Kritik:Selters und Champagner

Erst nüchtern, dann prickelnd: Die Pianistinnen Martha Argerich und Sophie Pacini im Münchner Herkulessaal.

Von Klaus Kalchschmid, München

Mutter und Enkelin könnten sie sein: Martha Argerich und Sophie Pacini. Im ersten Satz von Mozarts Sonate für zwei Klaviere D-Dur KV 448 scheint es im Herkulessaal allerdings, als wäre die Beziehung gerade etwas frostig. Kein Lächeln, keine innere Übereinstimmung, aber immerhin nüchtern professionelle Gelassenheit. Stimmiges Musizieren klingt anders. Doch mit dem Andante und vor allem im Finale meint man größere Harmonie und auch mehr Feinheiten im Zusammenspiel herauszuhören. Aber vielleicht liegt's ja auch am Kritiker-Platz weit vorne mittig in der dritten Reihe, an dem die beiden Flügel zusammen keinen runden Klang ergeben und man den Musizierenden allzu nah bei der Arbeit zusehen kann.

Nach der Pause vom Rang aus gehört, werden die ausufernden, hochvirtuos verrückten, geradezu hypertrophen "Réminiscences de 'Don Juan' de Mozart" von Franz Liszt zum spektakulären Ereignis. Aber das ist halt auch ein anderes Kaliber, bei dem nicht Feinzeichnung, sondern die große Farbpalette gefordert ist. Denn Liszt beginnt seine Fantasie mit dem düsteren Ende Don Giovannis, fährt fort mit ausgedehnten Variationen über "Là ci darem la mano", das hinterhältig zärtliche Duett mit Zerlina, und endet mit überschäumender Brillanz angesichts von "Fin ch'han del vino" des Don, also der Champagner-Arie. Das alles lässt den Hörer manchmal schmunzeln.

Dagegen nimmt sich Richard Wagners "Tannhäuser"-Ouvertüre in der Klavier-Fassung von Liszt, die Pacini vorher fulminant serviert, fast harmlos und recht werkgetreu aus. Den Abend krönt freilich die Zugabe: Nun rücken die beiden Frauen auch körperlich eng zusammen und spielen an einem Flügel zu vier Händen noch einmal Mozart. Jetzt werfen sich die beiden hörbar und sichtbar mit Charme die Bälle zu. Argerich, die die untere Hälfte des Flügels bedient, schaut immer mal von der Seite zur Kollegin, und beide haben offensichtlich Spaß - und ihre Zuhörer natürlich auch.

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