Süddeutsche Zeitung

Spende für geplantes Islam-Zentrum:Der Emir muss warten

Das geplante Islam-Zentrum in München soll versöhnen, nun sorgt es hinter den Kulissen des Rathauses für Diskussionen: OB Ude will keine Delegation nach Katar schicken, die nur über eine Millionenspende verhandelt. Doch ein Besuch auf diplomatischer Augenhöhe gilt als Voraussetzung für die Spende des Emirs.

Katja Riedel

- Das geplante Zentrum für Islam in Europa (Ziem) soll ein Leuchtturmprojekt werden: Mit einer Moschee, einer Akademie, als Plattform für den Dialog zwischen den Religionen soll das Ziem für Verständigung sorgen. Doch hinter des Kulissen des Rathauses sorgt das Projekt, das versöhnen soll und hinter dem alle etablierten Fraktionen stehen, in den letzten Monaten für Diskussionen. Sie bedrohen die Finanzierung das Projektes.

Im Kern geht es um die Frage, ob ein hochrangiger Vertreter der Stadt dem Emir von Katar, Hamad bin Khalifa al-Thani, einen Besuch abstatten soll. Der Emir ist angeblich bereit, einen zweistelligen Millionenbetrag für das Islam-Zentrum zu spenden. Ein Besuch auf diplomatischer Augenhöhe gilt dafür als Voraussetzung - auch wenn nicht die Stadt, sondern der mögliche Bauherr, der Verein Ziem, Empfänger der Spende wäre.

Der Vorsitzende des Ziem, der Imam der Gemeinde Penzberg, Benjamin Idriz, hatte zuvor auch schon beim Emir von Scharjah eine Millionenspende für den Bau der Penzberger Moschee eingeworben. Er war, um dies zu erreichen, ebenfalls an den Persischen Golf gereist. Auch für das Islam-Zentrum in München schrieb er vermögende Persönlichkeiten in der arabischen Welt an. Im vergangenen Jahr stattete eine Delegation aus Katar dem Rathaus und Bürgermeister Hep Monatzeder (Grüne), der das Projekt auf städtischer Seite begleitet, einen Besuch ab. Monatzeder bekam im April eine schriftliche Einladung zum Gegenbesuch in der katarischen Hauptstadt Doha. Bei dem Besuch im Diwan, der Staatskanzlei Katars, sollte es um die Zusammenarbeit zwischen München und Katar gehen sowie um "die politische und moralische Unterstützung" des Ziem, heißt es in der Einladung.

Doch Monatzeder konnte zu diesem Zeitpunkt nicht reisen, weil er sich bei einem Unfall schwer verletzt hatte. So befassten sich Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) und der Ältestenrat mit der Einladung und entschieden, der Einladung nicht zu folgen. Stattdessen reiste der Ziem-Vorstand allein, wurde aber lediglich im Religionsministerium, nicht aber vom Staatschef selbst empfangen und kehrte ohne Zusage zurück. Warum der Ältestenrat so entschied, begründet Ude auf Anfrage damit, dass der Stadtrat grundsätzlich keine Einladungen von Investoren annehme, die Grundstücksverhandlungen sowie Verhandlungen über die Bauleitplanung oder Baugenehmigung führen möchten. "Da die Stadt für die Trägerschaft und Finanzierung von Bauprojekten der verschiedenen Glaubensgemeinschaften nicht zuständig ist, kam auch keine Delegationsreise auf Kosten des Münchner Steuerzahlers in Betracht", schreibt Ude.

Katar erfuhr, zumindest auf offiziellem Wege, nichts über die Gründe der Absage. Monatzeder schrieb stattdessen nach SZ-Informationen einen Brief, in dem er sein Fernbleiben mit seinem Gesundheitszustand entschuldigte. Dass er dem Staatschef absagt, blieb aber nicht folgenlos: In einem Brief an Ude bat die Staatsministerin im Auswärtigen Amt, Cornelia Pieper (FDP), die Bedenken des Ältestenrates gegen eine Reise nach Doha "zurückzustellen". Sie verweist auch auf die "besondere positive Rolle", die Katar als "einer der wichtigsten Partner im Nahen Osten" für die deutsche Außenpolitik spielt. Ude sagt dazu auf Nachfrage: "Unverständnis des Auswärtigen Amtes über die Haltung des Ältestenrates ist mir nicht bekannt".

Die Bitte des Auswärtigen Amts scheint in München aber nicht ohne Wirkung geblieben zu sein. Man bemühte sich zuletzt um Annäherung - auch über gemeinsame Themen Katars und Münchens. Vor wenigen Wochen reiste Monatzeder mit einer Delegation des Stadtrates und mit dem Ziem-Vorstand in die Botschaft Katars in Berlin. Beteiligte berichten, dass es dort um Tourismus und Wirtschaft ging, aber auch um das Ziem. Im Anschluss schrieb Monatzeder einen Brief nach Katar. Beteiligte berichten, dass dieser zu einer zweiten Einladung führen sollte.

Ude betont, Stadtrat und Ältestenrat hätten nie eine Entscheidung getroffen, um einen Termin in Katar zu bitten: An der "Einstellung zu Einladungen von möglichen Bauherren in München" habe sich "nichts geändert". Doch der Oberbürgermeister betont auch: "Anderes gilt für staatliche Einladungen zu Themen im beiderseitigen Interesse." Wirtschaft und Tourismus könnten demnach also durchaus Thema eines Besuchs in Katar sein.

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SZ vom 27.11.2012/afis
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