Wasabi-Käse, der mittlerweile schon wieder etwas aus der Mode gekommen ist, bis zu den Klassikern wie Gouda oder diversen Bries. Am besten gehen in München die Bergkäse, sagt Schulz, der Kunde mag es hierzulande gerne würzig. Und eine inoffizielle Auszeichnung trägt die "Käsemaus" auch. Sie hat die Gunst der Franzosen aus dem Viertel, die sind bei Ivonne Schulz Stammkunden.

Die Schokoladengalerie

Spezielle Lebensmittelläden: Sandra Wirth von der Schokoladengalerie.

Sandra Wirth von der Schokoladengalerie.

(Foto: Robert Haas)

Ein wenig erinnert das Ambiente in der Triftstraße 4 an einen Fanshop des FC Bayern. Im Fanshop gibt es zahllose Gegenstände, die irgendwie mit dem Fußballverein zu tun haben

In der "Schokoladengalerie" gibt es zahllose Lebensmittel, die irgendwie mit Schokolade zu tun haben. Das Ehepaar Sandra und Pascal Wirth betreibt den Laden seit drei Jahren, beide haben lange in der Sternegastronomie gearbeitet. Nun bieten sie neben der Patisserie mit Brownies, Schokoladentarte oder Pralinen aus eigener Herstellung eine Auswahl aller erdenklichen Schokoladenvariationen in den Regalen des weiß und schlicht gehaltenen Schoko-Cafés "Schokoladengalerie". Gut, Schoko-Zigarren oder Schoko-Kaviar gehen eher als Spielereien durch und die "weltbesten veganen Schokotrüffel" als sehr feine Feinheit, doch die gerösteten karamellisierten Nüsse in edler Schokolade aus Frankreich oder "Turkish Delight" aus Italien sind kakaobraune Delikatessen. Ob Schnaps, Konfitüre, Fondue - alles enthält den süßen Grundstoff. Bei der Auswahl hilft es, eine der Trinkschokoladen zu probieren, wahlweise dick- oder dünnflüssig, auch als weiße Schokolade. "Wobei, weiße Schokolade gibt es streng genommen nicht", sagt Pascal Wirth, "da ist nur Kakaobutter drin." Das sind die Geschichten, die heute auch bei der Patisserie dazugehören. Wie auch bei der Tafel Porcelana, benannt nach der besonders edlen Bohne - sie kostet zwölf Euro. Die stammt aus Italien, dem laut Wirth neben Spanien, Belgien und Österreich führenden Schokoladenland. Die Schweiz kommt in seiner Aufzählung gar nicht vor, genauso wenig wie Deutschland. In München, mit seiner steigenden Zahl von Chocolaterien und seinen vielen Genussmenschen, spüre man aber schon "die Nähe zu Italien".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: