Shootinggirl Claudia Koreck:Ein Herzebopperl macht Wellen

Mit viel Radiounterstützung ist Mundart-Sängerin Claudia Koreck auf dem Sprung zu Großem. Ihr Debüt "Fliang" wandelt auf den Spuren von Nicki und der Spider Murphy Gang - zumindest was den Erfolg angeht.

Stephan Handel

Ein einziges Mal entgleist Claudia Koreck während dieses einstündigen Gesprächs das Gesicht; da reißt sie die Augen auf und den Mund, als hätte sie gerade erfahren, dass Michael Jackson bei den Regensburger Domspatzen eingetreten ist.

Dabei war die Frage eigentlich ganz harmlos: ob sie bei der Produktion ihrer CD, ihres Erstlings "Fliang", daran gedacht haben, sie und der Produzent Gunnar Graewert, wie man es denn am besten machen könnte, dass das Ding auch im Radio richtig gut läuft. Denn, ehrlich gesagt: Manchmal hört sich's ein bisschen so an. Claudia Koreck schaut auf diese Frage so, als würde ihr gerade ein unsittlicher Antrag gemacht. Sonntags. Im Dom.

Dabei ist ja nichts Verwerfliches dran, auf das Airplay zu achten, auf die Vorlieben der Sender. Und Claudia Koreck ist das beste, das aktuellste Beispiel dafür: Im Mai gewann der Titelsong der CD - die damals noch nicht einmal erschienen war - einen Newcomer-Wettbewerb auf Bayern3, seitdem ist die 21-jährige, in München lebende Traunsteinerin so etwas wie das Herzebopperl der Welle.

Zwei- bis dreimal pro Tag läuft "Fliang" dort, was zum einen erstaunlich ist: Denn Claudia Koreck singt auf bairisch, und das ist im quoten- und formatgetriebenen Rundfunk normalerweise nicht erste Wahl. Zum anderen zeigt es, wie wichtig es für einen Künstler ist, im Radio gespielt zu werden. Bei Koreck führte die Adoption auf Bayern3 dazu, dass ihr Album in der vergangenen Woche auf Platz 15 in die Charts einstieg; das ist seit gefühlt der Spider Murphy Gang und Nicki zum ersten Mal wieder, dass ein Mundart-Künstler das geschafft hat.

Ein Herzebopperl macht Wellen

Auf einer stehen wie Hubert von Goisern

Also sitzt Claudia Koreck nun in einem Café in Schwabing, trinkt eine Johannisbeerschorle und erzählt, wie das alles so gekommen ist. Beziehungsweise: Dass das alles so kommen musste, auch wenn sie den Anteil Glück nicht unterschätzt, den haben muss, wer im Pop-Geschäft erfolgreich sein will.

Aber irgendwie zwangsläufig hört sich das schon an - wie sie mit sieben Jahren zum ersten Mal in einem Konzert war, Hubert von Goisern und die Alpinkatzen im Reichenhaller Sternenzelt. Wie sie von da an und sofort wusste, dass sie das auch will: auf einer Bühne stehen und singen. Wie sie bald beim Kinderliebling und Elternquäler Rolf Zuckowski mitsang. Wie sie die erste Band gründete, die erste Gitarre bekam, das erste eigene Lied schrieb. Wie sie herumtingelte überall dorthin, wo sie spielen konnte: "Im Chiemgau kenn' ich jede Kneipe."

Nach dem Abitur ein kleiner, eher halbherziger Versuch zu studieren. Aber dann: Rein in die Münchner Musikszene, Leute kennenlernen, Material anbieten, dazu Geld verdienen in Cover-Bands - sogar auf der Wiesn hat Claudia gesungen, vergangenes Jahr in der Schützenfesthalle, der härteste Gig der Welt. Aber sie lernt ihre Band kennen, zuerst den Gitarristen, dann den Bassisten und schließlich den Drummer, sie sitzen bei ihr zu Hause auf dem Speicher, spielen ihre Sachen, und sie weiß: Das ist es jetzt.

In Arthur Silbers Downtown-Studios dann, zuerst einen Produzenten verschlissen, in Gunnar Graewert den richtigen gefunden, der fügt Claudias Musik ein bisschen Finesse hinzu, hier eine Wurlitzer, da eine Ukulele, dort eine kleine Flamenco-Andeutung. Herausgekommen ist, und das ist keine Kritik, eine absolut radiotaugliche Produktion auf professionellem Niveau, ein wenig Annett Louisan (aber auf bairisch und ohne näseln), ein wenig Soul und Blues, wenn's sein muss.

Ein Herzebopperl macht Wellen

"Rock is doch a Gfui."

Am stärksten ist Claudia Koreck in den Balladen, denn sie sagt: "Rock is doch a Gfui." Sie singt von sich, von ihren Lieben und von ihrem Verlassen, vom Wunsch nach Freiheit und von den Zwängen, mit denen sie sich, wie die meisten 21-Jährigen, einfach noch nicht arrangieren will. Das ist manchmal etwas naiv, und dass es nicht so wahnsinnig poetisch ist, in einen Text Eheberater-Vokabular wie "an festn Partner ham" einzubauen, darauf wird sie selbst noch kommen.

Bei Hage Heins Blanko-Musik ist sie jetzt unter Vertrag, auf seinem Label Lawine ist die CD erschienen - und da schließt sich der Kreis, zurück nach Reichenhall vor 14 Jahren: Denn Hein arbeitet auch mit Hubert von Goisern zusammen, im Juni sang Claudia Koreck bei zweien seiner Konzerte im Vorprogramm und ein Duett mit ihm zusammen. Jetzt muss sie noch bei der Tanzband kündigen, in der sie bislang ihr Geld verdient hat. Nun soll es losgehen mit der eigenen Karriere; Ende September beginnt die Tournee, 30 Konzerte in Bayern, einige davon schon ausverkauft.

Wenn Claudia das erzählt, hat sie im Gesicht wieder diesen Ausdruck wie ein kleines Kind unterm Christbaum, das gar nicht so recht versteht, was ihm da gerade Wunderbares widerfährt. Steht ihr entschieden besser als das andere Gesicht, das sie macht, wenn jemand an dem zweifelt, was ihr am wichtigsten ist: ihr Musik.

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