Zwischen Moshpit und Dancefloor:Wütend gekreischte Lyrics, zu denen man tanzen kann

Lesezeit: 1 Min.

Die Musiker der amerikanischen Post-Punk-Band "Sextile" sind einst von Brooklyn nach Kalifornien getürmt. Jetzt bringen sie an einem Abend in der Roten Sonne Rock und Electro zusammen.

von Vivian Harris

Ein festes Regelwerk gibt es beim Zusammenstellen eines Albums nicht unbedingt. Klar ist es toll, wenn sich eine Dramaturgie erkennen lässt, sich seichte und schnelle Nummern ergänzen und die Lyrics den musikalischen Plot untermauern. Lautet das Kriterium für einen Song "Aber kann man dazu tanzen?", ist das fürs Endprodukt schon vielversprechend. Besonders wenn dieses eine Dance-LP werden soll.

Das Post-Punk-Trio Sextile hatte sich also eine ziemlich einleuchtende Einstiegsfrage für die Kompositionen ihres jüngsten Albums "Push" gestellt. Und mit den elf Songs vom vergangenen Herbst das "Post" im Genrenamen mehr als ausgereizt. Nach einigen Jahren der Rock-Dominanz sind die Electro-Einflüsse vom Gimmick, das mit dem aufbrausenden Gitarrengeheul konkurriert, zum musikalischen Protagonisten geworden: Rasante Drumtracks, ein Allerlei aus Synthesizer-Sounds und Rave-Passagen führen die Tracks an - auch wenn, in bester Punk-Manier, einige wütend gekreischte Lyrics nicht fehlen dürfen.

Denn so ganz kehrt man seinen Anfängen wohl nie den Rücken. Und die waren bei den Gründungsmitgliedern Brady Keehn und Melissa Scaduto in der Punkszene Brooklyns verankert, bis das Duo von New York nach Los Angeles umsiedelte. Der Umzug hatte praktische Gründe (mehr Wohn- und Proberaum zumindest ein bisschen weniger Geld), aber auch private (Drogenexzesse und der Wunsch, diese hinter sich zu lassen).

An der Westküste starteten Keehn und Scaduto also neu - und clean - durch. Ihre Inspirationsquelle, diverse Industrial- und Ambient-, Post- und Surf-Punk-Bands der Siebzigerjahre, imitierten sie da noch - bis zu einem gewissen Grad und bis zum zweiten Langspieler: Gemeinsam mit den neuen Bandmitgliedern, Multiinstrumentalist Eddie Wuebben und Bassist Kenny Elkin, bewegte sich Sextile auf "Albeit Living" (2017) immer mehr Richtung Tanzfläche, und kam ein Jahr später mit einem neuen Bassisten, der neuen EP "3" und eingängigen Synthie-Beats endgültig dort an.

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Nach dem plötzlichen Tod von Wuebben 2019 pausierte die Band zunächst, die Mitglieder probierten sich unter anderem an Solo-Projekten. Bis sie als Sextile wieder zusammenfanden und jetzt zeigen, wie naht- und mühelos Electro und Punk zusammengehen. Zum Beispiel am Samstag, 18. Mai, in der Roten Sonne, wo neben Techno- und House-Gigs auch Live-Konzerte stattfinden. Dort kann man dann spontan entschieden, ob man lieber den Dancefloor dominiert oder sich im Moshpit durchrütteln lässt. Oder beides. Festes Regelwerk gibt es hier keins.

Sextile, Samstag, 18. Mai, 19 Uhr, Rote Sonne, Maximiliansplatz 5

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