Sparen:Zehn Tipps, damit man sich München leisten kann

Für diejenigen, die genauer aufs Geld schauen müssen, gibt es einen neuen praktischen Ratgeber der Stadt.

Von Silke Lode

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Es geht auch billiger

Marienplatz in München, 2016

Quelle: Robert Haas

Mehr als 260 000 Münchner sind arm - und die Zahl wächst erschreckend schnell. Als die Stadt vor drei Jahren zum ersten Mal ihre Broschüre "Günstiger leben in München" vorgestellt hat, war noch die Rede von 200 000 armen Münchnern. Als arm gilt, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Nettoeinkommens zur Verfügung hat; bei Singlehaushalten sind das 1350 Euro, bei einer Familie mit einem Kind unter 14 Jahren 2430 Euro netto. Diese Zahlen zeigen, dass bei weitem nicht nur diejenigen jeden Euro umdrehen müssen, die auf Sozialleistungen angewiesen sind.

Entsprechend schnell war die erste Fassung der Broschüre vergriffen, die in der Neuauflage auf ein Büchlein mit fast 140 Seiten angewachsen ist. Es soll all denen praktische Tipps geben, die genau aufs Geld schauen müssen. Das sind Familien ebenso wie Senioren, Empfänger von Sozialleistungen aber auch Menschen, deren Jobs schlicht nicht gut bezahlt sind: "Besonders wer im Bereich Mindestlohn verdient, hat in München sehr zu kämpfen", sagt Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD). Zugleich ist das Heft auch ein Wegweiser zu gesetzlichen Leistungen und Beratungsangeboten in München.

Eine politische Forderung will Strobl bei der Vorstellung auch loswerden: "Die Regelleistungen beim Arbeitslosengeld II und bei der Grundsicherung im Alter müssen unbedingt reformiert werden." Ihr Appell richtet sich an die zuständige Bundesregierung, die Betroffenen aber leben hier: Knapp 100 000 Münchner sind auf diese Sozialhilfen angewiesen, und wie etwa eine alleinerziehende Mutter mit einem fünfjährigen Kind in München von 786,44 Euro plus Miet- und Heizkostenzuschuss leben soll, ist nicht nur Strobl ein Rätsel. Finanzielle Entlastung im Alltag bietet der München-Pass, vor allem Empfänger sozialer Leistungen haben auf ihn Anspruch.

Das Heft liegt gratis in der Stadtinformation im Rathaus, in den Sozialbürgerhäusern oder den Stadtbibliotheken aus und kann im Internet unter www.muenchen-gegen-armut.de gelesen werden.

Empfehlungen für zehn Lebensbereiche:

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Wohnen

Häuser in einer Wohnanlage

Quelle: dpa

Lange Wartelisten

Die größte finanzielle Belastung für fast alle Münchner, die keine eigene Immobilie besitzen, ist die monatliche Miete. Die Preise sind in den vergangenen zehn Jahren massiv gestiegen. Zugleich wird der Wohnraum immer knapper, da München rasant wächst. Von 29 000 zusätzlichen Einwohnern pro Jahr sprach Sozialreferentin Dorothee Schiwy vergangene Woche. Ihre Behörde versucht an einigen Punkten gegenzusteuern: Menschen mit einem geringen Einkommen können eine Sozialwohnung beantragen, das Amt für Wohnen und Migration prüft jeden Einzelfall. Weil jedoch auch viele Leute, deren Einkommen für eine Sozialwohnung zu hoch ist, die Mieten nicht bezahlen können, hat die Stadt schon vor Jahren das Programm "München Modell" entwickelt. Auch hier gibt es Berechtigungsscheine. Ein Vier-Personen-Haushalt hat Chancen auf das Papier, wenn das Bruttoeinkommen nicht mehr als zirka 70 000 bis 80 000 Euro beträgt. Eine günstige Wohnung hat man damit allerdings noch nicht, die Wartelisten sind lang.

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Bildung und Kultur

Theatron im Münchner Olympiapark, 2011

Quelle: Florian Peljak

Freier Eintritt

Die Liste der kostenlosen Kulturangebote in München ist erstaunlich lang. Gratis können Kinder und Jugendliche zum Beispiel alle Stadtbibliotheken nutzen, Erwachsene zahlen für einen Leihausweis 20 Euro pro Jahr (ermäßigt zehn Euro). Schüler und Studenten, die jünger als 28 Jahre sind, können die Generalproben der Münchner Philharmoniker kostenlos besuchen (regulärer Preis: rund zehn Euro). Gratis-Konzerte gibt es auch regelmäßig in der Musikhochschule, in den Stadtteilkulturzentren oder beim Theatron-Festival an Pfingsten und im August am Olympiasee.

