Soziale Netzwerke:"War schon nervig"

Der stundenlange Ausfall von Whatsapp, Facebook und Instagram zwingt Jugendliche zu Ausweichmanövern und alternativer Freizeitgestaltung

Von Linus Freymark

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Gerade abends verbringen Jugendliche viel Zeit am Smartphone im Austausch mit Gleichaltrigen.

(Foto: imago)

Was muss das für ein Drama am Montagabend für alle Digital Natives gewesen sein. Kein Whatsapp, kein Facebook und - im Zweifel fast am schlimmsten - kein Instagram! Mehr als sechs Stunden lang sind die Dienste des Facebook-Konzerns nicht zu erreichen, ein technischer Defekt soll dafür verantwortlich sein, heißt es aus dem Silicon Valley. In den USA dürften die Köpfe der Entwickler geraucht haben - und hierzulande? Wie ging es all den jungen Leuten, die, so hört man doch ständig, nichts anderes mehr im Kopf haben als Likes und Follow-Anfragen?

Nun, allzu dramatisch war der Ausfall der Messenger-Dienste für die meisten nicht. Veränderungen im Alltag aber ließen sich bei manchen, insbesondere Eltern, schon feststellen. So berichtet ein Vater am Dienstag, seine Tochter, eine notorische Nicht-Anruferin, habe ihn gestern aus heiterem Himmel angerufen. Den besorgten Vater konnte sie schnell beruhigen - sie würde nur noch schnell mit einer Freundin etwas essen gehen und dann nach Hause kommen. Später am Abend habe sich dann seine 13-Jährige gemeldet, so der Vater: "Krass: Facebook, Whatsapp und Insta, das geht alles nicht!" Größtes anzunehmendes Unglück! "Na, dann können wir uns zur Abwechslung ja mal heute Abend unterhalten", schlagen die Eltern vor. "Keine Zeit", sagt die Teenagerin und verschwindet in ihrem Zimmer. Es gibt ja zum Glück noch Tiktok und Signal.

Fragt man ein paar Jugendliche, was der Ausfall der Messenger-Dienste am Montag für Folgen hatte, sind die Reaktionen eher verhalten-verwirrt. Was die Störung für sie bedeutet hat? Die drei Jungs um die 15 blicken einen aus verständnislosen Augen an. "War schon nervig", sagt einer. "Aber ging ja dann wieder", sagt der andere. Der dritte sagt nichts und schaut auf sein Handy - geht ja jetzt wieder. Ein paar Meter weiter stehen zwei Mädchen, Lenya und Luisa, 13 und 14 Jahre alt. Ja, klar, sei das nervig gewesen, sagt Lenya, "man verbringt ja normalerweise schon viel Zeit abends damit." Sie habe aber auch einen Tiktok-Account, der sei dann eben am Montag verstärkt genutzt worden. Und einen Film habe sie sich auch noch angeschaut. "Aber ein bisschen was hat irgendwie schon gefehlt." Luisa dagegen fand es nicht schlimm, zwangsweise offline gewesen zu sein. "Ich habe mich eh mit einer Freundin getroffen" erzählt sie. Wenn sie mit anderen unterwegs ist, schaue sie sowieso nicht so oft aufs Handy. "Am Montag hat man halt nur kurz geguckt, ob es wieder geht", meint sie. "Und wenn man gemerkt hat, dass es nicht geht, hat man sein Handy halt wieder weggepackt."

Auch Moritz, 17, hat der Ausfall wenig gestört. "Wirklich drastisch verschlechtert hat sich mein Leben dadurch nicht", sagt er. Am Wochenende sei es aber bestimmt schlimmer als unter der Woche, kein Whatsapp zu haben, wenn man sich mit seinen Freunden verabreden möchte. Am vergangenen Montag sei es jedoch kein Problem gewesen, nicht auf die sozialen Netzwerke zugreifen zu können, erzählt er: "Ich kam vom Fußballtraining, habe gemerkt, dass Whatsapp nicht mehr funktioniert und mir gedacht: Okay, dann mach ich mir einen ruhigen Abend."

Julian dagegen erkennt einen Unterschied zwischen den einzelnen Diensten. "Facebook nutzt bei uns keiner, Whatsapp und Instagram schon", erzählt der 15-Jährige. "Wir sind dann in der Gruppe schnell ausgewichen auf Snapchat." Dadurch sei es ihm gelungen, sich abends noch mit Freunden zu treffen. Und zumindest etwas Gutes hatte der Ausfall am Abend am nächsten Morgen, erzählt Julian. Denn am Dienstag in der Früh seien all die Nachrichten vom Vorabend auf seinem Smartphone aufgeploppt: "Da hatte ich dann viel zu lesen, habe mich aber auch gefreut."

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