Sendling-Westpark:Der schwarze Peter geht um

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Begehrt: die frühere Landesgehörlosenschule, neben dem Sportplatz. (Foto: Google earth)

Der Streit um den Bildungscampus auf dem Areal der ehemaligen Landesgehörlosenschule hat längst höhere politische Ebenen erreicht. Lokalpolitiker werfen dem Freistaat Verzögerung bei den Grundstücksverhandlungen vor

Von Berthold Neff, Sendling-Westpark

Große Hoffnungen verbinden sich mit dem Bildungscampus Westpark, der an der Nahtstelle der drei Stadtbezirke Sendling-Westpark, Hadern und Laim entstehen soll. Vor wenigen Monaten sah es ganz danach aus, als könnte das Vorhaben schneller als gedacht Wirklichkeit werden. Der Freistaat, dem das Areal der ehemaligen Landesgehörlosenschule gehört, hatte der Stadt nach langer Wartezeit ein "quantifiziertes Erwerbsangebot" unterbreitet, doch noch bevor die Stadt das Angebot durch ihr Bewertungsamt prüfen konnte, zog der Freistaat seine Offerte vier Wochen später zurück - das Warten beginnt also aufs Neue.

Im Bezirksausschuss Sendling-Westpark sieht man diese Verzögerung kritisch, denn das Ludwigsgymnasium und das Erasmus-Grasser-Gymnasium sind wegen ihrer Raumnot auf einen Neubau dringend angewiesen. Geplant war auch, auf diesem Gelände entlang der Lindauer Autobahn eine Realschule zu errichten, einige der neuen Räume hätten die Schulen dann gemeinsam nutzen können. Das Areal mit der Adresse Fürstenrieder Straße 155 war bisher auch als Standort für eine Flüchtlingsunterkunft vorgesehen. Ob die Regierung von Oberbayern an dem Plan festhält, dort für die Dauer von zwei Jahren eine Leichtbauhalle zu errichten, hängt entscheidend davon ab, wie hoch die Zahl der Flüchtlinge künftig sein wird.

Dass der Streit um den Bildungscampus längst die politische Ebene erreicht hat, wurde am Dienstagabend in der Sitzung des Bezirksausschusses (BA) klar. Der Vorsitzende Günther Keller (SPD) hatte das Thema auf die Tagesordnung setzen lassen, um zu zeigen, wer für den Stillstand verantwortlich ist. Keller referierte den Sachstand und erläuterte auch, weshalb er sich genötigt sah, sich mit einem offenen Brief an Bildungsstaatssekretär Georg Eisenreich (CSU) zu wenden. Denn dieser hatte zwei E-Mails, die Günther Keller ihm bereits im Juli 2015 geschickt hatte, nicht beantwortet.

Genüsslich zitierte Keller aus Texten auf der Homepage des CSU-Landtagsabgeordneten Eisenreich: "Inzwischen konnte ich erreichen, dass das Bayerische Finanzministerium seine Bereitschaft erklärt hat, das für den Bildungscampus notwendige Grundstück an die Stadt München zu verkaufen." Keller merkte an, dass die Bürger auf dieser Homepage "nicht den tatsächlichen Stand erfahren" könnten, wie es nun mit dem Bildungscampus weitergeht.

Keller legte auch einen Brief des städtischen Kommunalreferates vor, in dem Details über die "plötzliche und unerwartete Kehrtwende des Freistaates" genannt werden. Als Begründung sei der Stadt mitgeteilt worden, "dass der Freistaat Bayern sich entschieden hat, Grundstücke grundsätzlich nur noch im Tauschwege oder im Erbbaurecht zu vergeben". Kellers Fazit: "Die Gründe für die Verzögerungen liegen eindeutig nicht bei der Landeshauptstadt München, sondern beim Freistaat."

Keller hebt hervor, dass Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) "auf die neue Entwicklung konstruktiv reagiert und ein Tausch-Grundstück ins Gespräch gebracht hat". Reiter hat den entsprechenden Brief bereits am 18. Januar an Bayerns Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) abgeschickt, doch die Antwort ließ auf sich warten. Staatskanzleichef Marcel Huber antwortete am 10. März, man habe Finanzminister Markus Söder (CSU) gebeten, über die Liegenschaftsverwaltung umgehend Verhandlungen mit der Stadt über ein solches Tauschgeschäft aufzunehmen. Auch die Vergabe eines Erbbaurechts sei nach wie vor eine realistische Möglichkeit.

Die CSU hat sowohl im Bezirksausschuss als auch im Stadtrat mehrmals gefordert, das Projekt "mit hoher Priorität" voranzutreiben - zuletzt mit einem Stadtratsantrag am 21. Mai 2015. Dass die Verzögerungen nun dem Freistaat anzulasten sind, passt der CSU weder im Stadtviertel noch auf Rathaus-Ebene ins Konzept. CSU-Fraktionssprecher Alfred Nagel, der im Bezirksausschuss gerne zu Reden von beachtlicher Länge ansetzt, gab sich dementsprechend eher wortkarg. Da "wir alle den Bildungscampus wollen", sei zu hoffen, "dass es schneller geht". BA-Chef Keller sagte, bedauerlicherweise habe man nun ein ganzes Jahr verloren, "in dem nichts passiert ist". Zum Glück sei die Stadt ihrer Verantwortung nachgekommen und habe schnell reagiert. Nun werde sich "hoffentlich auch der Freistaat bewegen".

© SZ vom 28.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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