Sicherheitskonzept für das Oktoberfest:Prosit, Poller, Polizisten

"Über einen Mangel an Regelungen kann man sich nicht beklagen": Die Münchner Behörden haben ihr neues Sicherheitskonzept für das Oktoberfest vorgestellt. Zum ersten Mal gibt es ein Verbot für Glasflaschen, einen Plan zur Bekämpfung von Rassismus - und Handys, die Betrunkene nach Hause lotsen.

Florian Fuchs, Christiane Lutz und Marco Völklein

Ein Verbot für Glasflaschen, Änderungen beim Reservierungswechsel und eine verstärkte Fahndung nach Taschendieben: Polizei und Kreisverwaltungsreferat haben am Dienstag ihr Sicherheitskonzept für das Oktoberfest vorgestellt. Die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) bietet während der zwei Wochen 6000 zusätzliche Fahrten bei U-Bahn, Bus und Tram an, die Aktion "Sichere Wiesn" erhofft sich von einer "Protect-App" mehr Schutz für Frauen auf dem Oktoberfest.

"Über einen Mangel an Regelungen kann man sich auf der Wiesn nicht beklagen", sagte KVR-Chef Wilfried Blume-Beyerle. Durch das Verbot, Glasflaschen mit auf das Gelände zu bringen, erhofft sich die Stadt weniger Scherben und Schnittverletzungen. Neu ist auch ein Bettelverbot, das sich vor allem gegen organisierte Banden richtet.

Um die Bekämpfung von Rassismus zu stärken, hat die Stadt erstmals die Ächtung fremdenfeindlicher und gewaltverherrlichender Parolen als zentrales Ziel in den Verbotskatalog aufgenommen. Um nach Problemen im vergangenen Jahr die Besucherströme zu entzerren, wird der Reservierungswechsel in der Schützenfesthalle dieses Jahr um 18 Uhr und im Winzerer Fähndl um 17 Uhr erfolgen.

Um eine unkontrollierte Zufahrt zum Festgelände zu verhindern, hat die Stadt wieder drei Sperrringe um die Theresienwiese gezogen, teilweise durch Sicherheitspoller geschützt. Die Polizei hat auf dem Festgelände 300 Beamte im Einsatz, 200 Polizisten sollen rund um das Fest für Sicherheit sorgen. "Es gibt keine Hinweise auf eine terroristische Bedrohung des Oktoberfestes", sagte Polizeivizepräsident Robert Kopp.

Allerdings sei von 2010 auf 2011 die Zahl der Taschendiebstähle um 46 Prozent auf 569 gestiegen. Die Polizei will deshalb verstärkt nach Tätern fahnden. Das KVR hat bereits vor Wiesnbeginn 44 Betretungsverbote für Personen ausgesprochen, die im vergangenen Jahr wegen Diebstählen oder Körperverletzungen auffällig geworden waren.

Neben den 6000 zusätzlichen Fahrten bei U-Bahn, Tram und Bus setzt die Deutsche Bahn 600 zusätzliche S-Bahnen ein, um bis in die Nachtstunden die Besucher von der Hackerbrücke und vom Hauptbahnhof wegzuschaffen. Wegen des Massenandrangs wird es insbesondere in den Abendstunden immer wieder zu kurzfristigen Sperrungen von U- und S-Bahnhöfen kommen. Bahn, MVG und Stadt bitten Besucher, wieder mehr zu Fuß zu gehen: Erstmals will die Stadt heuer zwei Fußwege vom Hauptbahnhof zur Wiesn ausschildern - getrennt nach Hin- und Rückweg.

Mit der kostenlosen "Wiesn Protect"-App bietet die Aktion "Sichere Wiesn" erstmals ein Programm, das unter anderem eine Liste mit Notrufnummern bereithält. Vor allem Touristinnen unterschätzten oft Alkohol und Menschenmassen und wüssten nach der dritten Maß nicht mehr, wo sie eigentlich übernachten, so Maike Bublitz, Sprecherin des Frauennotruf.

Dafür gibt es in der App ein Adressfeld, in das die Frauen ihren Übernachtungsort eintragen und sich bei Bedarf von ihrem Smartphone dorthin zurück lotsen lassen können. Im Sicherheitsbereich unterhalb der Bavaria kümmert sich ein Team aus Psychologen, Ärzten und Freiwilligen um Frauen, die in Schwierigkeiten geraten. Allgemein geht die Zahl zumindest der gemeldeten sexuellen Übergriffe auf der Wiesn zurück: 2010 wurde in 23 Fällen Anzeige erstattet, 2011 in 17 - darunter keine Vergewaltigung.

Für zusätzliche Sicherheit sorgen in diesem Jahr 70 Mitarbeiter eines von der Stadt engagierten Ordnungsdienstes. Erst zum zweiten Mal hat das Referat für Arbeit und Wirtschaft als Veranstalter des Oktoberfestes mit eigenen Ordnern auch ein eigenes Sicherheitskonzept mit KVR und Polizei abgestimmt - ein Verfahren, das bei Großveranstaltungen eigentlich Pflicht ist. Insofern, sagte KVR-Chef Blume-Beyerle mit einem Schmunzeln, sei das Oktoberfest bis zum vergangenen Jahr nie auf korrekte Weise genehmigt worden.

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