Was die Giesinger können, können die Haderner auch. Brauereien bauen nämlich. Und das, im Unterschied zu den Giesingern, auch noch im eigenen Stadtviertel. Denn während Giesinger Bräu mit seiner neuen, großen Brauerei mangels Fläche in den Münchner Norden ausweichen musste, können die kleineren Kollegen vom Haderner Bräu ihre Produktion bald vervierfachen, und zwar im eigenen Viertel. Am Donnerstag lud die Brauerfamilie Thomas und Marta Girg schon einmal zum ersten Spatenstich an den neuen Standort.
Auch die Anschrift bleibt beinahe gleich, denn derzeit residiert man mit der längst zu klein gewordenen Braustätte noch an der Großhaderner Straße 16, bis spätestens Mitte kommenden Jahres will man dann auf Nummer 54 umziehen. Dort steht der historische Stürzerhof, ein ehemaliger Bauernhof, in seiner heutigen Gestalt etwa 100 Jahre alt und denkmalgeschützt. Der Hof selbst ist schon viel älter, und der Clou daran ist: Exakt hier wurde 1770 der spätere Brauereigründer Joseph Pschorr geboren. Wenn das kein gutes Omen für eine vergleichsweise junge Brauerei ist.
Am neuen Standort wollen Thomas und Marta Girg mit ihrer 2016 gegründeten Brauerei kräftig expandieren. Denn die Idee, Münchens erste Biobrauerei zu gründen, war von Anfang an sehr erfolgreich - auch wenn man zwischendrin noch mal den Namen ändern musste und die eine oder andere Hürde zu überwinden war. "Wir haben von Anfang an viel Unterstützung bekommen", erzählt Marta Girg, "die Biobranche hat uns gleich sehr gut aufgenommen." Und Thomas Girg schwärmt von der Arbeitsweise seines Hopfenlieferanten aus der Fränkischen Schweiz: "Der spürt genau, was der Boden noch braucht." Vom Grundverständnis her sei ihnen der Bio-Gedanke enorm wichtig, sagt er.
Der soll nun im Stürzerhof zu schönster Blüte gelangen. Auf dem 7000 Quadratmeter großen Areal soll nicht nur eine Brauerei mit mindestens 6000 Hektoliter Jahresausstoß entstehen, sondern auch ein Bio-Erlebnishof mit einem Hofladen, der regionale Produkte anbieten wird, einem Veranstaltungszentrum mit Schaubrauerei für Braukurse, einem Bräustüberl, Lager- und Büroflächen sowie 20 neuen Wohnungen. Die werden dann allerdings die Grundstücksbesitzer errichten.
Die Haderner Brauerei hat ihre Expansion bisher zu einem nicht geringen Teil mit der Ausgabe von Genussscheinen finanziert - gegen die Zahlung einer bestimmten Summe erwirbt man das Recht auf einen bestimmten Anteil an der Produktion, sozusagen. Der Andrang auf die jetzt anlaufende zweite Emission von Genussrechten ist groß, sagt Marta Girg.
Demnächst sollen die Umbauten im früheren Stall des Stürzerhofs beginnen. Er wird entkernt, danach kommen Sudhaus und Gärkeller unter ein Dach, ebenso wie das Veranstaltungszentrum. Mitte 2021 soll die neue Brauerei fertig sein, dann wird nur noch hier produziert. Derzeit haben die Haderner acht verschiedene Sorten im Angebot: Helles, Weißbier und Dunkles verstehen sich für eine Münchner Brauerei von selbst, dazu kommen noch Saison-Biere (leichtes Helles, Frühlingsbock, Kornbier und Winterbier) sowie ein Indian Pale Ale.