Gärtnerplatztheater:München bekommt ein Pumuckl-Musical

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Das Gärtnerplatztheater hat Chancen, damit einen Coup zu landen. Unklar ist allerdings, ob der singende Kobold einen Bauch haben wird.

Von Yvonne Poppek

Es kommt selten vor, dass heftig für ein dickes Bäuchlein gekämpft wird. 2015 war es so, das konnte jeder bei Twitter nachlesen unter dem Hashtag #bringbackbäuchlein. Dort wurde so vehement protestiert, dass die Verschlankung einmalig bleiben sollte. Damals ging es um eine neu illustrierte Ausgabe von "Pumuckl" im Kosmos-Verlag, in der zwischen dem gelben Shirt und der grünen Hose des Kobolds nicht der altbekannte kugelige Bauch hervorlugte. Der kleine freche Held wirkte seltsam abgemagert, das war für die Pumuckl-Fans zu viel.

An dem Protest lässt sich unschwer ablesen, wie viel Bedeutung dem rothaarigem Kobold immer noch zukommt, den Ellis Kaut 1962 erfunden hat. Der kleine, gutherzige Kerl, der sich unsichtbar machen kann, sich nicht an Regeln halten will und eine besondere Vorliebe für Reime und Hobelspäne hat, mogelte sich in die Herzen vieler Menschen. Diese Beliebtheit macht sich nun das Gärtnerplatztheater zunutze: Für die erste Spielzeit im frisch renovierten Haus hat es ein Pumuckl-Musical in Auftrag gegeben.

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Die Musik stammt von Franz Wittenbrink, der Text von Anne X. Weber. Es ist das zweite Musical, das die beiden zusammen verfasst haben, wobei sie schon zuvor für die einstigen Liederabende von Wittenbrink an den Kammerspielen künstlerisch zusammengearbeitet haben. Im April soll das Werk in der Regie von Nicole Claudia Weber und unter der musikalischen Leitung von Kapellmeister Andreas Kowalewitz uraufgeführt werden.

Das Musical steht damit in einer langen Reihe verschiedener Pumuckl-Versionen: Zunächst wurde die Geschichte um den Kobold und den Schreinermeister Eder als Hörspiel ausgestrahlt, eindrucksvoll gesprochen von Hans Clarin als Pumuckl. Meister Eder bekam seine Stimme erst von Franz Fröhlich, später von Alfred Pongratz und schlussendlich von Gustl Bayrhammer. 1965 erschien das erste Buch, 1978 übernahm das Fernsehen die prägende Funktion dieser Figuren. Vier Jahre später kam Pumuckl ins Kino, 2005 eröffnete in Ohlstadt ein Pumuckl-Museum. Und auch für die Bühne blieb der kleine Kobold nicht unentdeckt: Vor 17 Jahren wurde im Münchner Circus Krone ein erstes Pumuckl-Musical uraufgeführt.

Von April an wird nun also die neue Version Wittenbrink-Weber zu sehen sein. Und um allen Fans, die sich für den Pumuckl-Bauch eingesetzt haben, schon einmal ein wenig zu beruhigen: Es soll nicht um eine Kompletterneuerung des Kobolds aus den Büchern und Filmen gehen. "Wir haben nicht den Versuch gemacht, uns so stark abzugrenzen", sagt Librettistin Anne X. Weber. Vielmehr hätten sich Wittenbrink und sie bemüht, das vorhandene Material "weiterzuspinnen", erklärt sie, "wie ein Kind, das Pumuckl spielt".

Die Geschichte wird also in der Schreinerwerkstatt von Meister Eder beginnen, in der ein Schabernack treibender Pumuckl am Leimtopf kleben bleibt, fortan für den raubeinigen Handwerker sichtbar ist und bei ihm sozusagen hängen bleibt. Für die sich anschließende Geschichte hat das Duo dann die, wie Weber sagt, "schönsten und fürs Theater tauglichen" Episoden ausgewählt und zu einem Stück verbunden. So werde der kundige Zuschauer etwa nicht vermissen, wie Pumuckl zu seinem Bettchen kommt - auch wenn die Szene nicht allzu viel Raum einnehmen werde.

Oder auch der Spuk, den Pumuckl einmal in einem Schloss anrichtet, sei Teil der Handlung. Als dramatischen Höhepunkt haben die Macher den großen Krach zwischen Pumuckl und Meister Eder eingearbeitet, so dass die Kinder und Erwachsenen mit ihrer Identifikationsfigur - denn als solche sei Pumuckl angelegt - mitbangen und mitfiebern können. Das Ende der etwa zweistündigen Aufführung sei aber versöhnlich und gut, versichert Weber.

Der ein oder andere Hit soll auch dabei sein

Womit auf der Bühne des Gärtnerplatztheaters nicht zu rechnen ist, sind die vielen bekannten Reime und Gedichte. Die ein oder andere lustige Idee aus den Filmen hätten sie zwar integriert, sagt Weber. Aber im wesentlichen sei es darum gegangen, eigene Reime und einen eigenen Sprachwitz zu kreieren. Eine Kostprobe aus dem Libretto klingt, als sei dies gelungen: "Ungeduscht und ungebadet / völlig vollgemarmeladet! / ungezahnputzt, ungekämmt, / Shampoo ist mir völlig fremd!/ . . . Nein! Ich liebe meine Dreckschicht,/ die kein Mensch mit Seife wegkricht!"

Wer diese Reime bei der Uraufführung singen darf, dazu äußert sich das Gärtnerplatztheater allerdings noch nicht. Die Hauptrollen seien besetzt, Pumuckl werde von einer hohen Männerstimme gesungen. Mit wem oder welche Kriterien angelegt wurden, solle erst zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gemacht werden, heißt es aus der Pressestelle. Ob der Sänger also einen natürlichen Bauch hat, ist somit noch ein Geheimnis. Für den Fall, dass er fehlt, gibt es hoffentlich eine Lösung, um keinen Zorn heraufzubeschwören.

Die wohl ungewöhnlichste Komponente wird für alle Pumuckl-Fans ohnehin die Musik sein. Wittenbrink hat sie für das Orchester des Gärtnerplatztheaters geschrieben. Der Komponist schöpfe die Möglichkeiten eines solchen 1A-Orchesters aus, sagt Weber. Die Kompositionen seien sehr theatralisch, atmosphärisch und würden Figuren und Situationen stark charakterisieren. Der ein oder andere Hit sei sicher auch dabei, glaubt sie. Man kann also damit rechnen, dass nächstes Jahr ein paar Kinder vom Dreckig-Sein singen. Und die Erwachsenen können darüber dann ein Liedchen twittern.

© SZ vom 12.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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