Spenden oder Sperrmüll:Tausch dich glücklich

Spenden oder Sperrmüll: Gegenstand gegen Spende, oder auch nicht - so funktioniert das Swop-Team. Die Leute spenden viel. "Trinkgeldeffekt", sagt Matthias Hoffmann.

Gegenstand gegen Spende, oder auch nicht - so funktioniert das Swop-Team. Die Leute spenden viel. "Trinkgeldeffekt", sagt Matthias Hoffmann.

(Foto: Stephan Rumpf)

Mit der Swop-App von Matthias Hoffmann kann man Unnützes aus dem Keller loswerden und dabei auch noch Gutes tun

Von Jacqueline Lang

We need to talk steht auf seinem schwarzen Pulli. Matthias Hoffmann redet wirklich gerne. Über das Impact Hub in Sendling zum Beispiel, in das sie sich eingemietet haben und das sie mit anderen jungen Unternehmen teilen. Solche Mietbüros sind in München selten. Am liebsten aber redet Hoffmann vom "swoppen". So heißt das Verb, das er und die vier anderen Mitgründer des Swop-Teams dauernd benutzen. Es kommt aus dem Englischen und bedeutet tauschen. Ihre neue Swop-App ist ein digitaler und sozialer Flohmarkt, der allen nützt, die daran teilnehmen.

Dem Bundeswehr-Offizier Matthias Hoffmann, 35, der Maschinenbau mit Schwerpunkt Luft- und Raumfahrttechnik studiert hat, kam die Idee, als er nach einem Auslandsaufenthalt in Abu Dabi nach München zurückkam und ausmisten wollte. Konkret ging es um eine Ikea-Fernsehbank. Auf Ebay hätte er nicht mal mehr fünf Euro dafür bekommen. Deshalb dachte Hoffmann sich: Lieber fahr ich schnell zum Sozialkaufhaus und gebe sie dort ab. Doch das Kaufhaus konnte mit der Fernsehbank nichts anfangen und schickte ihn unverrichteter Dinge weg. Genervt fuhr Hoffmann zum Wertstoffhof und entsorgte die Fernsehbank. Vielleicht war es der Ärger über das nutzlose Wegwerfen einer tadellosen Bank, vielleicht auch Hoffmanns im Beruf des Soldaten antrainierte Einstellung: Dinge regeln, koordinieren, anpacken, besser machen, helfen. Der Münchner entwickelte eine Geschäftsidee: den sozialen Flohmarkt. Denn er erfuhr schnell: Der gemeine Keller und seine verstaubenden Gegenstände sind ein riesiges Potenzial.

Dort lagern weltweit die unterschiedlichsten Gegenstände. Laut einer Studie von Ebay und TNS Infratest wird aber nur ein Bruchteil in Geld umgewandelt. In Zahlen sind das: fünf Milliarden Euro, von möglichen 100 Milliarden Euro allein in deutschen Haushalten. Und die Dinge einfach so zu spenden, wie es Hoffmann versuchte, ist gar nicht so leicht. Denn soziale Einrichtungen können nur selten etwas mit Sachspenden anfangen. Zu aufwendig und teuer ist die Lagerung. An dieser Stelle setzte Hoffmann mit seinem Team an.

Jeder, der einen Gegenstand hat, den er nicht mehr braucht, und etwas Gutes tun will, meldet sich beim Swop-Team an (http://swop-team.de) und inseriert den Gegenstand auf dem digitalen Flohmarkt. Ohne Preis. Denn jeder Interessent kann für den Gegenstand so viel spenden, wie er möchte.

Zwischen drei Spenden-Möglichkeiten kann man wählen: Charity-SMS, Paypal oder das Lastschriftverfahren. Obwohl niemand gezwungen ist zu spenden, hat Hoffmann die Erfahrung gemacht, dass die Leute sogar mehr spenden, als sie sonst dafür bezahlen würden. "Trinkgeldeffekt" nennt Hoffmann das. Die Spende wird dann automatisch zu je 50 Prozent an die zuvor ausgewählten Wunschprojekte von Geber und Spender verteilt.

