Sendling-Westpark:Luftnummer

Der Bezirksausschuss Sendling-Westpark fordert bisher vergeblich die Messergebnisse der Schadstoffe im Münchner Südwesten ein. Für das Referat für Gesundheit und Umwelt geht Qualität vor Schnelligkeit

Von Berthold Neff, Sendling-Westpark

Der Mittlere Ring durchzieht das Viertel, mit Anschluss an zwei stark befahrene Autobahnen: Kein Wunder, dass man im Bezirksausschuss (BA) Sendling-Westpark endlich wissen will, wie es um die Luft im Münchner Südwesten bestellt ist - gerade auch mit Blick auf die hohe Belastung durch das von Dieselmotoren ausgestoßene Stickstoffdioxid. "Wir können den Anwohnern an der Einhornallee angesichts dieser Diskussion um die hohen Schadstoffe nicht zumuten, bis Mai 2018 zu warten, bis endlich Messergebnisse vorliegen", wetterte der BA-Vorsitzende Günter Keller (SPD) am Dienstagabend in der Sitzung des Bürgergremiums.

Grund für die tiefe Verärgerung quer durch die BA-Fraktionen ist, dass die Stadt zwar schon seit Jahresbeginn an insgesamt acht Messpunkten die Schadstoffbelastung am und in der Nähe des vor zwei Jahren eröffneten Tunnels Südwest ermittelt, die Werte aber frühestens im Frühjahr 2018 bekanntgeben will. Als Grund dafür gibt das städtische Referat für Gesundheit und Umwelt (RGU) an, dass die bisher ermittelten Zwischenergebnisse noch nicht "endgültig qualitätsgesichert" seien. Sie müssten mit der Vergleichsstation Stachus des Lufthygienischen Landesüberwachungssystems Bayern abgeglichen werden, um sicherzugehen, dass die Messungen richtig sind.

Sendling-Westpark: Eine belastende Schneise: Die Bewohner der Häuser an der Einhornallee leiden wohl am meisten unter dem Lärm und den Schadstoffen, die der Verkehr auf der Garmischer Autobahn verursacht.

Eine belastende Schneise: Die Bewohner der Häuser an der Einhornallee leiden wohl am meisten unter dem Lärm und den Schadstoffen, die der Verkehr auf der Garmischer Autobahn verursacht.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Mit diesen Angaben aus der Sitzungsvorlage des Referats mochten sich die BA-Mitglieder schon in der Juni-Sitzung nicht zufriedengeben. Sie forderten damals, dass ein RGU-Experte ihnen Rede und Antwort steht. Das versuchte am Dienstagabend der Diplom-Meteorologe Ulrich Teichmann, im RGU unter anderem mit Fragen der Luftreinhaltung befasst. "Qualität geht vor Schnelligkeit", sagte Teichmann, konnte die BA-Mitglieder aber nicht so recht überzeugen. "Sie messen doch schon mehr als ein halbes Jahr", wandte CSU-Fraktionssprecher Alfred Nagel ein, und BA-Chef Keller assistierte: "Ein halbes Jahr hätte doch reichen müssen, um zu sehen, ob richtig gemessen wird."

Heftig wurde auch das Verhalten des Freistaats kritisiert, der - ein Gerichtsurteil ignorierend - die Liste mit der Stickstoffdioxid-Belastung Münchens erst verspätet vorgelegt hat. Und für jene Stellen, wo die Belastung wohl besonders hoch ist, lege man gar keine Zahlen vor, kritisierte SPD-Fraktionssprecher Walter Sturm. Es sei nicht nachvollziehbar, dass für die Fürstenrieder Straße auf Höhe Waldfriedhof hohe Werte angegeben worden seien, aber für die sich unmittelbar anschließende Garmischer Autobahn, "auf der sich jeden Werktag ein Riesenstau entwickelt, keinerlei Schadstoffwerte berechnet wurden".

Sendling-Westpark: Oft geht es nur zäh voran: Auf dem Mittleren Ring - hier in Sendling - rollt täglich eine Auto-Lawine durch den Münchner Südwesten.

Oft geht es nur zäh voran: Auf dem Mittleren Ring - hier in Sendling - rollt täglich eine Auto-Lawine durch den Münchner Südwesten.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Gemessen hat der zuständige Freistaat dort sowie an fast allen Stellen der Stadt ohnehin nicht, die Belastung wurde lediglich anhand des Verkehrsaufkommens errechnet. Und diese Rechenmodelle, so RGU-Experte Teichmann, funktionierten nur dort, wo die Straße relativ nah von Bauten gesäumt wird. Stehen die Häuser zu weit weg, kann man das Rechenmodell nicht verwenden. Teichmann verwies darauf, dass mit Hilfe der nun von Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) angekündigten 20 städtischen Messgeräte auch überprüft werden soll, ob die Belastung dem entspricht, was die Rechenmodelle ergeben.

Verwendet werden dazu genau jene Geräte, die in Sendling-Westpark zu Jahresbeginn aufgestellt wurden, um die Schadstoffbelastung rund um den neuen Tunnel zu messen. Eines steht an der Einhornallee, an der entlang die Garmischer Autobahn führt. Deren Werte und die aller anderen Stationen wollen die BA-Mitglieder nun schnellstens erfahren. Wenn schon nicht den Jahresmittelwert, so doch zumindest den Monatsmittelwert, sagte BA-Chef Keller. Das wurde ebenso einstimmig beschlossen wie die Forderung, ein Viertel der städtischen Messanlagen in Sendling-Westpark aufzustellen. "Der Antrag landet jetzt auf dem Tisch vom Oberbürgermeister, dann schauen wir mal, was er dazu sagt", schloss CSU-Sprecher Alfred Nagel.

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