SPD in München:"Wann, wenn nicht jetzt?"

Im Rathaus ist Münchens SPD erfolgreich, bei Landtagswahlen gestraft - das soll sich nun endlich ändern.

Berthold Neff

Alle achte - das ist erneut das Ziel der Münchner CSU für die Landtagswahl am 28.September. Die SPD hingegen will diesmal wenigstens drei der acht Stimmkreise zu erobern. Während die Roten seit Jahren schon unangefochten im Rathaus regieren, lassen sich die Münchner im Maximilianeum fast nur durch CSU-Politiker vertreten. Warum eigentlich?

SPD in München

Es sei durchaus möglich, "endlich die absolute Mehrheit der CSU zu brechen": Franz Maget von der SPD

(Foto: Foto: ddp)

Knapp drei Wochen vor der Landtagswahl ist es vor allem die SPD, die für Schlagzeilen sorgt - mit dem Rücktritt von Kurt Beck und dem Antritt des bewährten Haudegens Franz Müntefering, der sein politisches Comeback am Mittwoch vergangener Woche bei seinem Auftritt im Hofbräukeller am Wiener Platz einleitete.

Das alles versteht der Münchner SPD-Chef Franz Maget - der in Milbertshofen versucht, den Stimmkreis zurückzuerobern, den er 2003 gegen die Strauß-Tochter Monika Hohlmeier verlor - als Rückenwind. Es sei durchaus möglich, "endlich die absolute Mehrheit der CSU zu brechen", zeigt sich Maget in seinem aktuellen Rundschreiben an Sympathisanten und Unterstützer recht optimistisch und fügt hinzu: "Wann, wenn nicht jetzt?"

Ein Blick auf die Statistik zeigt jedoch, dass dies selbst in der Landeshauptstadt nicht einfach sein dürfte, obwohl deren Reihe roter Oberbürgermeister nur einmal - von 1978 bis 1984 - von der CSU unterbrochen wurde. Seit mehr als 30 Jahren fährt die CSU in München nämlich bei Landtagswahlen klar bessere Ergebnisse ein als die SPD - völlig gegen den roten Rathaus-Trend. Bei den Kommunalwahlen im März hatte die CSU mit 27,7 Prozent ein Fiasko erlebt, die SPD wurde mit 39,8 Prozent im Rathaus bestätigt.

Starke Schwarze

Wie aber lässt sich erklären, dass es zehntausende Münchner schaffen, im selben Jahr einmal für die SPD, das andere Mal für die CSU zu stimmen? Rot im Frühjahr, wenn es ums Rathaus geht, und schwarz im Herbst, wenn der Landtag gewählt wird?

Möglicherweise waren sie der Meinung, dass eine starke CSU Bayerns Interessen im Bund besser vertreten würde als die SPD, deren bayerischer Landesverband eben nur ein - oft wenig einflussreicher - Teil der Gesamtpartei sein konnte. Und während es die CSU schaffte, landesweit auf lange Jahre hinaus mit bekannten Persönlichkeiten präsent zu sein (von Alfons Goppel über Franz Josef Strauß bis hin zu Edmund Stoiber), verfiel die SPD oft genug auf kurzfristig verpflichtete Kandidaten, die nach ihrer meist klaren Niederlage wieder in die Bundespolitik abzogen.

Mit Franz Maget, der den Stimmkreis Milbertshofen 1990 sensationell gegen den damaligen CSU-Finanzminister Gerold Tandler erstmals gewann, setzt die SPD nun auf eine andere Strategie. Maget darf es nochmals als Spitzenkandidat versuchen, obwohl er 2003 gegen Edmund Stoiber bayernweit nur 19,6 Prozent der Stimmen holte (in München 31,2 Prozent). Maget peilt diesmal ein Landes-Ergebnis von 25 Prozent an und will - das ist dafür Voraussetzung - seinen 2003 verlorenen Stimmkreis zurückerobern. In München träumt die SPD von insgesamt drei der acht Direktmandate.

"Wann, wenn nicht jetzt?"