Im Internet gibt es einen eigenen Kalender, der Veranstaltungen in München aufführt, bei denen der Eintritt frei ist. Konzerte finden sich dort ebenso wie Theater- oder Filmvorführungen (www.kulturraum-muenchen.de/eintritt-frei). Der Verein "KulturRaum München", der die Seite betreibt, vermittelt außerdem an Menschen mit einem geringen Einkommen kostenlose Eintrittskarten für Theater, Konzerte, Kabarett oder Kino. Für Kinder von 8 bis 12 Jahren gibt es jedes Semester kostenlose Vorlesungen und Workshops an den Unis (www.kinderuni-muenchen.de). Eltern von Krippen-, Kindergarten- oder Hortkindern können unter Umständen Geld sparen, wenn sie die Gebühren anhand ihres Einkommens berechnen lassen.

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Einkaufen

Secondhand-Laden "Kleidsam" der Diakonia in München, 2014

Quelle: Alessandra Schellnegger

Alles aus zweiter Hand

Ein großer Posten im Budget sind für viele Menschen Kleiderkäufe - speziell wenn Kinder im Haushalt leben, die manchmal nur wenige Monate die gleiche Größe tragen und mit etwas Pech verschiedene Jacken in einem Winter brauchen. Wer über ein sehr niedriges Einkommen verfügt, kann sich in den Sozialbürgerhäusern einen Berechtigungsschein für die Kleiderkammern ausstellen lassen. Dort erfährt man auch, wo es Ausgabestellen gibt - Kleidung und Möbel sind in den Kleiderkammern gratis.

Eine Alternative sind Flohmärkte, die oft im Viertel beworben werden. Systematisch kann man auf dem Flohmarktportal des Abfallwirtschaftsbetriebs suchen (www.awm-muenchen.de/flohmarktportal), Kinderflohmärkte listet das Portal Kidsgo (www.kidsgo.de/kurse/flohmaerkte/muenchen).

Auch ganze Kaufhäuser für Gebrauchtes gibt es: Die Halle 2 des Abfallwirtschaftsbetriebs ist kürzlich in neue Räume gezogen. An der Peter-Anders-Straße 11 in Pasing gibt es Möbel genauso wie Spielzeug, Geschirr, Filme, Bücher oder Elektrogeräte. Auch die Diakonie, der Weiße Rabe und Anderwerk unterhalten Second-Hand-Warenhäuser.

Auf Bücher haben sich der Tauschbuchladen Bücherkiste (Aschenbrennerstraße 8) und der Oxfam Buchshop (Fürstenfelder Straße 7) spezialisiert.

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Sport und Freizeit

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Quelle: Stephan Rumpf

Umsonst schwitzen

Wer mit anderen Menschen Sport machen will, ohne Geld für einen Verein oder ein Fitnessstudio auszugeben, kann auf zwei Angebote der Stadt ausweichen: Von Oktober bis Juli gibt es ein umfangreiches Hallensport-Angebot, das von Mannschaftssportarten wie Basketball oder Volleyball über Yoga und Gymnastik bis zu Kick-Boxen oder Zumba reicht. Junge Leute von zwölf bis 21 Jahre zahlen für die meisten Angebot nichts, Erwachsene brauchen ein Freizeitsport-Ticket (2,60 Euro) pro Übungsstunde. Anmelden muss man sich nicht. Im Sommer ziehen Gymnastik und Qi Gong in den Park, das Angebot ist kostenlos.

Wer ein - meist günstiges - Jugendsportangebot in einem der Münchner Vereine sucht, kann die Datenbank der Münchner Sportjugend (www.msj.de) nutzen. Die Auswahl ist enorm: 3500 Angebote für Kinder und Jugendliche sind derzeit dort eingetragen. Wenn Familien knapp bei Kasse sind, übernimmt die Stadt unter bestimmten Umständen bis zu zehn Euro Mitgliedsbeitrag pro Monat für Kinder und Jugendliche. Aus Spendengeldern des SZ-Adventskalenders können auch Kleidung und Ausrüstung für den Sport im Verein finanziert werden.

In den Schulferien organisiert die Stadt ein sehr günstiges Ferienprogramm mit Ausflügen, Tagesworkshops, Sportkursen und mehrtägigen Freizeiten (www.muenchen.de/ferienangebote). Kostenlose Spielaktionen im Park oder rund um Spielbusse gibt es das ganze Jahr über (www.spielen-in-der-stadt.de).

