Süddeutsche Zeitung

Spezielle Förderung:Ohne Abschluss

In München ist die Quote der Schulabbrecher besonders hoch

Von Melanie Staudinger

Knapp 160 000 Schüler und 120 000 Studenten - rund ein Fünftel der Bevölkerung Münchens befindet sich zurzeit in Ausbildung. Mehr als die Hälfte aller Viertklässler wechselt nach der Grundschule auf ein Gymnasium, der Anteil der Schüler mit Migrationshintergrund an den weiterführenden Schulen steigt, immer mehr von ihnen machen Abitur. München wirbt gerne für sich als Schul- und Universitätsstadt der Spitzenklasse. Dennoch ist nicht alles rosig. Im Sommer zum Beispiel hat die Caritas die Studie "Bildungschancen vor Ort" veröffentlicht: Dabei schneidet München im bayernweiten Vergleich nicht allzu gut ab. Denn während auf der einen Seite immer mehr Jugendliche ihre Hochschulreife erwerben, stehen noch immer zu viele Schulabgänger ohne Abschluss da. 6,37 Prozent waren es im Jahr 2014, im Freistaat sind es nur 4,4 Prozent, was der beste Wert aller Bundesländer ist. Auch in den Umlandgemeinden läuft es besser als in der Landeshauptstadt: In Dachau beträgt die Quote 3,92 Prozent, in Ebersberg 3,61, in Erding 2,69, in Freising 3,5, in Fürstenfeldbruck 3,28, in Starnberg 1,81, in Wolfratshausen 2,98 und im Landkreis München 3,2 Prozent.

Warum die Bildungschancen in Großstädten tendenziell eher schlechter sind als auf dem Land, will das bayerische Kultusministerium nicht kommentieren. Eine abschließende Erklärung sei aufgrund der vielfältigen Faktoren nicht möglich, teilt ein Sprecher mit. Das städtische Bildungsreferat wird deutlicher: In Großstädten bestehe ein enger Zusammenhang zwischen der sozialen Herkunft und den Bildungsergebnissen, sagt eine Sprecherin. München sei keine Ausnahme. In Städten wohnen tendenziell mehr sozial schwache Familien und Familien mit Migrationshintergrund - ihre Kinder tun sich in der Schule oftmals schwerer.

Die Abteilung "Kommunales Bildungsmanagement" im Bildungsreferat kümmert sich um Bildungsgerechtigkeit und hat bereits einige Instrumente entwickelt, um dieses Ziel zu erreichen. So gibt es in München das Prinzip der bedarfsorientierten Budgetierung. Die Stadt vergibt ihre Förderung nicht nach dem Gießkannenprinzip, sondern nach einem gezielten System: Schulen, deren Schüler einen höheren Förderbedarf haben, bekommen mehr Geld. Seit 2013 gilt diese Maßnahme an den allgemeinbildenden Schulen, in diesem Schuljahr kamen zwölf Berufsschulen hinzu. Diese finanzieren mit den städtischen Mitteln zum Beispiel Lernbegleiter, die den Jugendlichen zur Seite stehen und ihnen bei ihrer Lehre helfen. Der Stadtrat hat dafür 5,7 Millionen Euro bewilligt.

Für Schulabgänger ohne Abschluss stehen in den Berufsschulen besondere Klassen zur Verfügung. Wer seine Schulpflicht noch nicht erfüllt hat, muss an einem Berufsvorbereitungsjahr teilnehmen. Jugendliche, die nicht mehr schulpflichtig sind, etwa weil sie bereits 21 Jahre alt sind, besuchen hingegen berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen. Diese Plätze werden von der Arbeitsagentur vergeben: Die Teilnehmer können einen Abschluss nachholen und erhalten Hilfe bei der Berufssuche. "Kein Schüler soll uns verloren gehen, deshalb ist es vollkommen logisch, dass wir dort mehr Förderung hinstecken, wo die Schüler besondere Unterstützung brauchen", sagt Stadtschulrätin Beatrix Zurek (SPD).

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Quelle:
SZ vom 10.01.2017
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