Sophie Scholls Vermächtnis:Marc Rothemund erhält den Bernhard-Wicki-Preis

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Sir Peter Jonas spricht über einen "leisen Film", der "ohne Schäferhunde und ohne Naziuniformen" auskomme, aber eindrucksvoll für Toleranz und Zivilcourage wirbt.

So viel Zustimmung erhält ein Laudator nur selten, selbst Sir Peter Jonas, der das Rampenlicht gewohnt ist. Minutenlang bleibt der Scheinwerfer im Carl-Orff-Saal auf den hochgewachsenen Intendanten der Staatsoper gerichtet, der gerade einen preiswürdigen Film vorgestellt hat: "Sophie Scholl - die letzten Tage".

Sir Peter, der Engländer mit deutsch-jüdischen Wurzeln, dessen Großvater sich 1939 das Leben nahm, spricht in persönlichen Worten über die "Macht des Schicksals", die ihn 1993 nach München, in die ehemalige Hauptstadt der Bewegung, führte, was ein Teil seiner Familie mit Entsetzen aufnahm.

Und über einen "leisen Film", der "ohne Schäferhunde und ohne Naziuniformen" auskomme, aber eindrucksvoll für Toleranz und Zivilcourage wirbt.

Selbst China interessiert sich für den Film

In den Applaus hinein betritt Marc Rothemund die Bühne, der beim Filmfest mit dem Bernhard-Wicki-Filmpreis "Die Brücke" ausgezeichnet wird. Der Regisseur berichtet von den erstaunlichen Reaktionen auf "Sophie Scholl" im Ausland: "Gestern waren wir mit dem Film in Polen, nächste Woche fliegen wir nach Israel - sogar in China interessieren sich die Menschen für die Weiße Rose."

Hauptdarstellerin Julia Jentsch wird erst nach der Vorführung gefeiert, sie muss noch in den Kammerspielen die Antigone spielen; den Spagat zwischen Theater und Film ist sie ja inzwischen gewohnt. Beinahe verschwindet sie hinter einem Strauß rosa Rosen, während ihr Regisseur überglücklich an einer Zigarette zieht.

Ein Bier gegen die Nachdenklichkeit

Rothemund fordert die Gäste auf, nicht vor lauter Nachdenklichkeit nach Hause zu gehen: "Jetzt trinken wir alle ein Bier im Bayerischen Hof!" Dort wartet noch ein festliches Büfett für 600 geladene Gäste.

Und so bekommt Staatsminister Erwin Huber, auch er längst ein Duzfreund der unermüdlichen Stiftungsgründerin Elisabeth Wicki-Endriss, nach Mitternacht eine anständige Mahlzeit an diesem langen Filmfesttag.

© SZ vom 2.7.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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