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Mobilität

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Quelle: Stephan Rumpf

Das richtige Ticket

Wer im öffentlichen Nahverkehr sparen will, sollte das MVV-Tarifsystem studieren. Dann kann er entdecken, dass es eine Monatskarte gibt, die erst von 9 Uhr an gilt und dafür billiger ist. Kinder unter 6 Jahren fahren gratis, für Jugendliche gibt es Ausbildungstarife, die Grüne Jugendkarte und die U 21-Regelung für Einzelfahrten, Kinder-Tageskarten und noch so einiges mehr. Studenten fahren mit dem Semesterticket billiger.

Für Menschen mit Behinderung gibt es ebenfalls zahlreiche Vergünstigungen. Wer einen Schwerbehindertenausweis hat, kann bis zu einer bestimmten Einkommensgrenze beim Bezirk Oberbayern Mobilitätshilfe beantragen. Das ist eine monatliche Pauschale für Taxifahrten, Begleitpersonen oder einen Fahrdienst. Das Geld ist für die Teilnahme am sozialen Leben bestimmt. Wenn vermerkt ist, dass jemand schwer gehbehindert, gehörlos, blind oder hilflos ist, kann er für 80 Euro eine Wertmarke kaufen, mit der in ganz Deutschland Busse, Tram-, U- und S-Bahnen sowie alle Nahverkehrszüge benutzt werden können. Unter bestimmten Voraussetzungen ist die Wertmarke sogar kostenlos.

Wer lieber mit dem Auto unterwegs ist, kann mit Carsharing viel Geld sparen. Es gibt inzwischen sehr viele Angebote wie Stattauto München, Flinkster, Drive Now oder Car2Go. Wer billig an ein Fahrrad kommen will, kann sein Glück bei einer Versteigerung des Fundbüros versuchen oder zum jährlichen Radlflohmarkt gehen. Einen Radlstadtplan gibt es gratis in der Stadt-Information im Rathaus.

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Telefon und Internet

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Quelle: Robert Haas

Gratis-Wlan

Zwar sind für manche Menschen inzwischen weder Telefon- noch Internetgebühren ein Thema, weil sie für beides eine Flatrate haben. Doch da fängt es schon an: Die Preisspanne für solche Flatrates ist äußerst breit, ein genauer Vergleich im Internet lohnt sich auf jeden Fall. Gerade Leute mit wenig Geld benutzen aber häufig Prepaid-Tarife für ihr Handy, und nicht jeder hat daheim einen Internetanschluss.

Kostenloses Internet gibt es inzwischen an vielen Orten in der Stadt: In privaten Cafés oder Geschäften, die Stadt bietet ihr M-Wlan an vielen öffentlichen Plätzen an (www.muenchen.de/leben/wlan-hotspot). Auch in den Stadtbibliotheken gibt es gratis Wlan für alle, zudem gibt es einige PC-Arbeitsplätze. Kinder und Jugendliche können im Café Netzwerk an der Luisenstraße 11 ein vielfältiges Medien-Angebot mit PCs, Spielekonsolen, 3D-Druckern und vielem mehr nutzen. Dort gibt es neben Workshops und PC-Kursen auch kostenlose Schnupper-Abende für Senioren, die das Internet kennenlernen wollen.

Wer bestimmte Sozialleistungen bezieht, kann sich außerdem vom Rundfunkbeitrag befreien lassen. Damit spart er 17,50 Euro pro Monat und erwirbt einen Anspruch auf einen Sozialtarif der Telekom

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Senioren

Seniorenbegegnungsstätte in München, 2015

Quelle: Catherina Hess

Offene Treffs

Es ist nicht nur die kleine Rente, die vielen Senioren das Leben schwer macht. Oft kommen körperliche Einschränkungen hinzu: In München leben laut Sozialreferat 130 000 Schwerbehinderte, die Hälfte ist älter als 65 Jahre. Günstige oder kostenlose Angebote für ältere Leute sind deshalb besonders wichtig. Um die Mobilität der Senioren zu fördern, bietet die Stadt die Isar Card 60 an - eine übertragbare MVV-Monatskarte für alle ab 60. Auf Antrag (einkommensabhängig) zahlt das Sozialreferat einen Zuschuss zu Fahrtkosten - zum Beispiel zur Isar Card 60.

