Sicherheit:München ist "ganz sicher die sicherste Millionenstadt in Deutschland"

Sicherheit: Die Sicherheitskonferenz ist einer der Großeinsätze, die auch dieses Jahr auf die Münchner Polizei warten.

Die Sicherheitskonferenz ist einer der Großeinsätze, die auch dieses Jahr auf die Münchner Polizei warten.

(Foto: Robert Haas)
  • Polizeipräsident Hubertus Andrä rechnet damit, dass auch 2017 die Zahl der Gewaltdelikte in München weiter gesunken ist.
  • Sorgen bereitet ihm, dass immer mehr Polizisten im Einsatz angegriffen und beleidigt werden. 2800 Beamte waren es im vergangenen Jahr.
  • Dass die Überstunden - rechnerisch sind es etwa hundert pro Beamten - 2018 groß abgebaut werden können, glaubt er mit Blick auf Sicherheitskonferenz, Oktoberfest, Landtagswahl und Fußball-WM nicht.

Von Thomas Schmidt

Eine Lücke klafft in den Köpfen vieler Münchner. Ein mentaler Graben zwischen der objektiven, statistischen Sicherheitslage in der Stadt auf der einen Seite, und einer gefühlten Unsicherheit auf der anderen. Davon ist Münchens Polizeipräsident Hubertus Andrä überzeugt. Woran das liegen mag? An der Überflutung mit Informationen, spekuliert Andrä. Die Menschen lesen über Verbrechen in Berlin oder im Ausland und denken, in München stünde es ähnlich schlecht. Oder sie glaubten Falschmeldungen, die sich über soziale Netzwerke verbreiten.

Die Wahrheit aber sei eine andere: Auch im vergangenen Jahr sei München "ganz sicher die sicherste Millionenstadt in Deutschland" gewesen. Vermutlich auch die sicherste von allen Städten mit mehr als 200 000 Einwohnern. Er rechne damit, dass 2017 die Zahl der Gewaltdelikte in München weiter gesunken ist. Das ist die gute Nachricht.

Der Polizeipräsident ist am Montag in den Münchner Presseclub gekommen, um das vergangene Jahr Revue passieren zu lassen und einen Ausblick auf 2018 zu geben. Mitgebracht hat er aber nicht nur gute Nachrichten. So seien im vergangenen Jahr 2800 Polizisten angegriffen worden, Beleidigungen mitgerechnet. Immer häufiger fühlten sich "Leute, die mit dem Einsatz überhaupt nichts zu tun haben, dazu berufen, sich einzumischen". Die zunehmenden Attacken auf Polizisten und Rettungskräfte seien "pervers" und "eine sehr bedenkliche Entwicklung", so Andrä. Hier müsse "auch die Justiz deutliche Worte sprechen".

Ein weiteres Problem der Münchner Polizei ist die gewaltige Arbeitsbelastung, die das Präsidium nach wie vor nicht in den Griff bekommt. 580 000 Überstunden stünden in den Büchern, rechnerisch etwa hundert pro Polizist. "Ich habe keine große Hoffnung", sagt Andrä, "dass wir das durch Freizeitausgleich abbauen können." Stattdessen hoffe er darauf, dass der Freistaat 2018 mehr Geld bereitstellt, um die Mehrarbeit zumindest ausbezahlen zu können. Außerdem sollen zusätzliche Stellen helfen. 500 waren es 2017, 500 weitere sollen in diesem Jahr folgen. "Das darf nicht das Ende der Fahnenstange sein", betont Andrä. "Das kann sich der Finanzminister ins Auftragsbuch schreiben."

Das Auftragsbuch der Münchner Polizei nämlich ist auch in diesem Jahr prall gefüllt. Neben den üblichen Großeinsätzen - Sicherheitskonferenz und Oktoberfest - herrsche weiterhin eine abstrakte Terrorgefahr, Demonstrationen müssen geschützt und Konsulate bewacht werden. Hinzu komme die Landtagswahl mit ihren Großveranstaltungen. Und natürlich die Fußball-Weltmeisterschaft im Sommer. Was die WM betrifft, schlügen zwei Herzen in seiner Brust, sagt Andrä. Für die Polizei bedeuten die vielen Public-Viewing-Veranstaltungen reichlich Arbeit. Andererseits: "Deutschland im Finale, das wäre schon cool."

Weitere Schwerpunktkontrollen am Hauptbahnhof geplant

Münchens Polizeipräsident Hubertus Andrä

Münchens Polizeipräsident mit seiner neuen blauen Uniform auf dem Marienplatz.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

Ebenfalls personalaufwendig sind die Schwerpunktkontrollen der Polizei am Hauptbahnhof, die 2018 konsequent fortgesetzt werden sollen, kündigt Andrä an. Die Straftaten dort seien zwar "deutlich rückläufig", aber "uns ist klar, dass es noch etwas zu tun gibt". Die Zahl der Obdachlosen sei in den vergangenen fünf Jahren um das Zwei- oder Dreifache gestiegen, sagt Andrä. Auch das führe zu Problemen am Hauptbahnhof.

Aus Polizeisicht stehen in diesem Jahr aber auch einige positive Änderungen an: Andrä hofft, dass der neue Kommunale Außendienst der Stadt (KAD) die Polizei ein wenig entlasten wird. "Für uns ist es eine Erleichterung, wenn wir nicht bei jedem kleinen Anlass hinfahren müssen." Zudem soll die Ausrüstung der Beamten weiter verbessert werden, nachdem im vergangenen Jahr bereits jeder Streifenwagen mit neuen Helmen und Schutzwesten ausgestattet wurde.

2018 sollen nun neue Dienstwaffen und Elektroschockgeräte folgen. Der Umstieg auf die blauen Uniformen soll in diesem Jahr abgeschlossen werden. Außerdem ist Andrä zufrieden mit dem bisherigen Test der neuen Bodycams, "ein probates Mittel, um Angriffe auf Polizisten nachzuweisen".

Von der Einführung einer Kennzeichnungspflicht hält der Präsident hingegen nichts. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte dem Freistaat im November dringend nahegelegt, auch Polizisten, die in geschlossenen Einheiten oder Sonderkommandos im Einsatz sind, eindeutig zu kennzeichnen. "Diese Diskussion geht an der Realität völlig vorbei", ärgert sich Andrä im Presseclub.

Er sei seit viereinhalb Jahren Münchner Polizeipräsident und kenne "keinen einzigen Fall, bei dem wir einen Kollegen beim Verdacht auf eine Straftat nicht zuordnen konnten". Zugleich gebe es "Szenen", die versuchten, Polizisten im privaten Umfeld auszukundschaften. Davor will er seine Beamten schützen - auch 2018 wieder.

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