Sparprogramm der Hypo-Vereinsbank:"Wir haben Übung beim Zittern um unsere Jobs"

HypoVereinsbank streicht Stellen

Die Fassade des Verwaltungsgebäudes der Hypo-Vereinsbank in München spiegelt sich in einem Bürogebäude.

(Foto: dpa)

1500 Stellen werden gestrichen, etwa 240 Filialen sollen schließen: München trifft das Sparprogramm der Hypo-Vereinsbank besonders hart. Wirklich überrascht sind die Mitarbeiter nicht, verärgert sind sie trotzdem.

Von Ralf Scharnitzky

Es ist vor allem der Zeitpunkt, der die Mitarbeiter der Hypo-Vereinsbank (HVB) besonders ärgert: Gut eine Woche nach Ferienbeginn gibt der Vorstand die Schließung oder Zusammenlegung von knapp 240 der 580 Filialen und die Streichung von 1500 Stellen bekannt. "Wenig glücklich" nennt ein führender Manager in der Zentrale am Münchner Arabella-Park am Donnerstag das Vorgehen.

Überrascht wurden er und seine Kollegen von dem Sparprogramm nicht: In Videobotschaften und Telefonkonferenzen informierten die Chefs ihre Mitarbeiter, "bevor wir es aus der Presse erfahren". So viel Information und Transparenz habe es früher in diesem Haus nicht gegeben. Nur: Wegen der Ferien sind viele Mitarbeiter, die es möglicherweise treffen wird, in Urlaub - sie wissen also vielleicht nichts über das Ergebnis der monatelangen Verhandlungen, wenn sie aus dem Urlaub kommen.

An Krisen sind die Mitarbeiter gewöhnt

Dass Stellen in Gefahr sind, wussten die Mitarbeiter seit Jahresanfang. Die Umsetzung der neuen Privatkundenstrategie werde zu einer "Verdichtung" des Filialnetzes und zu einem Abbau von Arbeitsplätzen führen - das hatten die Bosse von Anfang an kommuniziert. Bayern dürfte es besonders hart treffen, weil hier etwa zwei Drittel der Filialen angesiedelt sind. Die Hypo-Mitarbeiter sind es durchaus gewohnt, mit Krisen umzugehen - und das mit unliebsamen Erfahrungen. Schon seit 1998, als die Bayerische Hypotheken- und Wechselbank und die Bayerische Vereinsbank fusionierten und bei dem späteren Einstieg der italienischen Unicredit, gab es immer wieder größere Einschnitte: Mit jeweils gut 30 000 Beschäftigten gingen die Privatbanken damals in die Fusion, jetzt gibt es noch etwa 20 000 Stellen.

"Wir haben Übung beim Zittern um unsere Jobs", sagt die Führungskraft. Die Bank hat sich gegenüber dem Betriebsrat verpflichtet, betriebsbedingte Kündigungen auszuschließen. Mindestens 200 Mitarbeiter, deren Arbeitsplatz entfällt, sollen pro Jahr auf freie Stellen in der Bank vermittelt werden. Ausscheidende Banker sollen durch Qualifizierungen bei der beruflichen Neuorientierung unterstützt werden. Von Seiten der Gewerkschaft werden diese Zusagen als Erfolg gewertet, man habe das Bestmögliche für die Beschäftigten erreicht.

Hoffnung auf Qualitätsoffensive und Jobgarantie

Grundsätzlich wird von vielen Mitarbeitern vor allem in der Zentrale, die 200 Stellen - allerdings nur im Privatkundenbereich - verlieren soll, das neue Konzept begrüßt. Online- und Video-Banking seien nun einmal die Zukunft, heißt es. Außerdem wolle die Hypo-Vereinsbank Ausbildung und Schulung ausbauen, sei im Intranet mitgeteilt worden. "Viele von uns sehen das als Qualitätsoffensive und eine Jobgarantie auf alle Fälle bis 2018", so die Führungskraft.

Davon werden allerdings etwa 1500 Mitarbeiter nichts mehr haben. Wie viele Beschäftigte das Streichen von Stellen im Großraum München und in Bayern treffen wird, steht noch nicht fest. Kursierende Zahlen, die angeblich von der Gewerkschaft Verdi genannt wurden, wurden am Donnerstag nicht nur von einer Bank-Sprecherin, sondern auch von der Gewerkschaft selbst dementiert. Der zitierte Verdi-Finanzexperte Klaus Grünewald, der auch im HVB-Aufsichtsrat sitzt, stellt klar: "Ich habe die Zahl von 1200 Stellen und 190 Filialen für Bayern nicht genannt." Der Grund: "Es gibt schlichtweg noch gar keine konkreten Zahlen."

Sparprogramm der Hypo-Vereinsbank: Im Hypo-Hochhaus am Arabellapark ist die Zentrale des Geldinstituts untergebracht. Auch hier werden Stellen wegfallen.

Im Hypo-Hochhaus am Arabellapark ist die Zentrale des Geldinstituts untergebracht. Auch hier werden Stellen wegfallen.

(Foto: Stephan Rumpf)

Welche Mitarbeiter sind wo betroffen?

Wie viele Stellen wo gestrichen werden und welche Filialen betroffen sind, soll jetzt in Regionalkonferenzen mit den jeweils zuständigen Bank-Chefs geklärt werden. Diesen Fahrplan haben Vorstand und Gesamtbetriebsrat ausgehandelt. Es gebe ein "Grundgerüst", ist zu erfahren - das sei aber nicht in Stein gemeißelt. Bis Ende September sollen die Konferenzen abgeschlossen sein, und dann soll ein endgültiges Konzept erarbeitet werden.

Die HVB hatte in ihrer Pressemitteilung, die ebenfalls für alle zugänglich im Internet veröffentlicht wurde, den Zeitplan so beschrieben: "Modernisiert wird in Rekordzeit." Neben dem Umbau von Filialen baut die Bank parallel ihr Angebot per Video kräftig aus und erhöht die Kapazitäten ihrer "HVB Online Filiale"- für Kunden, die sich außerhalb von Filialen persönlich beraten lassen wollen. Laut HVB sei das Online-Geschäft aufgrund des veränderten Kundenverhaltens und der längeren Erreichbarkeit der Berater zunehmend beliebt und wirke sich sehr positiv auf die Kundenzufriedenheit aus. Die Kundenfrequenz in den Filialen sei demgegenüber zurückgegangen.

Gleiche Erfahrungen haben auch die Sparkassen in ganz Bayern gemacht - und ebenfalls Filialen geschlossen oder auf reinen Automatenbetrieb umgestellt. Vor allem für ältere Bankkunden sind die Selbstbedienungsstellen ein Problem. Vor einigen Filialen hatten Senioren deshalb zu Protestaktionen aufgerufen. Das gleiche könnte nun der Hypo-Vereinsbank blühen: Denn nicht nur die reinen SB-Stellen stoßen auf Skepsis. Ebenso wird die Aussage des Vorstands, dass die Kunden maximal fünf Kilometer zur nächsten HBV zurücklegen müssten, bezweifelt. Auch der Sozialverband VdK betrachtet die Entwicklung im Bankensektor kritisch.

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