Münchner Sicherheitskonferenz:Beinahe-Tragödie überschattet friedlichen Siko-Protest

Münchner Sicherheitskonferenz: An einer Protest-Kundgebung gegen die Münchner Sicherheitskonfernz am innerstädtischen Stachus nahmen mehrere Hundert Menschen teil.

An einer Protest-Kundgebung gegen die Münchner Sicherheitskonfernz am innerstädtischen Stachus nahmen mehrere Hundert Menschen teil.

(Foto: Robert Haas)

3500 Menschen demonstrieren am Samstag in München gegen Krieg und Umweltzerstörung. Dann übergießt sich ein 50-Jähriger mit Benzin und droht sich anzuzünden.

Von Martin Bernstein

Die Protestkundgebung gegen die Münchner Sicherheitskonferenz ist am Samstagnachmittag nur knapp einer Tragödie entgangen. Mitten auf dem zu diesem Zeitpunkt mit 2000 Kriegsgegnern gefüllten Stachus im Zentrum der Stadt versuchte ein Mann, sich selbst zu verbrennen. Polizisten griffen ein, bevor sich der 50-Jährige anzünden konnte. Der aus dem Irak stammende Münchner, der offenbar gegen den Krieg in seinem Heimatland protestieren wollte, wurde nach Polizeiangaben in eine psychiatrische Klinik gebracht.

Der Mann war bereits zuvor durch lautstarke Rufe aufgefallen. Mit einem plötzlichen Schrei kündigte er seine Tat an. Er schwenkte einen Benzinkanister über seinem Kopf und überschüttete sich mit der Flüssigkeit. Dabei rannte er mit einem Feuerzeug in der Hand schreiend in die Menge. Drei Beamten reagierten sofort. Einer stürzte sich auf den Mann und riss ihn um, die anderen fixierten seine Hände und Füße.

Der 50-Jährige wurde - unter dem Protest einiger Kundgebungsteilnehmer, die die Situation offenbar nicht vollständig erfasst hatten - weggetragen und ärztlich untersucht. Auf dem Platz verdünnten Polizisten die Benzin-Lache mit Wasser, um eine nachträgliche Entzündung zu verhindern. Münchens Polizeisprecher Marcus Da Gloria Martins bestätigte, dass man in den Taschen des 50-Jährigen ein Plakat gefunden habe, das auf den Krieg im Irak Bezug nimmt.

Die Proteste gegen die "Siko" verliefen weitgehend friedlich

Ein Großteil der Kundgebungsteilnehmer dürfte von dem Vorfall nichts mitbekommen haben. Die Proteste gegen die Sicherheitskonferenz verliefen wie geplant - und wie in den Vorjahren. Auffallend war allerdings, dass mehr organisierte Gruppen und weniger Familien als in den vergangenen Jahren in den beiden Demonstrationszügen mitliefen, die das hermetisch abgeriegelte Tagungshotel "Bayerischer Hof" symbolisch umstellten. Von 3000 Demonstranten und weiteren 500 Teilnehmern an der Menschenkette sprach am Ende die Polizei, die Veranstalter freuten sich über "5000, vielleicht sogar 6000" Protestierende.

Münchner Sicherheitskonferenz: "Kein Klima für Kriege": Nicht nur Fragen von Krieg und Frieden wurden bei den Protesten in München thematisiert, sondern auch Klimagerechtigkeit und Umweltzerstörung (s. Plakat im Hintergrund).

"Kein Klima für Kriege": Nicht nur Fragen von Krieg und Frieden wurden bei den Protesten in München thematisiert, sondern auch Klimagerechtigkeit und Umweltzerstörung (s. Plakat im Hintergrund).

(Foto: Robert Haas)

Möglicherweise hatten viele, vor allem junge Menschen ihre Anliegen bereits am Freitag auf die Straße getragen, bei der "Fridays for Future"-Demo am Mittag und einer weiteren Kundgebung gegen die Sicherheitskonferenz am Abend, zu der rund 800 Teilnehmer kamen. Sowohl am Freitagabend als auch am Samstag wurde Pyrotechnik gezündet, die einzige Störung im nach Polizeiangaben weitgehend friedlichen Demonstrationsgeschehen.

Nicht allein Fragen von Krieg und Frieden bestimmten die beiden Demonstrationen; Klimagerechtigkeit und Umweltzerstörung wurden ebenfalls thematisiert. Viele Demonstranten am Samstag griffen das auf selbst gestalteten Plakaten auf. "Klimaschutz statt Rüstung", stand da und: "Kein Klima für Kriege". Manchen freilich ging der Protest nicht weit genug, sie forderten eine deutlichere Betonung der - durch Rüstung und Kriege verschärften - Klimakrise.

Anmerkung der Redaktion:

Die Süddeutsche Zeitung berichtet in der Regel nicht über Suizide und versuchte Selbsttötungen, außer sie erfahren durch die Umstände besondere Aufmerksamkeit. Erste Anlaufstelle für Menschen in Krisensituationen ist die Telefonseelsorge (www.telefonseelsorge.de). Unter der kostenlosen Hotline 0800/1110111 oder 0800/1110222 erhalten Betroffene Hilfe von Beratern, die schon in vielen Fällen Auswege aus schwierigen Situationen aufzeigen konnten.

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