Solln:Klagen über Klagen

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Trügerisches Idyll: Die geplante Bebauung an der Peretshofener Straße 3 treibt die Nachbarn regelrecht auf die Barrikaden. (Foto: Robert Haas)

Anwohner setzten sich vehement gegen das Bauvorhaben an der Peretshofener Straße 3 zur Wehr. Auch der örtliche Bezirksausschuss lehnt das mit 30 Appartements geplante Gebäude ab

Von Jürgen Wolfram, Solln

Man kann in München märchenhaft wohnen. So wie die Leute in der Handvoll Einfamilienhäuser, die sich um die Peretshofener Straße in Solln gruppieren, eine Sackgasse mit Wendehammer und viel Grün. Nur ein paar Schritte entfernt von der Wolfratshauser Straße, einer Verkehrsschlagader im Süden der Stadt, tut sich hier eine Insel der Ruhe auf. Doch seit Pläne des Unternehmers Rudolf Machl (Hotel "Südstern", Tellervoll GmbH) bekannt wurden, sein zuletzt als Arbeiterwohnheim fremdvermietetes Haus an der Peretshofener Straße abzureißen und durch einen Neubau mit 30 Appartements zu ersetzen, ist es mit dem Frieden vorbei. Einige der Anwohner gehen mit juristischem Beistand gegen das Projekt vor. Wie es aussieht, mit Erfolg.

Der Fall Peretshofener Straße 3 steht beispielhaft für die Aufbruchstimmung von Investoren, die sich an die Nachverdichtungswelle in der Stadt anhängen und dabei die bisher üblichen Dimensionen sprengen möchten. Doch in Solln hat der Bauherr die Rechnung offenbar ohne seine Nachbarn gemacht. Voran Ulrike Seuffert, opponieren diese scharf gegen die Machl-Pläne. Weder füge sich das Vorhaben in die nähere Umgebung ein, noch vertrage die Peretshofener Straße eine Verkehrszunahme und eine verquere Tiefgaragenzufahrt, argumentieren die Anwohner.

Den Bezirksausschuss (BA) Thalkirchen-Obersendling-Forstenried-Fürstenried-Solln haben sie bereits auf ihrer Seite. Die Lokalpolitiker lehnten das Konzept mit den 30 Appartements und einen entsprechenden Antrag auf Vorbescheid unlängst entschieden ab, weil der Neubau die gesamte Struktur der Umgebung nachteilig verändern würde. Hinnehmbar wäre allenfalls ein kleineres Gebäude. Auch schwang die Befürchtung mit, die Kleinwohnungen könnten am Ende gar nicht an Studenten, Arbeiter und Singles vermietet, sondern vom Bauwerber als Ergänzung zu seinem Hotel an der Wolfratshauser Straße betrachtet werden. Als problematisch erachtet der BA, ähnlich wie die Anwohner, die Zufahrtssituation.

Ein Bild von der Lage an der Peretshofener Straße haben sich unlängst BA-Mitglied Karl Pauli (CSU) sowie der Sprecher des Bündnisses Gartenstadt, Andreas Dorsch, gemacht. Auch sie gelangten bei Ortsterminen zu der Einschätzung, eine Realisierung der Machl-Pläne wäre für die Gegend unverträglich. Pauli stört sich nicht zuletzt an der vorgesehenen Einfahrt zur Tiefgarage, die das Gesamtgefüge der Straße erheblich stören würde.

Anders hat anfangs die Lokalbaukommission (LBK) die Lage bewertet. Als die Behörde sich anschickte, den Vorbescheidsantrag durchzuwinken, intervenierten im letzten Moment die Rechtsanwälte Seufferts und ihrer Mitstreiter. Sie erreichten zunächst einen Aufschub des Verfahrens. Inzwischen herrscht bei den Anwohnern noch größere Erleichterung, denn ihre Rechtsbeistände haben die Ablehnung des Bauvorhabens erwirkt. Zufrieden ist Ulrike Seuffert ebenso damit, dass die Behörden die Beseitigung von Müll auf dem Gelände des Arbeiterwohnheims angeordnet hätten. Den Glauben an die Kompetenz der LBK hat die Wortführerin der Anwohner allerdings verloren. Wie dort teilweise baurechtliche Vorschriften recherchiert und ausgelegt werden, findet sie "putzig".

Rudolf Machl, dem wegen früherer Kooperationen bei der Betreuung von Flüchtlingen gute Verbindungen zur Stadtverwaltung nachgesagt werden, reagiert empört auf die Entwicklung. Der LBK wirft er vor, eine "Kehrtwendung" zu seinen Ungunsten vollzogen zu haben. Annahmen, hinter seinen Appartement-Plänen könnte sich eine verkappte Hotelerweiterung verbergen, bezeichnet Machl als "freche Unterstellung". Er habe ganz normale Wohnungen bauen wollen, beteuert er, beispielsweise für Pfleger des nahen Martha-Maria-Heims. Über die Außengestaltung seines Projekts hätte man mit ihm durchaus noch reden können, sagt er.

Der aus Forstenried stammende Gastronom kündigte an, gegen den Bescheid der LBK zu klagen. "Dann vergehen anderthalb Jahre, und das Bauvorhaben und damit die Mieten werden sich verteuern", rechnet Machl vor. Oder es würden, je nach Gerichtsurteil, überhaupt keine Wohnungen gebaut. Ob das in einer Stadt, der es an Wohnraum ebenso mangelt wie an Handwerkern und sonstigen Fachkräften, ein Wunschergebnis wäre, dürfe man wohl bezweifeln. Über die Widerstände der Nachbarn gegen sein Vorhaben wundert er sich nicht. "An der Peretshofener Straße hat sich 60 Jahre nichts verändert, und plötzlich kommt da einer mit Bauplänen. Da kann man Einwände der Anwohner sogar verstehen", sagt er. Im Übrigen zeige der Fall, wer wirklich gute Beziehungen zur Stadtverwaltung habe - "das sind doch wohl eher meine Nachbarn".

© SZ vom 01.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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