Sommerfest:Ein Ort für schwierige Themen

Das Eine-Welt-Haus ist für 1,3 Millionen Euro saniert worden. Jetzt wird gefeiert

Von Thomas Anlauf

Er ist äußerst widerstandsfähig, und wenn er reif ist, leuchtet er bunt. Der Rote Boskoop ist ein Apfel ganz nach dem Geschmack von Anna Regina Mackowiak. Die Mitbegründerin des Eine-Welt-Hauses und eine der Vorsitzenden des Trägerkreises freut sich schon auf den Zuwachs in dem Haus an der Schwanthalerstraße. Kulturreferent Hans-Georg Küppers wird an diesem Samstag mit Vertretern des Nord-Süd-Forums und des Eine-Welt-Hauses das Apfelbäumchen pflanzen, es wird der erste "Menschenrechtsbaum" Münchens sein und soll für die Einhaltung der Erklärung der Menschenrechte stehen. Die Pflanzaktion ist für das Eine-Welt-Haus ein wichtiges Symbol, nicht nur, um die Wahrung der Menschenrechte weltweit anzumahnen. Küppers als ranghoher Vertreter der Stadt feiert mit dem Haus an diesem Samstag auch die Wiedereröffnung einer Institution, die sich seit nunmehr 17 Jahren als politisches Haus sieht und auch Zehntausenden Menschen mit Migrationshintergrund den Weg in ihre neue Heimat in München geebnet hat.

Sommerfest: Im Eine-Welt-Haus gibt es Beratungen für Migranten, es ist aber auch ein Begegnungsort.

Im Eine-Welt-Haus gibt es Beratungen für Migranten, es ist aber auch ein Begegnungsort.

(Foto: Stephan Rumpf)

Fast fünf Monate lang wurde das Haus grundlegend saniert, das seit 2001 im südlichen Bahnhofsviertel bis zu 280 Gruppen und Vereinen Räume bietet und dessen Angebote von jährlich mehr als 85 000 Menschen besucht werden. Die Kosten von etwa 1,3 Millionen Euro werden von der Stadt übernommen, der Stadtrat stand hinter der Sanierung. Am teuersten waren die neue Lüftungs- und eine moderne Beleuchtungsanlage sowie Brandschutzeinrichtungen. Vor allem die Belüftung musste neu geregelt werden, denn in den Räumen wurde es teilweise so heiß und stickig, dass Veranstaltungen eigentlich nur bei geöffneten Fenstern möglich waren - was wiederum einige Nachbarn störte. Doch jetzt hat das Eine-Welt-Haus wieder ein funktionsfähiges Gebäude, das mit dem Sommerfest an diesem Samstag von 15 Uhr an gefeiert wird. Zwei Dutzend Gruppen präsentieren sich an Infoständen, darunter die Tibet-Initiative, das kurdische Gesellschaftszentrum, Togo Sans Frontières und Handicap International. Es gibt Tanzaufführungen, Theater und Musik mit der Münchner Band Taxgas.

Sommerfest: Hilfe und Geborgenheit bietet das Eine-Welt-Haus.

Hilfe und Geborgenheit bietet das Eine-Welt-Haus.

(Foto: Stephan Rumpf)

Es ist die Vielfalt, die das Besondere des Hauses ausmacht. Anna Mackowiak ist es auch wichtig, dass eine große Bandbreite an Diskussionen und an Meinungen Raum finden im Eine-Welt-Haus. "Was wir uns für die Zukunft wünschen, ist, dass es ein Ort ist, an dem es möglich ist, auch schwierige Themen kontrovers zu diskutieren", sagt sie. Damit spielt sie auch auf die Debatte um den Umgang mit dem Konflikt zwischen Israel und Palästinensern an. In München war die Stimmung vor einem halben Jahr deshalb derart aufgeheizt, dass der Stadtrat im vergangenen Dezember beschloss, den antiisraelischen Boykott-Aufruf BDS ("Boycott, Divestment, Sanctions") in München zu ächten. Wer sich mit der Kampagne befassen oder sie unterstützen will, darf seither zu diesem Zweck keine städtischen Räume oder Zuschüsse erhalten. Auch das Eine-Welt-Haus war davon betroffen. Mackowiak fragt sich aber, wie man sich nun überhaupt zur BDS-Bewegung positionieren könne, wenn es zunehmend schwierig werde, sich darüber öffentlich zu diskutieren und zu informieren. "Ich möchte mir schließlich eine Meinung bilden können", sagt Mackowiak.

Deshalb sieht sie und mit ihr das Team der Geschäftsführung des Eine-Welt-Hauses auch die Meinungsfreiheit als zentrales Element in der bayernweit einzigartigen Einrichtung. "Es ist auch einzigartig, weil hier betroffene Akteure auftreten und arbeiten", sagt Geschäftsführer Stephan Kowalski. Nicht zufällig ist deshalb auch der Titel des diesjährigen Open-Air-Kinos gehalten, das hier "Frischluftkino" heißt: Unter dem Motto "Die Meinung ist frei!" werden zwischen 29. Juni und 7. September auf der Terrasse im ersten Stock des Hauses kostenlos Filme gezeigt, die sich mit der Meinungsfreiheit, aber auch mit Toleranz und dem Gedanken der Völkerverständigung befassen. Diese Werte stehen auch als Präambel in der Satzung des Eine-Welt-Hauses.

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