Siedlung Ludwigsfeld:Eine Grabung soll Gewissheit bringen

Von Januar an wird geklärt, ob in der Siedlung Ludwigsfeld an der Granatstraße Opfer des NS-Regimes bestattet wurden

Von Simon Schramm, Siedlung Ludwigsfeld

Befinden sich in der Siedlung Ludwigsfeld noch unentdeckte Gräber von Opfern des NS-Regimes? In dieser Frage ist die Aufklärung näher gerückt. Der Eigentümer des Geländes an der Granatstraße, auf dem der Lokalhistoriker Klaus Mai Massengräber des ehemaligen KZ-Außenlagers Allach vermutet, möchte im Januar 2016 mit den Untersuchungen beginnen. Welche Firma die Untersuchungen übernimmt, werden nach einer Ausschreibung der Eigentümer und das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege entscheiden, das die Untersuchungen auch fachlich zu begleiten beabsichtigt.

Die Untersuchungen sollen zunächst im südlichen Teil des Geländes stattfinden; wann genau sie aufgenommen werden, hänge auch vom Wetter ab, sowie von der Frage, wann dieser Teil keine Mieter mehr habe, sagt der Architekt Josef Peter Meier-Scupin; er ist Sprecher des Grundeigentümers, der Projektgesellschaft Granatstraße 12. Im nördlichen Teil sind Untersuchungen wahrscheinlich erst von Ende Februar an möglich, da ein Hauptmieter diesen Abschnitt belegt; derzeit befinden sich dort provisorische Container-Unterkünfte, Fahrzeughändler und ein Schrotthandel.

Die Lokalbaukommission (LBK) hat vor wenigen Wochen gegen diese ungenehmigte Nutzung einen Sofortvollzug ausgesprochen: Der Hauptmieter muss das Gelände bis spätestens 29. Februar 2016 räumen. Der Hauptmieter hat dagegen Klage beim Verwaltungsgericht erhoben, wobei laut LBK-Sprecher Thorsten Vogel die Klage keine aufschiebende Wirkung für den Sofortvollzug bedeutet. Nach Ablauf der gesetzten Frist könne die Lokalbaukommission den Bescheid vollstrecken, etwa durch Festsetzung von Zwangsgeldern, sofern das Verwaltungsgericht die Frist auf gesonderten Antrag des Hauptmieters nicht aussetze; dies sei bisher nicht geschehen, teilt Sprecher Vogel mit.

Mit Blick auf die ungenehmigte Nutzung hat das Wasserwirtschaftsamt vor kurzem Grundwasseruntersuchungen auf dem Gelände an der Granatstraße vorgenommen. Ergebnis: Die entnommenen Grundwasserproben waren mit Kohlenwasserstoff verunreinigt; das Amt führt dies auf einen Eintrag durch Wasser zurück, möglicherweise aus einer Kfz-Waschanlage. Zum Schutz des Grundwassers sei nun jede weitere Einleitung von verunreinigten Wasser in die Sickerschächte zu unterlassen. Das Referat für Umwelt und Gesundheit habe bereits ein noch andauerndes Verfahren zur Unterbindung eingeleitet und den Verantwortlichen vor Ort die Notwendigkeit des Grundwasserschutzes erläutert, teilte ein Referatssprecher mit.

Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hat, wie seine Sprecherin auf Anfrage sagte, aufgrund der Stadtratsanfrage der Fraktion Grüne/Rosa Liste zum Thema einen runden Tisch angeregt, an dem alle Beteiligten besprechen, wie im Falle eines Fundes verfahren werden soll; es ist noch offen, wann diese Versammlung stattfindet.

In den vergangenen Wochen haben mehrere Wissenschaftler im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung Zweifel an der These von Klaus Mai geäußert. Wer nun Recht hat, wird sich erst nach den Grabungen auf dem Grundstück selbst erweisen. Derweil prüft die Staatsanwaltschaft München I immer noch die Anzeige auf Störung der Totenruhe, welche die Lagergemeinschaft Dachau vor mehreren Wochen aufgrund der Vermutungen von Klaus Mai gestellt hat.

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