Süddeutsche Zeitung

Sitar:Speisen wie ein Maharadscha

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Stilgerecht indisch dekoriert präsentiert sich das Sitar im Lehel. Nicht nur das Interieur beeindruckt, auch die Küche überzeugt.

Gustav Weinberger

Der Maharadscha speist gern im Liegen, eingestimmt von zarten Lautenklängen, umringt von süßen Gespielinnen. Ungefähr so muss der Bayer sich das Leben im fernen Indien vorstellen - jedenfalls scheint das der Inder zu glauben, der hierorts in der Gastronomie tätig wird.

Die Wände seiner Lokalität schmückt er deshalb oft und gern mit prallbunten Bildern solcher Wonneszenen, und wenn er seine Gaststätte nicht "Maharadscha" nennen kann, weil der Kollege aus Kalkutta schon ein gleichnamiges Spezialitätenrestaurant um die Ecke betreibt, dann muss er auf anderem Wege versuchen, die Kundschaft mit einem klingenden Namen zu ködern. Und wohl kaum etwas könnte indischer klingen als das indische Klanginstrument schlechthin: Sitar.

Der Name verheißt Wohlgefühl, und selbst wenn man im Sitar im Lehel nicht im Liegen speisen kann und sich obendrein die Gespielinnen selber mitbringen muss, ist das kein leeres Versprechen. So viel vorweg: Der Koch versteht sein Handwerk, die Kellner sind flink und freundlich, und für den Wirt zahlt sich der klingende Name gewiss in klingender Münze aus.

Bei moderaten Preisen - Vorspeisen zwischen 3,40 und 8,90 Euro, Hauptgerichte von 7,70 bis 17,90 Euro und Desserts um die 4 Euro - ist der üppig dekorierte Gastraum mittags wie abends meist gut gefüllt.

Einen ersten Einblick in die Vielfalt der Küche bietet gemeinhin der gemischte Vorspeisenteller. Im Sitar war dieser Einblick eher eindimensional: Blumenkohl, Hühnchen, Fisch, Auberginen und Käse versteckten sich in der gleichen Panade, die obendrein nicht einmal knackig und frisch schmeckte. Da ist es gewiss besser, einzelne Köstlichkeiten aus der Vorspeisenauswahl zu wählen als diesen Teller voller Langeweile.

Äußerst gelungen war zum Beispiel der Salat Sitar, den würziges Hühnerfleisch veredelte. Hervorragend schmeckten auch die Achari Chicken Tikka, marinierte Hühnerfleischstückchen mit Joghurt und Salat. Die Suppen dagegen wirkten wieder nichtssagend: Beim Dal waren die Linsen bis zum Geschmacksverlust durchpüriert, bei der Knoblauchsuppe verließ sich der Koch allein auf die Kraft der Knolle und vergaß ansonsten die Würze.

Dabei sind gerade die Gewürze das, was die indische Küche sonst auszeichnet. Vor allem bei den Soßen muss der Koch die Vielfalt in harmonischen Einklang bringen, und das gelang zumeist sehr gut.

Am besten lässt sich das überprüfen beim variantenreichen Thali - hier gibt es zum locker-körnigen Reis gleich drei Schälchen mit verschiedenen Fisch- oder Fleischgerichten. Besonders das Tandoori-Chicken in Masala-Soße war dabei eine Entdeckung. Doch auch mit Soßen auf Mango-Basis, verfeinert mit Safran und Cashewnüssen, weiß die Küche umzugehen. Allerdings passt diese süßlich-dicke Soße weit besser zum Rindfleisch als zu den ebenfalls angebotenen Garnelen.

Die Ente Sitar wusste mit zartem Fleisch zu überzeugen, das Butter Chicken durch milde Würze. Beim Shajahani Biryani war der wunderbar saftige Basmatireis bestens bestückt mit Garnelen, Nüssen, Hühner- und leider etwas zähem Lammfleisch. Die Gemischte Grillplatte aus dem Tandoori-Holzkohleofen bot von allem etwas, allerdings war das Fleisch so niedermariniert, dass Huhn oder Lamm kaum Eigengeschmack entfalten konnten.

Die Desserts beim Inder tragen meist recht geheimnisvolle Namen, und das Geheimnis wird nicht immer beim Servieren gelüftet. Liest man zum Beispiel auf der Speisekarte Firni (Honigmilch mit Reismehl, dazu Nüsse) und Kulfi (Honigmilch mit Maismehl, dazu Nüsse), so klingt das erst einmal sehr ähnlich.

Doch wenn es auf den Tisch kommt, dann sieht man, dass Welten liegen zwischen Reis und Mais. Firni ist ein lauwarmer Brei, der an Babynahrung erinnert; Kulfi dagegen sind fast völlig geschmacksneutrale Eiswürfel. Eine gute Alternative wäre das Gulab Jamun, doch da ertränkt ein zäher Sirup die eigentlich wunderbaren Bällchen aus Milch, Honig und Quark.

Die fruchtige Mangocreme sowie eine Schüssel Vanilleeis wahlweise mit Lychees oder Rosinen plus Grappa sind dagegen eine sichere Sache. Eines kann man in jedem Fall sagen: All das bringt den Gast dem Bauchumfang des Maharadschas nahe. Und im Liegen wäre das Ganze vielleicht sogar ein noch größerer Genuss.

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Quelle:
SZ vom 10.08.2009
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