Senioren mit Minijobs:Putzen, räumen, Zeitung austragen

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Manche Rentner jobben noch viele Jahre, um ihre Kasse aufzubessern - oder auch eine sinnvolle Tagesstruktur in ihr neues Leben zu bringen. (Foto: Fredrik von Erichsen/dpa)

Viele Rentner müssen sich etwas dazuverdienen, weil ihre Rente nicht zum Leben reicht. Sie arbeiten im Supermarkt, als Putzfrau oder als Zeitungsausträger. Und die Prognosen sagen: Wenn sich in der Rentenpolitik nicht bald was tut, könnte die Zahl der Minijobber weiter wachsen.

Von Beate Wild

Sie gehen putzen, räumen Supermarktregale ein oder tragen Zeitungen aus: Immer mehr Senioren jobben, um sich ein Zubrot zu ihrer Rente zu verdienen. In Bayern haben fast 140.000 Menschen über 65 einen sogenannten Minijob, 15.000 davon alleine in München.

"Wir haben immer mehr Rentner, die mit ihrem Geld nicht über die Runden kommen und nebenher arbeiten müssen", sagt Ulrike Mascher, Vorsitzende des größten deutschen Sozialverbandes VdK. Im Vergleich zu 2004 ist die Zahl der Senioren mit Minijobs um rund 15 Prozent gestiegen. Erschreckend sei, dass unter den arbeitenden Rentnern in Bayern fast 25.000 über 75 Jahre alt seien.

Der Grund, warum immer mehr alte Menschen dazu verdienen müssen, ist für Mascher klar: "In den vergangenen Jahren haben die Renten erheblich an Kaufkraft verloren." Nicht nur, dass bei Mieten, Lebensmitteln und anderen Dingen des täglichen Gebrauchs die Preise ständig steigen würden. "Auch die Rentenanpassung ist in den letzten Jahren weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben", so Mascher.

Laut Statistik der Deutschen Rentenversicherung erhielten langjährig Versicherte im Jahr 2000 noch 1020,54 Euro Rente im Monat, 2011 waren es noch 953,39 Euro. Noch drastischer sieht es bei den Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit aus. Erhielten die Empfänger im Jahr 2000 737,59 Euro, waren es 2011 nur noch 634,44 Euro. Gründe für den Rückgang sind vor allem strukturelle Veränderungen in der Arbeits- und Lebenswelt sowie beim Erwerbsverhalten, wie etwa Selbständigkeit, Auszeiten wegen Kindererziehung oder Teilzeitbeschäftigung.

Müssen Senioren ihre Rente aufbessern, haben sie auf dem Arbeitsmarkt nur eine äußerst beschränkte Auswahl an Angeboten. Die meisten putzen, tragen Zeitungen aus, räumen Regale im Supermarkt ein, übernehmen Schichten als Wachmänner oder sitzen an Hotlines in Callcentern. Stellen finden Arbeitswillige entweder bei der Minijob-Zentrale oder bei Jobportalen im Internet. Sucht man nach Rentnerjobs in München, spuckt das Netz Angebote aus wie: Fahrzeugüberführer, Allround-Handwerker für Dienstleistungsunternehmen, Parkplatzanweiser, Schankkellner oder Kassenkraft aus. Nicht gerade hoch dotierte Tätigkeiten.

Frührentner dürfen seit dem 1. Januar 2013 eine Summe von 450 Euro pro Monat dazu verdienen. Für Rentner über 65 Jahren gibt es keine Einkommensbegrenzung mehr, wobei viele der jobbenden Senioren aus Alters- und Gesundheitsgründen sowieso nur stundenweise arbeiten. "Freilich gibt es die Gruppe der Rentner, die noch aushilfsweise in ihrem früheren Beruf weiterarbeitet, weil es ihnen so gut gefällt und sie nicht loslassen können", sagt Mascher vom VdK, "doch die meisten Rentner jobben, weil sie das Geld dringend brauchen." Denn wer im Alter rüstig sei und sich einfach nur beschäftigen wolle, würde verständlicherweise lieber ehrenamtlich arbeiten, als morgens um fünf Uhr die Zeitung auszutragen.

Die Prognose für die Zukunft macht alles andere als Mut. Für die nächsten Jahre müsse sich Deutschland auf eine steigende Altersarmut einstellen, vermutet Mascher. "Wenn sich in der Rentenpolitik nicht bald was tut, wird die Zahl der Minijobber weiter wachsen."

© SZ vom 04.02.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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