Einer aktuellen Stimmkreisprognose Bayern zufolge, die das Internet-Portal "election.de" jetzt vorgelegt hat, könnten dies sein: Milbertshofen, wo Maget gegen den CSU-Neuling Roland Hoffmann antritt, in Giesing, wo es Adelheid Rupp mit dem neuen CSU-Kandidaten Andreas Lorenz aufnimmt, und in Schwabing, wo SPD-Newcomerin Isabell Zacharias den CSU-Platzhirschen Ludwig Spaenle herausfordert.

Ob diese Prognose am Wahlsonntag eintreffen wird, hängt nicht zuletzt auch davon ab, wie der am Wochenende vollzogene Machtwechsel an der SPD-Spitze die Chancen der Sozialdemokraten in München beeinflusst. Sowohl der nun als Kanzlerkandidat ausgerufene Frank-Walter Steinmeier als auch der künftige SPD-Vorsitzende Franz Müntefering gelten als Verfechter der Agenda 2010.

Sie halten an Hartz-IV nach wie vor fest und stehen einer Zusammenarbeit mit der Linken kritisch gegenüber, was die Chancen der SPD in der Stadt sicher nicht schmälert. Andererseits könnte genau dies die in München eher schwache Linkspartei stärken, so dass es für die SPD auf ein Nullsummenspiel hinausliefe.

Die Münchner SPD hat schon früher die Erfahrung machen müssen, dass sie bei den Landtagswahlen üble Schlappen bezog, während sie im Rathaus triumphiert hatte. Exemplarisch für ist das Resultat der beiden Wahlen von 1990 - dem Jahr, als sich in München erstmals ein rot-grünes Bündnis im Rathaus zusammenfand. Die SPD steuerte dazu im Frühjahr gute 42 Prozent der Stimmen bei und drückte die CSU auf 30,1 Prozent, aber im Herbst, bei der Landtagswahl, war es genau umgekehrt: Die CSU kam auf 40,9 Prozent, die SPD musste sich mit 32,6 Prozent begnügen.

Vogels Trauma

Das war in den sechziger Jahren genau umgekehrt. Die SPD kam bei Landtagswahlen in München auf Werte von bis zu 49 Prozent, mehr als die CSU hier je erreichte. Die Wende kam ausgerechnet mit Hans-Jochen Vogel, dem Münchner "Jahrhundert-Oberbürgermeister", der die Olympischen Spiele nach München holte. Ihn hatten noch 1966 stolze 78 Prozent der Münchner zu ihrem OB gewählt. Acht Jahre später, bei der Landtagswahl 1974, fiel die SPD erstmals seit Kriegsende hinter die CSU zurück. Was aber noch viel schlimmer war: Sie verlor alle ihre damals elf Direktmandate an die CSU.

Selbst ein Hans-Jochen Vogel als Spitzenkandidat, der dem rechten Parteiflügel angehörte, hatte die Wähler nicht darüber hinwegtäuschen können, dass die SPD bereits stark in die linke Ecke abgedriftet war. Hohe Steuern für Grundbesitz wollten die Roten damals einführen, was selbst ihre eigene Klientel verschreckte. Für Sozialdemokraten, die sich gerade für ihr Häuslein abrackerten, war das Grund genug, fortan CSU zu wählen.

Vorerst aber müssen die Wahlkämpfer der Münchner SPD erst ein Problem lösen: Wer wird ihr Stargast bei der großen Abschlusskundgebung am 25. September, für die der Marienplatz fest gebucht ist? Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) ist zwar aus Mykonos zurück, aber der bisher vorgesehene Kurt Beck fällt nun aus.

Der Pfälzer wird damit wohl auch bei der Rosenverteilaktion fehlen, die am 15. September hinter dem Rathaus stattfinden sollte. Roland Fischer, Geschäftsführer der Münchner SPD, war am gestrigen Montag auf der Suche nach Ersatz, vor allem für den Auftritt auf dem Marienplatz. Die gestaltet sich schwierig. Franz Müntefering ist bereits für den Tag darauf in Nürnberg gebucht, ob Außenminister Frank-Walter Steinmeier Zeit hat, steht noch nicht fest.

Ausweichtermine sind rar, und der 26. September fällt flach: Dann spricht Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf dem Marienplatz - natürlich für die CSU.

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