Cold Case:Fall Sonja Engelbrecht: Weitere Knochenteile in Wald gefunden

Suchaktion im Mordfall Sonja Engelbrecht

Suchaktion im Mordfall Sonja Engelbrecht: Die Polizei schützt die Fundstelle der Skelettteile, eine Felskluft, mit einem blauen Zeltdach.

(Foto: dpa)

Die Münchnerin wurde vermutlich vor 27 Jahren ermordet. Die Polizei durchsucht erneut einen Wald im Altmühltal - und entdeckt das mutmaßliche Versteck der Leiche. Eine hohe Belohnung und Zeugenaufrufe sollen helfen, den Fall aufzuklären.

Von Martin Bernstein

Im Fall der vor 27 Jahren vermutlich ermordeten Münchnerin Sonja Engelbrecht hat die Polizei offenbar den Ablageort der Leiche entdeckt. Denn bei der erneuten Absuche eines Waldgebiets nahe Kipfenberg im Altmühltal (Landkreis Eichstätt) haben die etwa 100 Einsatzkräfte am Dienstag und Mittwoch weitere Knochenteile im Bereich einer Felsspalte gefunden. Geborgen wurde unter anderem ein Bruchstück eines menschlichen Unterkiefers, in dem noch Zähne steckten. Den Rechtsmedizinern wird das die Identifizierung der sterblichen Überreste erleichtern.

Wie die Polizei berichtete, ist der Fundort etwa 200 Meter von der Stelle entfernt, an der bereits 2020 ein möglicherweise von einem Tier verschleppter Oberschenkelknochen gefunden worden war. Dieser stammt nachweislich von der zum Zeitpunkt ihres Verschwindens 19-Jährigen. Eine definitive Zuordnung der neu aufgefundenen Knochen war am Mittwoch noch nicht möglich, die forensischen Untersuchungen liefen den ganzen Tag über auf Hochtouren. Ein Ergebnis könnte am Donnerstag vorliegen.

Cold Case: Sonja Engelbrecht verschwand eine Woche nach ihrem 19. Geburtstag. Erst seit vergangenem Herbst steht definitiv fest, dass sie tot ist.

Sonja Engelbrecht verschwand eine Woche nach ihrem 19. Geburtstag. Erst seit vergangenem Herbst steht definitiv fest, dass sie tot ist.

(Foto: privat/Facebook)

Ein Polizeisprecher beschreibt den Fundort als im Wald versteckte, bemooste Kluft. In der sowohl von oben als auch von unten zugänglichen Felsspalte entdeckten Kletter-Experten der Alpinen Einsatzgruppe des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd am Dienstagnachmittag die Knochen. Einiges deutet darauf hin, dass der oder die Täter den Leichnam der jungen Frau vor 27 Jahren dort versteckt haben. Experten für Spurensicherung der Münchner Kriminalpolizei suchten am Mittwoch - von einem blauen Zeltdach vor dem Regen geschützt - den Felsen und seine unmittelbare Umgebung ab und fanden dabei weitere Knochen und wohl auch andere, möglicherweise verwertbare Hinweise.

Eine erste Absuche im November hatte witterungsbedingt beendet werden müssen. "Wir machen dort weiter, wo wir aufgehört haben", hatte ein Polizeisprecher am Montag gesagt. Die Mordkommission wird dabei von Einheiten der Bereitschaftspolizei, des Polizeipräsidiums München, der Präsidien in Rosenheim und Ingolstadt sowie von Leichensuchhunden aus Kroatien unterstützt. Auch eine Vertreterin der Staatsanwaltschaft München I befindet sich am Einsatzort. Die Untersuchung der mehrere Meter tiefen Felskluft wird auch in den kommenden Tagen fortgesetzt.

Außerdem wurde eine Belohnung von 10 000 Euro ausgelobt, die zur Klärung der Tat oder zur Ergreifung des Täters führen soll. Die Ermittler hoffen also auf Hinweise, möglicherweise sogar aus dem Umfeld des Täters. Seit Freitag hängen im Bereich Kipfenberg Plakate mit Zeugenaufrufen aus. Hinweisgeber können sich beim Polizeipräsidium München unter Telefon 089/29 100 melden.

Sonja Engelbrecht wäre am kommenden Montag 46 Jahre alt geworden. In der Nacht vom 10. auf den 11. April 1995 verschwand die Fachoberschülerin eine Woche nach ihrem 19. Geburtstag spurlos. Die Eltern suchten seither verzweifelt nach ihr, die Mordkommission ermittelte ohne Erfolg. Auf einer vor sieben Jahren erstellten Homepage lässt Sonja Engelbrechts Familie wenig Zweifel daran, dass sie die bisher getätigten Aussagen über den Ablauf der Nacht für nicht glaubwürdig hält, auch zweifelt sie die bisherigen Ermittlungsergebnisse an.

Dass Sonja Engelbrecht tot ist, steht erst seit wenigen Monaten definitiv fest. Ein Forstarbeiter hatte bereits im Sommer 2020 im dichten Wald nordwestlich des oberbayerischen Orts Kipfenberg im Landkreis Eichstätt einen menschlichen Oberschenkelknochen gefunden, der nach einer im September 2021 vorgenommenen erneuten DNA-Typisierung zweifelsfrei der verschwundenen Münchnerin zugeordnet werden konnte.

Der Fundort der Knochen liegt oberhalb des Kipfenberger Ortsteils Grösdorf, nur etwa 1,5 Kilometer Luftlinie entfernt von der Autobahn A 9, die von München nach Nürnberg führt. Die nächstgelegenen Ausfahrten sind Denkendorf und Kinding/Altmühltal. Es ist also denkbar, dass die Leiche der jungen Frau mit dem Auto aus München herausgebracht und vom Täter in der 100 Kilometer entfernten Felsenkluft verscharrt wurde. Sonja Engelbrechts Spur verlor sich in der Nacht von Montag auf Dienstag in der Karwoche 1995.

Die 19-jährige Laimerin soll damals mit ihrem Begleiter, einem zwei Jahre jüngeren Schulfreund, zunächst in ein Lokal an der Schleißheimer Straße und dann in die Wohnung von zwei Bekannten an der Schellingstraße gegangen sein. Von dort soll sie kurz nach 2 Uhr mit ihrem Begleiter aufgebrochen sein. Sie habe am Stiglmaierplatz von einer Telefonzelle aus ihre Schwester anzurufen versucht, berichtete ihr Schulfreund, er selbst sei mit der Straßenbahn weggefahren. Die Angehörigen bezweifeln indes, dass Sonja überhaupt zum Stiglmaierplatz ging.

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