Sendling/Westpark:In kleinen Schritten die Welt retten

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Kühlende Natur: begrünte Fassade an der Inneren Wiener Straße. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Die Grünen wollen im Detail wissen, wie die Stadt die Münchner Klimaschutzziele erreichen will. Sie fordern konkrete Vorschläge auf Stadtviertel-Ebene und die Einbeziehung der Bezirksausschüsse

Von Berthold Neff

Selbst wenn das Ziel noch so groß ist, man erreicht es nur mit kleinen Schritten. Wer die Welt vor dem Klimakollaps retten will, muss damit vor der eigenen Haustür anfangen, also lokal handeln, um global etwas zu bewirken. Das ist der Grundgedanke, der die Grünen im Bezirksausschuss (BA) Sendling-Westpark bewogen hat, mittels einer groß angelegten Anfrage auszuloten, wie die Stadt sicherstellen will, dass die Menschen im Viertel ihr Leben so ändern können, dass die Umwelt weniger belastet wird, dass es gelingt, die Klimaerwärmung einzudämmen oder - im Idealfall - gar zu stoppen. Das von der Grünen-Fraktionssprecherin Maria Hemmerlein präsentierte Papier wurde in dieser Woche von den Stadtviertelpolitikern einstimmig beschlossen.

Die Grünen-Politikerin erinnert daran, dass der Klimaschutz für alle politischen Ebenen die wohl wichtigste, aber auch schwierigste Aufgabe der kommenden Jahre darstellt. Nicht von ungefähr habe der Stadtrat bereits 2019 den Klimanotstand ausgerufen und sich zum Ziel gesetzt, bis 2035 klimaneutral zu werden. Genau dies, so Hemmerlein, werde nur gelingen, wenn die Menschen in ihrem Umfeld, also in ihrem Viertel, radikal umdenken, wenn man ihnen dort, wo sie wohnen, die Voraussetzungen bietet, umweltschonend zu leben. Dies betreffe allein in Sendling-Westpark etwa 60 000 Bürgerinnen und Bürger, also die Einwohnerzahl einer mittleren Kleinstadt.

Hemmerlein zufolge ist es unerlässlich, dass die Stadtverwaltung zur Umsetzung der Münchner Klimaschutzziele den Weg in die Stadtviertel nimmt und dabei auch die Bezirksausschüsse einbezieht. Ein solcher "Quartiersansatz" sei bereits vom Sachverständigenrat für Umweltfragen vorgeschlagen worden. Es wäre, so die Grünen, sicher auch sinnvoll, städtische Beratungen wie zum Beispiel das Bauzentrum zu dezentralisieren, also den Menschen dort Angebote zu machen, wo sie wohnen. Wichtig wäre vor allem, die Umweltbildung zu verstärken, also den Menschen zu vermitteln, dass sie selbst, durch ihren privaten Konsum, wichtige Impulse für den Klimaschutz setzen können.

Alle Punkte in der Grünen-Anfrage betreffen zunächst einmal Sendling-Westpark, können aber auf jedes andere Stadtviertel übertragen werden. Gibt es Pläne, den Straßenraum und andere befestigte Flächen zu entsiegeln, um in besonders heißen Sommern die Temperaturen zu reduzieren? Ist daran gedacht, mehr Wasserflächen und Schattenbereiche zu schaffen, die ebenfalls zur Kühlung beitragen? Wie hält man es mit den öffentlichen Bauten wie Schulen und Kindertagesstätten, in denen man es an heißen Tagen - besonders bei der Unterbringung in Containern - kaum aushalten kann? Könnten Programme zur Dach- und Fassenbegrünung wenigstens halbwegs Abhilfe schaffen? Und wie will man sicherstellen, dass kühlere Luft aus dem Umland über Kaltluftschneisen ins Stadtinnere gelangt? Dazu gab es in der BA-Sitzung am Dienstagabend gleich einen Hinweis: Es sollte unbedingt vermieden werden, dass im Lochhamer Schlag im Westen der Stadt im großen Umfang Kies abgebaut, also Wald gerodet wird. Von dort nämlich gelangt durchaus kühlere Luft in die Stadt, sogar bis in die zentrumsnahen Gebiete.

Klar ist auch, dass dem Verkehr eine tragende Rolle beim Klimaschutz zukommt. Aber um die umweltfreundliche Fortbewegung in der Stadt zu sichern, ist vieles nötig. Es geht darum, den motorisierten Individualverkehr zu reduzieren, dem Fuß- und Radverkehr mehr Platz einzuräumen und die E-Mobilität zu stärken, durch deutlich mehr öffentliche Ladestationen für E-Autos und E-Bikes. Und da der Energieverbrauch beim Strom und Heizen für etwa 14 Prozent des Klimakillers Kohlendioxid verantwortlich ist, muss auch in diesem Bereich der Verbrauch fossiler Brennstoffe reduziert werden. Die Grünen fordern genaue Zahlen darüber, wie die Programme zur Energieeinsparung und Wärmedämmung im Viertel greifen und welche Pläne es gibt, den Bestand der städtischen Wohnungsbaugesellschaften energetisch zu sanieren.

Und haben zum Schluss noch eine überraschende Anregung: Vielleicht könnten auch Mini-Windkraftanlagen helfen, einen Weg aus der Klima-Krise zu finden.

© SZ vom 03.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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