Unterdessen meldet sich der MVG-Kollege am Stadion und fragt, "wo seine Fans bleiben". Das Stadion sei nur zur Hälfte gefüllt. Laut MVG-Protokoll wird der Anpfiff in der Fröttmaninger Arena um fünf Minuten verschoben. Erst gegen 19.30 Uhr entspannt sich die Lage: Der Abfertiger am Goetheplatz meldet, dass nun wieder weitgehend leere Züge aus Süden anrollen.
Zudem nimmt die MVG einige U 3-Züge an der Münchner Freiheit vom Regelweg und führt sie weiter nach Fröttmaning. "Das ging noch mal gut", sagen MVG-Mitarbeiter. "Aber ob es beim nächsten Mal so glimpflich ausgeht, weiß keiner."
Tatsächlich warnt MVG-Chef Herbert König seit Jahren vor einer gefährlichen Überlastung der U-Bahn insbesondere zur Wiesn. "Es ist ein Unding, dass nach wie vor in der Wiesn-Zeit hochrangige Fußballspiele angesetzt werden, die sich zum Teil auch noch mit dem Berufsverkehr überschneiden", lässt er einen Sprecher ausrichten.
legen die Busse und Bahnen der MVG während der Wiesn zusätzlich zurück, für die MVG-Beschäftigten gilt während des Oktoberfests eine Urlaubssperre. Allein die Fahrer absolvierten im vergangenen Herbst 500 Extraschichten. "Wir gehen an unsere Leistungsgrenzen", sagt MVG-Chef Herbert König. "Die Wiesn ist immer Ausnahmezustand." Unterstützt werden die Kräfte der MVG in den Bahnhöfen auch von Mitarbeitern der Hamburger Hochbahnwache sowie weiterer Verkehrsunternehmen, darunter der BVG (Berlin) und der Wiener Linien.
Auf die Risiken habe man "x-fach hingewiesen" und darum gebeten, "bei der Terminierung von Spielen die Sondersituation Oktoberfest zu berücksichtigen". Gehör allerdings fand König nicht. So ist heuer unter anderem am 21. September ein Bayern-Heimspiel gegen Hertha BSC angesetzt. Wieder um 20 Uhr, wieder an einem Werktag mit viel Pendlerverkehr. Und wieder während der Wiesn.
Zum konkreten Fall aus dem September 2015 will sich der MVG-Sprecher nicht äußern. Der Bericht diene "primär zur kurzfristigen internen Information" und könne "einige Unschärfen enthalten". Auch die Polizei bestätigt lediglich, dass eine Hundertschaft an dem Abend am Odeonsplatz nicht zum Einsatz kam.
Ob ein entsprechender Notruf der MVG bei der Polizei eingegangen sei, könne "weder bestätigt noch dementiert werden", sagt ein Sprecher. Um das zu sagen, seien "zeitintensive Nachforschungen nötig". Die SZ hatte das Polizeipräsidium vor einer Woche um eine Stellungnahme gebeten.
MVG will heuer für Wiesn- und Fußball-Einsatz einige Mitarbeiter einsetzen
Ähnlich dünn sind die Aussagen des Polizeisprechers dazu, ob man denn Lehren aus dem Vorfall ziehen wird. Dazu erklärt er lediglich, MVG und Polizei würden "im Vorfeld von Großveranstaltungen mögliche Brennpunkte bewerten und Maßnahmen treffen". Die Einsatzkonzepte würden "aktuellen Entwicklungen und Erfahrungen angepasst". Konkreter fällt die Antwort der MVG aus: Sie will heuer für Wiesn- und Fußball-Einsatz "noch einige Mitarbeiter mehr zur Verfügung" stellen; zudem sollen "einzelne Bahnhöfe noch früher temporär gesperrt werden".
Möglich sei auch, Stationen vorsorglich zu schließen, sofern eine Überlastung absehbar sei. Dies hatte die MVG schon einmal geplant: Am 3. Oktober 2012 sollte der U-Bahnhof Universität einen ganzen Tag lang vom Netz gehen. Weil dann aber deutlich weniger Gäste als erwartet zum Fest anlässlich des Tags der deutschen Einheit auf die Ludwigstraße strömten, blieb der U-Bahnhof offen.
Zudem will die MVG heuer Züge des neuen Typs C2 bei Fußballspielen zwischen Münchner Freiheit und Fröttmaning pendeln lassen. Von diesem Typ hatte die MVG 2010 exakt 21 Stück gekauft, bisher sind nur drei davon zugelassen - und diese dürfen bislang nur auf der U 6-Nord fahren.