Bislang nutzen 1500 Mitglieder die Webseite in München. Auch Firmen können das System für Marketing- und Fundraising-Dienstleistungen für soziale Organisationen nutzen. Die sind aber im Gegensatz zur normalen Swop-Funktion nicht kostenlos. Grundsätzlich kann man die App deutschlandweit nutzen, das Swop-Team plant derzeit, in Berlin sein Modell zu vermarkten. Gespendet werden bislang vor allem kleinere Gegenstände. Die höchste Spende erzielte ein Fahrrad mit 40 Euro. Auch Hoffmann hat sich ein Fahrrad geswoppt.

Das Swop-Team wurde vor zwei Jahren von Matthias Hoffmann und vier anderen Münchnern ins Leben gerufen. Im März 2014 haben sie damals eine GmbH und einen gemeinnützigen Verein gegründet. Warum diese Aufteilung? Matthias war klar, dass sie auf Digitalisierung setzen würden. Und Software-Entwicklung kostet Geld. Nicht einmalig, sondern immer wieder. "User nutzen Apps nur, wenn sie intelligent und gut gemacht sind und ständig verbessert werden", sagt Hoffmann. Auch Werbung via Facebook ist teuer, aber zwingend notwendig, wenn man potenzielle Nutzer erreichen will. Als sozialer Verein tut man sich jedoch schwer, solche Investitionen vor dem Finanzamt zu rechtfertigen. Das Swop-Team unterstützt somit zwar soziale Einrichtungen, ist selbst aber nur zum Teil gemeinnützig.

Gemeinnützig ist jener Bereich, der die Spenden abwickelt und weiterverteilt. Ökonomisch ist jener Bereich, der entscheidet, wo und wie Geld am besten investiert wird. Wirtschaftlicher Wachstum sei nur so möglich, sagt Hoffmann. Und gleichzeitig ist die GmbH auch der Bereich, der Hoffmann und seinen Kollegen irgendwann auch mal ein Gehalt auszahlen wird, so ist zumindest der Plan des Gründers. Denn im Gegensatz zu den vielen ehrenamtlichen Vereinen wollen die Gründer vom Swop-Team irgendwann von ihrer Idee leben können. "Nur sozial nach außen und nicht sozial nach innen zu sein, ist natürlich schwierig", sagt Hoffmann.

Bislang arbeiten drei der fünf im Team Vollzeit und haben nebenbei noch einen zweiten Job, der ihnen die Miete zahlt. Die fünf Münchner mussten für ihre Idee zwar keinen Kredit aufnehmen, aber sie haben ihr komplettes Kapital investiert. Hoffmann sieht das gelassen: "Das Häuschen wird's nicht mehr, wenn das Projekt nichts wird."

Auch Hoffmann arbeitet noch nebenbei, als Reserveoffizier der Bundeswehr. Momentan wird er meistens für die Flüchtlingskrise benötigt. Zwischen der Bundeswehr und einem Start-up Unternehmen sieht Hoffmann viele Parallelen. Oft heißt es beim Militär: "Hier ist die Situation, hier ist das Problem - mach' was draus." Das ist bei einem Start-Up nicht anders, sagt Hoffmann. Wer neue Wege geht, kann nicht damit rechnen, dass es bereits vorgefertigte Lösungen gibt. Und auch die Fehlerkultur sei "eine großartige" in der Bundeswehr, sagt Hoffmann. Auch das ist wichtig bei einem jungen Unternehmen: Fehler machen dürfen und daraus lernen.

Bei der Bundeswehr hat Hoffmann deutlich mehr Geld verdient, als er es jetzt tut, aber er sagt: "Ich hab vorher vier Mal so viel verdient, aber ich bin jetzt acht Mal so glücklich."

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