Süddeutsche Zeitung

Sicherheitskonferenz:So demonstriert München gegen die Sicherheitskonferenz

Junge Politikinteressierte, Altlinke, Flüchtlinge - und plötzlich taucht sogar Vitali Klitschko auf.

Vitali Klitschko, ehemaliger Profiboxer, ist als Bürgermeister der ukrainischen Hauptstadt Kiew auch in München zu Gast. Auf dem Max-Joseph-Platz haben sich einige ukrainische Demonstranten versammelt. Sie protestieren gegen die russische Besatzung und die Teilung ihres Landes. Klitschko hält spontan eine Rede.

Er ist einer von mehreren 100 Staatsoberhäuptern, Politikern und Sicherheitsexperten, die in München dieses Jahr über Sicherheit, Konflikte und Bündnisse sprechen. Kritiker sagen, es gehe in München nur um billige Showeffekte. Wirklich wichtige Dinge würden kaum vor Fernsehkameras und Journalisten besprochen. Befürworter sprechen von einem wichtigen Signal. Nur gemeinsam könnten die Nationen etwa gegen den Terrorismus bestehen.

Fast 2000 Menschen demonstrieren in der Münchner Innenstadt. Zur Anfangskundgebung auf dem Stachus finden sich aber erst knapp 850 ein. Auf den Plakaten fordern die Demonstranten die Abschaffung der Nato, weltweite Abrüstung, ein Ende der Abschottungen und die Anerkennung aller Asylanträge in Deutschland. Das Polizeipräsidium München spricht am Nachmittag von einem "sehr verhaltenen Zulauf" und einem "eher ruhigerer Samstag" ohne Vorfälle.

Vom Stachus aus "umzingeln" die Gegner der Sicherheitskonferenz das Tagungshotel Bayerischer Hof in der Innenstadt. Das heißt, sie marschieren im Zug grob um das Hotel herum - nahe ran dürfen sie ja nicht. Die Polizei hat großräumig abgesperrt. Die Passanten in den Einkaufsstraßen rund um den Marienplatz lassen sich vom Demonstrationszug aber nicht stören. Bei der Abschlusskundgebung auf dem Marienplatz sagt die Schauspielerin Lisa Fitz: "Frieden ist nicht selbstverständlich." Dies liege auch daran, dass viele Konzerne, Gruppen und Menschen von dem "Billiardengeschäft Krieg" profitieren würden.

Der Zug wandert über den Odeonsplatz zum Marienplatz. Angeführt wird er vom linken Motorradclub "Kuhle Wampe". Gleichzeitig bildet eine 300-köpfige Gruppe eine Menschenkette durch die Fußgängerzone. Während des Zugs stoßen immer mehr Menschen dazu, bis sich am Ende fast 1900 Menschen auf dem Marienplatz versammeln.

4000 Polizeibeamte sind dieses Jahr im Einsatz, um das Areal um den Bayerischen Hof großräumig abzusperren und die Zugänge zu kontrollieren. Auch drei Sprengstoffhunde sind dabei. Den Demonstrationszug begleiten etwa 600 Polizisten. Die ganze Strecke entlang achten sie tunlichst darauf, dass niemand auf Bäume klettert - und womöglich nicht mehr heruntersteigt. Solche Erfahrungen gab es zum Beispiel beim Flüchtlingscamp am Sendlinger Tor.

Die US-Regierung unter Präsident Donald Trump dringt im Moment darauf, dass alle Mitglieder der NATO ihren Verteidigungshaushalt anpassen. Das heißt konkret: erhöhen. Außer den USA gibt kein Land so viel aus wie angepeilt. Aufrüstung kann nicht die Lösung sein, das ist die Ansicht vieler Demonstranten, die jemand auf die griffige Formel "Untrump the world" bringt.

Aufrüstung führt zu militärischem Machtdenken führt zu Krieg und Gewalt führen zu Tod und Verderben - so muss man diese Verkleidung beim Demonstrationszug wohl interpretieren. Viele wüssten um die militärischen Konflikte, sagt eine Veranstalterin aus dem Aktionsbündnis. Allein: Es handle niemand.

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