Seximusvorwürfe bei der Messe München:Gesellschafter streiten über Konsequenzen

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Streit bei den Gesellschaftern der Messe München: Welche Konsquenzen drohen dem beschuldigten Manager? (Foto: Renate Winkler-Schlang)

Ein leitender Mitarbeiter der Messe München soll seine Assistentin sexuell belästigt haben. Die Gesellschafter wussten davon, scheuten aber eine fristlose Kündigung. Nun streiten sie darüber, was mit dem beschuldigten Manager passieren soll.

Von Silke Lode und Michael Tibudd

Die Unruhe auf den Fluren und in den Büros der Messe München ist groß, seitdem öffentlich bekannt wurde, dass ein leitender Mitarbeiter eine Assistentin über Jahre verbal massiv belästigt und auch sexuell bedrängt hat. "Jeder ist gespannt, wie es weitergeht", sagt Betriebsratschef Stefan Ostermeier. "Kann das überhaupt sein, dass der nochmal ins Büro zurückkommt?" - diese Frage stellen sich offenbar viele Mitarbeiter der Messeverwaltung. In dieser Woche ist der beschuldigte leitende Angestellte auf einer Geschäftsreise in China und deswegen im Haus wie auch extern für Presseanfragen nicht erreichbar.

Bereits im Sommer 2012 hatte eine Mitarbeiterin mit Klagen über sexuelle Belästigung Hilfe bei einem Ombudsman gesucht. Messe-Chef Klaus Dittrich schaltete daraufhin die Gesellschafter ein, diese ließen die Vorwürfe untersuchen - und mahnten den Vorgesetzten noch während des laufenden Verfahrens ab. "Er hatte während der Untersuchungen Mitarbeiter vorgeladen und versucht, sie zu entlastenden Aussagen zu bewegen oder belastende Aussagen zurückzuziehen", begründet Oberbürgermeister Christian Ude den ungewöhnlichen Schritt. In seinen Augen zeigt dies einen "Mangel an Sensibilität und Stilgefühl der Führungskraft".

Im Stadtrat sprach Ude von einer "bedrückenden Vielzahl" von Fällen, bereits im Jahr 2005 sei eine andere Mitarbeiterin von demselben Vorgesetzten sexuell belästigt worden. Als Aufsichtsratschef der Messe hätte er eine fristlose Kündigung "angemessen und begrüßenswert" gefunden, erklärte Ude. Allerdings fand diese Maßnahme bei den anderen Gesellschaftern - dem Freistaat, der Handwerks- sowie der Industrie- und Handelskammer - keine Unterstützung.

Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) verteidigt nun diese defensive Haltung: "Die anderen Gesellschafter, zu denen ich als Aufsichtsratsvize übrigens nicht gehöre, kamen zu der Einschätzung, man könne das Risiko, das eine Klage mit sich bringen würde, nicht eingehen."

Vorwürfe würde für Kündigung ausreichen

Ein Fachanwalt, der die Gesellschafter in der Angelegenheit beraten hat, ist laut Ude zu der Einschätzung gekommen, die Vorwürfe seien schwerwiegend und für eine Kündigung ausreichend. Da bei vielen Vorwürfen Aussage gegen Aussage stehe, habe der Jurist die Chancen im Fall einer Klage auf "50:50" eingeschätzt. Zeil hingegen bezeichnet diese Aussage als "stark verkürzt". Einig sind sich die Gesellschafter, dass der Ende 2014 auslaufende Vertrag des Mitarbeiters nicht mehr verlängert werden soll. Auf Gespräche über eine vorzeitigen Auflösung seines Vertrags ist der Manager laut Ude nicht eingegangen.

Auch Betriebsratschef Ostermeier fordert eine "angemessene Konsequenz" für den Beschuldigten, "wenn sich die Vorwürfe bewahrheiten". Wenn es um einen gewöhnlichen Mitarbeiter gehen würde, "wäre schon längst eine Entscheidung gefallen", sagt er. Allerdings sorgt sich der Betriebsrat angesichts des öffentlichen Streits über die Personalie um das Ansehen der Messe - zumal sich die Verantwortlichen bei Stadt und Freistaat als wichtigste Gesellschafter im Wahlkampf befinden. Der Streit solle "nicht auf dem Rücken des Unternehmens" geschehen, verlangt Ostermeier.

Einig sind sich die Beteiligten, dass es keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Mitarbeiterin gibt. Ostermeier betont dies ebenso wie Ude. Bei der Untersuchung der Vorfälle habe die Frau "präzise, widerspruchsfreie Angaben gemacht und keine Zuflucht in pauschale Anschuldigungen genommen", berichtet Ude. Sie habe Details geschildert und immer wieder Hilfe gesucht, einmal habe sie sogar einen Verwandten in Polizeiuniform mit ins Büro genommen.

Zeil sagt jedoch, die Aussagen der Beteiligten würden divergieren, in einem gravierenden Fall habe eine Zeugin die Darstellung des Vorgesetzten bestätigt. Beispiele will er nicht nennen. "Die Beweislage ist höchst kompliziert", sagt Zeil und verweist darauf, dass die Gesellschaft bei einem Prozess die volle Beweislast tragen würden.

© SZ vom 21.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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