Skater nach Schlaganfall:"Mit jedem Versuch wird es besser"

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Sieht man den jungen Mann in seinem Skater-Look, dem Muskelshirt im Military-Style, kurze Hose und Sneaker, in der Maxvorstadt im Café sitzen oder an der Dachauer Straße auf dem Gelände der alten Kaserne skaten, lässt nichts auf einen Schlaganfall schließen.

Nur in manchen Momenten erkennt Heuberger selbst, dass die Gehirnblutung ihn auch heute noch beschäftigt. Es sind kleine "Aussetzer", wie er sie selbst nennt. Manchmal fällt ihm ein Begriff nicht ein, in anderen Momenten gerät er einfach kurz ins Stocken. "Aber ich war vorher schon kein guter Rhetoriker und bin es jetzt auch nicht", sagt er und lacht. "Und in der Uni war ich vorher keine Leuchte und bin es jetzt auch nicht. Das habe ich schon mal wieder geschafft."

Absurde Missverständnisse

Aber er nimmt sein Studium ernst - und versteht es damals als ein großes Ziel während der Rehabilitation. Vier Wochen nach der Operation spürt Heuberger, dass es endlich aufwärts geht. Das Gefühl auf der bis dahin gelähmten rechten Körperhälfte kehrt zurück; er schafft es wieder, einzelne Wörter mühevoll auszusprechen.

"Am Anfang konnte ich mich überhaupt nicht verständigen und das hat auch immer wieder zu Missverständnissen geführt", sagt der Skater. Will er seiner damaligen Freundin andeuten, dass die Rückenlehne des Bettes zu weit oben steht, schiebt sie ihm zwei Kissen unter den Rücken. "Das war absurd. Wie schon beim Unfall, als ich immer allen erklären wollte, dass mir nichts fehlt - aber ich konnte es nicht", erinnert sich Heuberger.

"Man ist bis zu einem gewissen Grad hilflos, und gleichzeitig so ungeduldig." Denn dem 28-Jährigen kann es nicht schnell genug gehen. Nicht in der Physiotherapie, nicht beim Logopäden - obwohl er selbst die Fortschritte registriert. "Mein erster Satz, den ich gesprochen habe war: Alles in Butter", sagt er und lacht dabei. "Das ist doch absurd: Ich hatte eine Gehirnblutung. Und alles ist in Butter."

Nach zwölf Wochen im Krankenhaus ist es dann aber soweit. Eigenständig verlässt Heuberger die Schön Klinik, aufrecht und in der Lage, sich selbst ein Taxi zu rufen oder eine Pizza zu bestellen. Zu Hause angekommen nimmt er sich erst einmal eine zweiwöchige Auszeit mit seiner Freundin Friederike, die seit 2012 seine Frau ist.

Er geht spazieren, ruht sich einfach nur aus und fängt danach wieder mit der Reha an. Nach drei Monaten steigt er erstmals wieder auf ein Board, wacklig und kaum in der Lage, das Brett selbständig anzuschieben. An der Uni setzt er nur ein Semester aus und steigt im Oktober 2011 wieder zum Wintersemester ein: "Das habe ich gebraucht, die Kommunikation, die Normalität."

Heute ist Kilian Heuberger wieder in der Normalität angekommen. Er gehört wieder zu Deutschlands besten Skatern, ist in der Szene ein großer Name und Hauptdarsteller vieler spektakulärer Videos: "Und Publicity ist für uns Skater so wichtig wie ein Titel bei einem Contest oder einer WM." Und natürlich der Spaß am Fahren - trotz unzähliger Knochenbrüche und Bänderrisse, die sich der Skater zugezogen hat, seitdem er im Alter von zehn Jahren erstmals auf ein Board gestiegen ist. Das größte Zeichen der Erinnerung trägt er aber unter dem Cap.

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