Singles in München:Allein in der großen Stadt

München ist Single-Hauptstadt. Während manche alleine rundum glücklich sind, gibt es andere, die verzweifelt eine Beziehung suchen. Wir haben mit drei von ihnen gesprochen.

Beate Wild

Weiblich, ledig, jung - sucht nicht. Mit diesen paar Worten lässt sich die Lebenssituation von Sonja T. beschreiben. T. ist 35 Jahre alt, attraktiv, beruflich erfolgreich, wohnt in München - und ist glücklicher Single.

Rendezvous

Flirten wird in München großgeschrieben. 71 Prozent der Singles geben an, glücklich mit ihrer Situation zu sein.

(Foto: iStock)

"Auf der Suche bin ich nicht", sagt T., die ihren vollen Namen dennoch nicht in der Zeitung lesen will. Sie war sieben Jahre in einer festen Beziehung. Als sie sich vor zwei Jahren von ihrem Freund trennte, zog die Starnbergerin in die Stadt. "Als Single hat man in München einfach viel mehr Möglichkeiten, und es gibt viele andere Singles."

Das hat auch eine Studie der Online-Partnerbörse Parship herausgefunden. München ist demnach die Stadt mit den meisten Singles in Deutschland. Ganze 28,8 Prozent der Münchner leben nicht in einer Partnerschaft, das sind 243.000 Menschen. 243.000 potentielle Kandidaten.

T. ist Marketingleiterin bei einem Fachverlag. Abends geht sie gerne im Glockenbachviertel aus, vorzugsweise mit Freundinnen, die ebenfalls ungebunden sind. "Trachtenvogel, Holy Home, Maroto, Robinsons' Bar", zählt die Brünette auf. Eigentlich wohnt sie in Giesing, "aber für Singles ist das nichts, da wohnen fast nur Familien."

Beim Ausgehen in den angesagten Bars lernen die Freundinnen dann schon jede Menge Männer kennen, doch mehr als ein Flirt ist daraus noch nicht entstanden. Man verabredet sich vielleicht mal auf einen Drink, ganz unverbindlich, aber ernsthafte Kandidaten sucht und findet man eben nicht im Nachtleben, glaubt die 35-Jährige.

"Die Männer heutzutage fragen ja gar nicht mehr nach der Handy-Nummer", erzählt sie. "Die erste Frage ist: Bist du auf Facebook?", lacht sie. Der Single-Frau kommt das nicht ungelegen: "So kann ich mir den Typen aus der Distanz mal anschauen und im Notfall sogar sperren oder löschen." Flirten kann man ja mal, ist ja nichts dabei.

Dass die Münchner viel und gerne flirten und gar nicht nach einer festen Beziehung suchen, hat auch Buchautor und Single-Coach Eric Hegmann beobachtet. "71 Prozent der Münchner Singles fühlen sich pudelwohl in ihrer Haut", sagt er mit Blick auf die Parship-Studie. Münchner sind demnach selbstbewusster, wohlhabender und offener als anderswo.

Doch dass die Münchner so aufgeschlossen sind, hat für Hegmann auch einen Nachteil: "In München gibt es die meisten untreuen Frauen." Ganze 35 Prozent gehen fremd. Bei den Männern sind es nur 21 Prozent. In Berlin ist dieses Verhältnis interessanterweise umgekehrt. Dort betrügen nur 21 Prozent der Frauen ihre Männer, dafür aber 32 Prozent der Männer ihre Partnerinnen.

Eher der Beziehungstyp

Dass es bei all den Zahlen trotzdem auch in München Singles gibt, die gerne in einer Beziehung leben würden, sieht man an Daniel M.. Der 25-Jährige ist seit sieben Monaten alleine - für ihn viel zu lange. "Ich bin eben mehr der Beziehungstyp", sagt M. schüchtern, der auch lieber nicht mit vollem Namen genannt werden will. Nebenher kocht er sich ein Jägerschnitzel. Seit er Single ist, steht er öfter am Herd, notgedrungen.

Jennifer Withelm

Moderatorin Jennifer Withelm ist seit drei Jahren Single. Sie findet, dass viele Münchner oberflächlich sind.

