Silbermond in München:Süß, aber ehrlich

Rockiger als erwartet, sanfter als erhofft: Silbermond spielen im Zenith Altbekanntes und Neues aus ihrem dritten Album "Nichts passiert".

Dagmar Bartosch

Verschiedenartiger könnte die Menge wohl kaum sein, die am frühen Mittwochabend vom U-Bahnhof Freimann zum Zenith zieht: Da sieht man zwei Freundinnen, die sich schon mal mit zwei Fläschchen Fabersekt in Stimmung bringen, Rockgören mit zerschlissenen Taschen und den obligatorischen Chucks, händchenhaltende Pärchen in den späten Zwanzigern, Eltern mit ihren Kindern, sogar ein Mann mit einem T-Shirt der Toten Hosen ist darunter. Silbermond, die im Zenith ihr neues Album "Nichts passiert" vorstellen, ziehen eben dank andauernder Chartpräsenz ein breites Publikum an.

Silbermond in München: Silbermond-Sängerin Stefanie: Nach langer Zeit wieder zurück auf der Bühne.

Silbermond-Sängerin Stefanie: Nach langer Zeit wieder zurück auf der Bühne.

(Foto: Foto: dpa)

In der Halle drängen die Leute langsam nach vorne, die Stahlträgerkonstruktion ist in diffuses blaues Licht getaucht. Pünktlich um 20 Uhr gehen die Scheinwerfer aus und die Vorband kommt auf die Bühne. This ist he arrival kommen aus Erding und haben sich den Vorbotenplatz in einem Newcomer-Wettbewerb des Radiosenders erspielt. Silbermond haben die Band selbst ausgewählt.

In den kurzen 20 Minuten spielen sie schnellere Lieder, die ein bisschen an Mando Diao erinnern, ebenso wie das langsame "Stella", bei dem sich das Publikum schon mal für den Hauptact einschunkeln kann - insgesamt gut hörbarer Indie-Rock.

In der Umbaupause wird vielfach Getränkenachschub geholt und dann stehen wieder 0,2-Liter-Sektschlürfer neben 0,5-Liter-Biertrinkern in entspannter Atmosphäre. Zumindest bis hinter dem schwarzen, mit drei Sternen verzierten Bühnenvorhang ein kurzer Probegriff an der Gitarre und ein Paar Schläge auf dem Schlagzeug zu hören sind - danach beginnt die Menge ungeduldig zu klatschen.

Mit tragendem Gitarrenschall als Untermalung treten Silbermond in der hellerleuchteten Halle auf den Bühnensteg, der in die Menge ragt. Der Jubel der Fans bringt die vier jungen Musiker zum lächeln - zuckerwattensüß, aber ehrlich. Dann wird es dunkel und nur eine warme Lichtkugel in der Mitte der Band beleuchtet die Halle. Mit "Alles Gute" beginnen Silbermond das Konzert ruhig und haben ab diesem vertraulichen Moment das Publikum auf ihrer Seite.

Der ruhige Einstieg ist aber keineswegs ein Omen für das restliche Konzert. Als der Vorhang fällt, legen Silbermond mit schnelleren, rockigeren Nummern los. Sie mischen neue Lieder wie "Seid ihr dabei" oder "Tanz aus der Reihe" mit ihren alten Songs wie "Meer sein" oder "Zeit für Optimisten".

Die Leute gehen mit, wippen hin und her, auf und ab, klatschen, wenn Sängerin Stefanie sie animiert. Dennoch Silbermond sind bekannt für ihre gefühlvollen, teilweise schnulzigen, aber zugegebenermaßen eingängigen Balladen. Auf diese haben sich wohl die meisten Besucher im Zenith gefreut.

Viele sind zum ersten Mal auf einem "SiMo"-Konzert, wie sich nach einer Frage der Sängerin zeigt. Trotzdem wird Stefanie von einem Chor aus 5000 Stimmen begleitet, als sie "Durch die Nacht" anstimmt. Die sanfteren Lieder, wie später auch noch "Unendlich" und "Symphonie", sind sicher die Stimmungshöhepunkte an diesem Abend. Die durch Radiodauerschleifen bereits tot geglaubten Balladen erstrahlen live in neuem Glanz und bringen nicht nur die sich in den Armen liegenden Pärchen zum schunkeln und träumen.

Seitdem Silbermond 2004 ihre erste Single veröffentlicht haben, gehören die Vier zu den erfolgreichsten Bands Deutschlands. Für ihr neues, drittes Album haben sich die Musiker zwei Jahre Zeit gelassen und waren deshalb auch lange nicht mehr auf der Bühne zu sehen. Das merkt man ihnen auch an - im positivsten Sinn.

Sie wollen mit den Besuchern in der Halle feiern und nutzen dafür einiges aus dem breiten Bühnenshowrepertoire. Stefanie und Gitarrist Thomas wechseln für einige Songs auf eine kleine Bühne inmitten der hinteren Reihen. Schließlich weiß die 1,67 Meter große Sängerin, wie es ist, auf einem Konzert hinter einer Wand aus 1,85 Meter großen Männer zu stehen.

Sie ist es auch, die crowdsurfend über die halbe Halle hinweg krault, um den Tonmann abzuklatschen, und einen Fan auf die Bühne holt, der den Sachsen bayerisch beibringen soll (nur bedingt erfolgreich).

Nach mehr als zwei Stunden Konzert beginnen die Jungs und ihre Instrumente die Zugabe alleine: erst mit - originell - "We will rock you" und dann traditionell mit einem Versuch von "In München steht ein Hofbräuhaus". Zum Abschied gibt es melancholisch "Das Beste" - Stefanies sehnsüchtige Stimme, nur begleitet von einem Klavier und, noch ein letztes Mal, dem Chor der vollen Halle - und eine speziell auf München abgestimmte Version von "Sehen wir uns wieder?".

Eine Frage, die viele an diesem Abend wohl mit ja beantworten würden. Silbermond haben ihr Publikum mitgerissen, wenn auch eher mit den altbekannten Hits als mit den Neuvorstellungen.

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