Sozialreferat:Die Stadt wurde mit der Versorgung junger Flüchtlinge alleingelassen

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Die Stadt München hat sich vorbildlich um junge Flüchtlinge gekümmert - und sich dann mit der Abrechnung der Fälle schwergetan. (Foto: Uli Deck/dpa)

Die Bewältigung der finanziellen Folgen brachte neue Probleme. Die wichtigste Erkenntnis: Die Verwaltung sollte frühzeitig auf Transparenz setzen.

Kommentar von Sven Loerzer

Erst jetzt zeigt sich in aller Deutlichkeit, wie die Flucht Hunderter Kinder und Jugendlicher, die ohne ihre Eltern zwischen 2012 und 2016 ins Land kamen, selbst eine Stadt wie München an ihre Grenzen bringt. Es war dem herausragenden Einsatz der Jugendamtsmitarbeiter und der Jugendhilfeträger zu verdanken, dass die jungen Flüchtlinge schnell eine angemessene Versorgung erhielten. Und das, obwohl es damals allein der Stadt überlassen blieb, sich um die Minderjährigen zu kümmern, die aus den Krisengebieten im Süden nach Bayern flüchteten.

Damit die Stadt wenigstens nicht finanziell allein für alle aufkommen musste, wurde ein höchst kompliziertes Abrechnungssystem entwickelt, das die Kosten bundesweit verteilte. Erst später wurden auch die minderjährigen Flüchtlinge bundesweit verteilt, was die Stadt zwar endlich entlastete. Zugleich musste die Verwaltung aber noch eine Vielzahl von komplexen Altfällen abrechnen, und das innerhalb einer offensichtlich viel zu engen Frist.

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Unter anderem, weil Kosten für die Versorgung minderjähriger Flüchtlinge nicht rechtzeitig abgerechnet wurden: Sozialreferentin Schiwy zieht Bilanz.

Von Sven Loerzer

Vor diesem Hintergrund nimmt sich der finanzielle Schaden, der durch die verspätet angemeldeten Rückforderungen der Stadt entstanden ist, vergleichsweise bescheiden aus, auch wenn es sich um einen Millionenbetrag handelt, der für Bedürftige besser angelegt gewesen wäre.

Aus dem Schaden aber lässt sich auch etwas lernen. Die Verwaltung sollte frühzeitig auf Transparenz setzen. Die damalige Sozialreferentin Brigitte Meier hat für die missglückte Kommunikation ihren Preis gezahlt und ist 2016 nicht mehr zur Wiederwahl angetreten. Sie hatte lange auf eine Lösung der Probleme im Stillen gesetzt und war dann der öffentlichen Dramatik der Situation nicht mehr gewachsen.

Dabei wäre gerade dies wieder mal ein gutes Beispiel dafür gewesen, um frühzeitig auf gesetzgeberische Fehlleistungen hinzuweisen, die eine Großstadt vor zusätzliche Probleme stellen, statt zu einer Lösung beizutragen. München hätte zeigen können, dass es sich trotz der Merkelschen Losung "Wir schaffen das" nicht auf die Hilfe aus Berlin verlassen konnte.

© SZ vom 02.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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