(Foto: privat / oh)

Sämtliche Freunde des 25-Jährigen sind in einer Partnerschaft. "Das ist für mich als einziger Single oft blöd, da fühlt man sich wie das fünfte Rad am Wagen", sagt er. Seine Wohnung liegt zudem in Moosach, ein Viertel, das nicht unbedingt als Single-Kiez bekannt ist. Auch in seinem Job ist das weibliche Geschlecht dünn gesät. M. ist Informatiker. "Die einzige Frau bei der Arbeit ist über 50."

Trotzdem will er das Beste aus seiner Situation machen. "Ich versuche kein Nerd zu sein", lacht der Computerfachmann. Abends geht er in Clubs wie das Rockstudio, das Backstage oder in die Kulturfabrik. Doch dort ergeben sich höchstens kurze Geschichte. "Ich hab den Eindruck, Münchens Frauen sind nur an One-Night-Stands interessiert, nicht an festen Beziehungen."

Der 25-Jährige glaubt, dass das in anderen Städten nicht so ausgeprägt ist. "In München sind die meisten derart oberflächlich, das es schon nicht mehr erträglich ist", sagt er. Hier gehe es um Aussehen und die richtige Kleidung. "Nach der Trennung von meiner Freundin bin ich erstmal zum Shoppen, um überhaupt mithalten zu können", erzählt er.

Dass viele Münchner oberflächlich sind, hat auch Jennifer Withelm beobachtet. Die 29-jährige Moderatorin ist das, was man ohne zu zögern als Traumfrau bezeichnen würde. Südländischer Typ, dunkle lange Haare, strahlende Augen, ein süßes Lächeln und eine charmante Art. Doch Withelm ist Single, schon seit drei Jahren. Sie wartet auf den Richtigen, Kompromisse wolle sie keine eingehen. Und das kann naturgemäß etwas dauern, bis einem ein geeigneter Kandidat über den Weg läuft.

Ein bisschen läge das aber auch an den Münchner Männern. "Diese Schickimicki-Kreise", stöhnt sie, "da geht es nur ums Sehen und Gesehen werden." Beispielsweise geht sie gerne ins Cavos, eine Hochburg der Schickeria. Doch dort könne man niemanden ernsthaft kennenlernen, es gehe nur ums Amüsieren.

Aber auch im Backstage schaut die 29-Jährige gern vorbei, was mit seiner Indie-Musik und dem alternativen Publikum das glatte Gegenteil vom Cavos ist. "Ich bin da offen für alles", erklärt sie. "Aber im Backstage sind mir die Männer oft zu besoffen." Im Moment wohnt Withelm noch in Olching. Demnächst will sie aber nach München ziehen, wegen des Jobs und der sozialen Kontakte.

Von Kneipen ist abzuraten

Fragt man Date-Doktor Hegmann, was jemand ein Single unternehmen kann, um seinen Single-Zustand zu beenden, rät er von Kneipen und Clubs ab. "Klar lernt man im Nachtleben leicht Leute kennen, aber da geht es mehr um schnellen Sex als um die Beziehung fürs Leben." Hegmanns Tipp ist der Biergarten. "Man setzt sich einfach zu jemanden an den Tisch, prostet sich zu und kommt so locker ins Gespräch", sagt er. Aber auch Privatpartys und im Sommer das Abhängen auf öffentlichen Plätzen wie dem Gärtnerplatz sind laut Hegmann zu empfehlen.

Diese Erfahrungen hat auch Sonja T. gemacht: "Biergärten wie der Chinaturm oder der Augustiner, und der Gärtnerplatz im Sommer sind super, um neue Leute kennenzulernen." Aber ebenso die Strandbar und die Blade-Night sind laut T. Münchens Single-Hot-Spots. "Da wird man sehr oft angesprochen."

Weniger ratsam sei dagegen der Besuch von Ü-30-Partys. "Nicht mein Beuteschema", lacht die 35-Jährige. Bei solchen Veranstaltungen sei der Zweck des Partybesuchs - nämlich krampfhaft jemanden zu finden - zu offensichtlich. Und das wiederum mögen Münchens Frauen gar nicht.

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