Was läuft an Shows?:Die Lässigkeit des Ringkampfs

Lesezeit: 2 Min.

"Feuerwerk der Turnkunst": Das Duo Sienna zeigt eine Luftring-Nummer. (Foto: Ajdin Barucija)

Es muss nicht immer Wettstreit sein, das zeigen die Artisten beim „Feuerwerk der Turnkunst“ ebenso wie „Riverdance“ und zwei konkurrierende Breakdance-Weltmeister in München.

Von Michael Zirnstein

Oft zitiert, selten erreicht: Sprezzatura. Das ist die Fähigkeit, Schweres leicht erscheinen zu lassen. Der italienische Schriftsteller Baldassare Castiglione führte den Begriff bereits im 16. Jahrhundert ein, um Höflingen eine gewisse „Art von Lässigkeit“ anzuempfehlen, „die die Kunst verbirgt und bezeigt, dass das, was man tut oder sagt, anscheinend mühelos und fast ohne Nachdenken zustande gekommen ist“. Heute sagt man Coolness dazu. Und die gerät gerade im Show-Geschäft, und insbesondere im klassischen Zirkus oft in Gefahr, hinter allzu viel Posiererei zu verschwinden.

So ließe der Titel des zweiten Gastspiels bei Tollwoods „Festival du Cirque“ auf Strebertum schließen: „Humans 2.0“. Geht’s da um Besser-Menschen? Zum Glück eben nicht, der Chef der Kompanie Circa, der „Zirkusvisionär“ Yaron Lifschitz, spricht bei diesem Akrobatik-Tanz-Stück von den „Herausforderungen des Menschseins“. Und die beinhalten das Scheitern, also etwa das Einstürzen von Türmen aus Körpern (10. bis 14. Dezember).

Die stimmungsvollsten Weihnachts-Veranstaltungen
:Advent, Advent, noch ein Event

Weihnachts-Techno mit der „Jazzrausch Bigband“, Star-Lesungen mit Senta Berger und Hans Sigl, ein Christmas-Musical von Michael Schanze und viele weitere Anlässe, sich in München gemeinsam singend in Feststimmung zu bringen.

Von Michael Zirnstein

Oder beim irischen Tanz: Michael Flatley ist sicher Großmeister darin, aber in seinen Shows geht es eben um einen strahlenden, goldenen Helden, den „Lord of the Dance“. Seine alte Truppe, die ohne ihn unter dem Namen Riverdance als „das Original“ weitermacht, bleibt erzählerisch lieber auf dem Boden – nur um die Füße noch höher und schneller fliegen zu lassen, als wäre es das Leichteste der Welt. Dabei berichtet die Jubiläums-Show zum 25-jährigen Bestehen „vom facettenreichen Schicksal des irischen Volkes: von Auswanderung, Abschied, Aufbruch und Heimkehr“ (13. Dezember, Olympiahalle).

Im Eifer des Gefechts kann man schon mal die Contenance (Sprezzatura!) verlieren. Das sieht man oft bei Hip-Hoppern, die sich ja nicht nur im Rappen, sondern gern auch im Breakdance überbieten wollen. Zwei Weltmeister-Truppen prallen nun in München aufeinander, mit dem selben Konzept, nämlich „Klassik trifft Breakdance“, das aber räumlich getrennt voneinander. Denn was wäre das für ein Affront, würde die „Dance Floor Deconstruction Crew“ aus Würzburg ihrem Namen gemäß den neuen Tanzboden der „Flying Steps“ zerlegen?

Was würde Mozart tun, wenn er heute lebte - das demonstriert die Dancefloor Deconstruction Crew. (Foto: Flownmary)

Denn die Flying Steps aus Berlin haben in München, im niegelnagelneuen SAP Garden, eine Filiale ihrer Academy eröffnet, eine Tanzschule für Hip-Hop, Streetdance, Breakdance, Afro und House (www.flyingstepsacademy.bayern). Zur Einweihung zeigen sie ihre Familien-Show „Flying Bach“ auf einer 360-Grad-Bühne in der SAP-Halle (28. Dezember, 16 Uhr).

Man könnte sagen, das ist einzigartig – würde eben nicht die fränkische DDC mit „Breakin Mozart“ touren, wo eben auch klassische Musik auf Breakdance und Techno trifft (29. Dezember, 17 Uhr, in der alten Philharmonie im Fat Cat): Die Frage ist, was würde so ein Ausnahmekünstler tun, wenn er heute unter uns lebte?

Mit der Familien-Show "Flying Bach" feiern die Flying Steps ihre neue Tanzschule im Münchner SAP Garden. (Foto: Red Bull Content Pool)

Vielleicht wäre der Tastenartist Turner geworden. Dann aber sicher keiner, der bei Olympia um Zehntelpunkte ringt. Sondern einer, der die Bewegungen kreativ weiterspinnt, zum Vergnügen der Menschen. So wie die Veranstaltung „Feuerwerk der Turnkunst“ zu „Europas erfolgreichster Turnshow“ wurde (11. Januar, 14 und 19 Uhr), weil die sportliche Höchstleistung hier fast vergessen wird hinter der poetischen Verpackung – das aktuelle Programm „Gaia“ erzählt von der „Welt der Natur, in der Gegensätze zu einer Einheit verschmelzen“. Hier ist Anmut (la grazia) Trumpf – auch die ist ein Teil von Sprezzatura.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusPremiere am Gärtnerplatz
:Wenn Seeräuber Salti schlagen

Regisseur Adam Cooper inszeniert den Opern-Klamauk „Die Piraten von Penzance“ mit viel Getöse und segelt oft in allzu seichtem Humorfahrwasser.

Kritik von Michael Stallknecht

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: