Süddeutsche Zeitung

Sepp Krätz:Münchens Parade-Promiwirt kehrt zurück

  • Im März 2014 wurde der frühere Wiesnwirt Sepp Krätz zur einer Bewährungs- und einer Geldstrafe verurteilt, weil er Steuern in Höhe von 1,1 Millionen Euro hinterzogen hatte.
  • Danach musste er sich zweieinhalb Jahre lang strikt im Hintergrund halten.
  • Erst seit Kurzem ist es ihm wieder erlaubt, Gäste zu bedienen und sich um Akquise und Reservierung zu kümmern.

Von Franz Kotteder

Darauf hat er lange gewartet, aber dass es nun so schnell gehen würde, hat ihn dann doch überrascht: Sepp Krätz darf wieder in der Münchner Gastronomie tätig werden. Der neue Kreisverwaltungsreferent Thomas Böhle (SPD) teilte dem 61-jährigen ehemaligen Wiesnwirt und Betreiber des Hippodroms Anfang Juli schriftlich mit, dass die Stadt ihn nun wieder für vertrauenswürdig genug halte, Gäste zu bedienen und sich um Akquise und Reservierung zu kümmern. Auch in Küche und Schänke seiner Lokale darf er sich wieder aufhalten. Es habe "keine negativen Vorkommnisse beziehungsweise Auflagenverstöße gegeben, die dem entgegenstünden, so Böhle.

Das ist schon einmal der erste Schritt zu einer neuen Gaststättenkonzession für Krätz, der den Ball freilich noch flachhält: "Ich bin schon froh, dass ich wieder meiner Lieblingsbeschäftigung nachgehen kann: Gäste bedienen." Und tatsächlich sieht man ihn im Andechser am Dom seit dem 1. August immer wieder mal mit dem Tablett in der Hand Getränke servieren.

Nach der Verurteilung wegen Steuerhinterziehung musste er sich zweieinhalb Jahre lang strikt im Hintergrund halten, während seine Frau und seine Schwester das Hippodrom auf dem Frühlingsfest führten, das nun während der Wiesn in den Postpalast ausgewichen ist. Seine Tochter Stephanie kümmerte sich derweil um das Lokal Andechser am Dom. "Ich habe nicht einmal Teller abräumen dürfen", sagt Krätz, "die Lokale waren für mich praktisch tabu."

Lediglich in der Waldwirtschaft Großhesselohe, wo seine Karriere 1981 Fahrt aufgenommen hatte, durfte er weiterhin als einer von drei Geschäftsführern tätig bleiben, so das zuständige Landratsamt. Die Zwangspause ist ihm nicht leichtgefallen, er überbrückte sie, indem er sich der Zucht von Wagyu-Rindern auf dem Bauernhof seiner Eltern im Fürstenfeldbrucker Hinterland widmete.

Wer Sepp Krätz ein bisschen kennt, der weiß jedenfalls, dass er noch keineswegs am Ziel all seiner Wünsche angekommen ist. Er sagt zwar: "Ich bin froh, dass ich jetzt meine Mitarbeiter, denen ich zu großem Dank verpflichtet bin, wieder unterstützen kann." Aber er merkt auch an, dass andere in seiner Lage inzwischen schon wieder als Aufsichtsrat und Präsident kandidieren dürfen. Da handelt es sich natürlich um Uli Hoeneß, und was ist eine Gaststättenkonzession gegen eine Präsidentschaft?

Krätz galt schon früh als großes Talent in der Münchner Gastronomieszene. Der gelernte Metzger hatte erst in der hauseigenen Metzgerei des Hirschgartens und zusätzlich noch als Schankkellner gearbeitet, bis die Spaten-Brauerei auf den fleißigen jungen Mann aufmerksam wurde und ihm die heruntergekommene Waldwirtschaft übertrug. Die machte er bald zum beliebten Ausflugslokal und Promitreff. Für den Zeitgeist hatte er immer schon eine Nase, mit Prominenten wusste er ebenfalls umzugehen, und lange Zeit schien ihm alles zu glücken, bis hin zum eigenen Wiesnzelt, dem Hippodrom.

Den Tiefpunkt seiner Karriere als Wirt hatte Krätz am 28. März 2014 erreicht. An diesem Tag verurteilte ihn das Landgericht München zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten, die auf Bewährung ausgesetzt wurde, sowie zu einer Geldstrafe von 570 000 Euro. Krätz hatte zugegeben, Steuern in Höhe von 1,1 Millionen Euro hinterzogen zu haben. Das Geld, so hatten die Steuerfahnder ermittelt, sei hauptsächlich an der Champagner-Bar im Wiesn-Hippodrom und auf der großen Freischankfläche des Andechser am Dom abgezweigt worden. Dass Krätz sich "nicht so um das Kaufmännische gekümmert" habe, wie er erklärte, nahm ihm das Gericht nicht ab.

Was dann folgte, war die logische Konsequenz aus der Verurteilung. Die Münchner Kreisverwaltungsbehörde entzog ihm die Konzession als Wirt für den Andechser, und mit seinem Hippodrom flog er von der Wiesn. Gleichzeitig erließ der damalige Kreisverwaltungsreferent Wilfried Blume-Beyerle ein Betätigungsverbot in der Gastronomie wegen "Unzuverlässigkeit", die sich durch die Steuerhinterziehung erwiesen habe. Erst in ein paar Jahren könne man darüber nachdenken, ob Krätz wieder eine Konzession bekomme. Blume-Beyerle hatte von bis zu fünf Jahren gesprochen, obwohl ein Gericht Krätz schon damals bescheinigt hatte, drei Jahre würden auch reichen; das Gaststättenrecht schreibe ja nicht vor, eine Existenz zu vernichten.

Die drei Jahre sind bald vorbei. Dann könnte Sepp Krätz also sein Spätwerk angehen. Ob er sich noch einmal um einen Platz auf der Wiesn bewerben wird, das Hippodrom-Zelt ist ja noch immer eingelagert? Auf seinem Standplatz wird derzeit gerade der Marstall von Siegfried Able aufgebaut. Krätz sagt, das sei für ihn kein Thema, er habe ja derzeit keine Konzession.

Auf der Theresienwiese ist er während des Oktoberfests jedoch trotzdem vertreten: Zwei Prachtexemplare seiner Wagyu-Rinder werden nämlich in der Tierschau des Zentrallandwirtschaftsfestes zu sehen sein.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3141984
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 31.08.2016/infu
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.