Wenn Senioren alleine leben, die Wohnung kaum verlassen können und keine Angehörigen in der Nähe haben, kann beim Sozialreferat ein Zuschuss zu Telefonkosten beantragt werden; ebenso zu Angeboten wie "Essen auf Rädern". Über die ganze Stadt verteilt gibt es zudem 32 Alten- und Service-Zentren. Dies sind offene Treffs mit einem abwechslungsreichem Programm und Beratung aller Art, viele Angebote sind kostenlos

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Medizinische Versorgung

Medikamenten-Preisbindung in Apotheken

Quelle: Julian Stratenschulte/dpa

Rabatt in Apotheken

Ob Husten, Schnupfen und Heiserkeit, Schürfwunden oder Schmerzen: Es gibt viele Tabletten, Sprays oder Cremes, die leichtere Krankheiten und Verletzungen erträglicher machen. Viele Medikamente sind verschreibungsfrei und müssen deshalb komplett selbst bezahlt werden. Für Menschen mit wenig Geld kann das eine große Belastung sein. Für sie gibt es in München ein besonderes Projekt: die Medikamentenhilfe. Wer den München-Pass besitzt, bekommt in 50 Apotheken Rabatt (anspruchsberechtigt sind die meisten Personen, die Sozialleistungen beziehen, ein sehr geringes Einkommen haben oder Freiwilligendienst leisten).

München-Pass-Besitzerinnen, die älter als 20 Jahre sind, bekommen von der Stadt auch die Kosten für Verhütungsmittel erstattet (davor zahlen die Krankenkassen). Und wer keine Krankenversicherung hat oder ohne gültigen Aufenthaltsstatus hier lebt, kann bei den Maltesern oder dem Projekt "open.med - Ärzte der Welt" Hilfe suchen.

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Kinder und Familien

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Quelle: Robert Haas

Ein Pass, der sich lohnt

Zwei Angebote der Stadt bieten allen Jugendlichen beziehungsweise Familien Ermäßigungen oder freie Eintritte - ganz egal, wie viel Geld sie zur Verfügung haben. Der Münchner Familienpass kostet sechs Euro und ist ein Jahr lang für zwei Erwachsene mit bis zu vier Kindern gültig (Familien mit mehr als vier Kindern bekommen beim Stadtjugendamt kostenlos einen weiteren Pass).

Wer den Familienpass in der Stadtinformation im Rathaus oder im Internet kauft, bekommt eine Broschüre mit Informationen zu allen Ermäßigungen dazu, die fast schon eine Art Stadtführer für Familien ist. Von Museumsführungen über Pralinenkurse bis hin zu Familienyoga reicht das Angebot. Und jede Familie, die gelegentlich ins Schwimmbad geht, bekommt den Pass dank eines Schwimmbad-Gutscheins quasi gratis.

Mit 14 Euro ist der Münchner Ferienpass etwas teurer, dafür ist sein Angebot noch deutlich umfangreicher. Den Pass gibt es für Kinder und Jugendliche von sechs bis 17 Jahren, er gilt für ein ganzes Schuljahr in allen bayerischen Schulferien und bietet viele kostenlose oder ermäßigte Unternehmungen. Auch alle Fahrten im gesamten MVV-Netz sind mit dem Pass in den Ferien kostenlos.

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Essen

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Quelle: Alessandra Schellnegger

Teilen statt kaufen

Immer mehr Initiativen wollen gutes, unverdorbenes Essen vor der Mülltonne retten - speziell Menschen mit schmalem Geldbeutel freuen sich darüber. Beim Portal "Foodsharing" etwa kann jeder, der Lebensmittel übrig hat, diese anbieten. Wer sie braucht, holt sie direkt und kostenlos ab.

Ähnlich funktionieren "Fair-Teiler": Lebensmittel können in Kühlschränken und Regalen abgegeben werden, wer etwas braucht, nimmt es sich. Standorte sind im Eine-Welt-Haus (Schwanthalerstraße 80) und im Jugendinformationszentrum an der Sendlinger Straße 7.

Einige Bäcker bieten abends Backwaren billiger an, bei anderen gibt es Ware vom Vortag zum halben Preis. "Brot am Haken" ist ein neues Projekt, bei dem Kunden in manchen Bäckereien einen Kassenbon bezahlen und als Spende an ein Hakenbrett hängen können. Bedürftige können den Bon nehmen und für Brot, Backwaren oder Kaffee einlösen (Lageplan: www.brot-am-haken.org).

Gespendete Lebensmittel verteilt auch die Münchner Tafel an 27 Ausgabestellen, dafür ist aber ein Berechtigungsausweis nötig.

© SZ.de/infu
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