Sendling-Westpark:Der große Wurf lässt auf sich warten

Sendling-Westpark: Warten auf den Abriss: Geplant ist, an dieser Stelle einen Neubau zu errichten, doch der Investor lässt sich Zeit.

Warten auf den Abriss: Geplant ist, an dieser Stelle einen Neubau zu errichten, doch der Investor lässt sich Zeit.

(Foto: Stephan Rumpf)

Ödnis und leerstehende Bauten prägen weiterhin das ehemalige Ladenzentrum an der Waldfriedhofstraße. Von den fünf Jahre alten Neubauplänen ist noch nichts verwirklicht - die Nahversorgung ist gefährdet

Von Berthold Neff, Sendling-Westpark

Vor fast fünf Jahren gab es noch Grund zur Hoffnung, dass an der Waldfriedhofstraße/Ecke Fürstenrieder Straße, der große Wurf gelingen könnte - ein Quartierszentrum sollte die in die Jahre gekommenen, zum Teil leer stehenden Bauten ersetzen. Im Mai 2015 verhandelte Investor Christian Lealahabumrung von der privaten Vermögensverwaltung Rock Capital Group mit der Stadtverwaltung bereits über Details wie Anfahrtswege und Lieferrampen. Seitdem hat sich nichts getan, außer dass die Gültigkeit des Antrags auf Vorbescheid bis 2021 verlängert wurde, über die Gründe für die Verzögerung hält sich der Investor bedeckt.

Bei Rock Capital aus Grünwald figuriert das Vorhaben unter dem Namen "LENA" nur auf der Homepage, als "Quartierzentrum mit hochwertigen Einzelhandelsflächen sowie studentischem Wohnen in den Obergeschossen". Im gesamten Waldfriedhofviertel hatte man sich davon eine Initialzündung für die Umgebung erhofft.

Wie groß inzwischen die Enttäuschung ist, wurde am Dienstagabend in der Sitzung des Bezirksausschusses (BA) deutlich. Nachdem sich die Rathaus-CSU bereits vor zwei Wochen durch eine Anfrage an Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) nach dem Sachstand bei diesem Vorzeigeprojekt erkundigt hatte, legte die SPD-Fraktion im Bezirksausschuss Sendling-Westpark nach. Auf Initiative von Alfred Schmidt (SPD) verlangt das Stadtviertel-Gremium einstimmig Aufschluss von der Stadtverwaltung, wie es mittlerweile mit der Infrastruktur in diesem Quartier mit seinen etwa 6000 Bewohnern, speziell auch in der Waldfriedhofstraße, aussieht.

Dass sich die Nahversorgung und die urbane Lebensqualität in dieser Zone massiv verschlechtert haben, weiß Alfred Schmidt aus eigener Erfahrung. Er wohnt in der Nähe und hat vor allem 1996 die Initiative "Lebendige Waldfriedhofstraße" gegründet, die sich vier Jahre lang, bis zum Jahr 2000, intensiv zusammen mit dem örtlichen Einzelhandel und interessierten Bürgern für eine bessere Infrastruktur und mehr Lebensqualität engagiert haben. Nun legte er seinen BA-Kollegen eine beeindruckende "Fleißarbeit" (so der CSU-Fraktionssprecher Alfred Nagel) vor, in der aufgelistet ist, wie sich die Lage an der Waldfriedhofstraße innerhalb von gut zwei Jahrzehnten massiv verschlechtert hat. Schmidt hat den Strukturwandel anhand von 72 Gewerbeobjekten wie Läden, Kneipen, Restaurants, Handwerksbetrieben oder Büros analysiert. Sein Fazit ist deprimierend. Die Anzahl der Geschäfte für den täglichen Bedarf (Lebensmittel, Feinkost, Bäcker oder Metzger) hat sich um mehr als ein Drittel reduziert, von elf auf sieben Geschäfte. Die Zahl der Geschäfte mit sonstigem Bedarf (Bekleidung, Schuhe, Blumen) hat sich fast halbiert, von 23 auf nur noch 13 Läden. Zugenommen hat lediglich das Angebot an Dienstleistungen (Friseur, Kosmetik, Bewirtung, Versicherungen), von 21 auf 29 Anbieter. Um fast ein Drittel ist auch die Zahl an Fachgeschäften gesunken, also Elektro- oder Juwelierläden.

Die Tatsache, dass der inzwischen verlotterte Gebäudekomplex Waldfriedhofstraße 92-96 immer noch steht und der Neubau von Rock Capital nicht in Sicht ist, verschlimmert die Situation. An dieser Stelle gab es vor dem jahrelangen Leerstand eine Bank, ein Café, eine Drogerie und einen Lebensmittelladen. Alfred Schmidt räumt allerdings in seiner Bilanz auch ein, dass dieser Strukturwandel auch "auf die Bequemlichkeit der Bürger" sowie die "mangelnde Bereitschaft" zurückzuführen ist, "durch persönliches Handeln für die Erhaltung der Lebensqualität" zu sorgen. Man folge lieber der "Geiz-ist-geil-Mentalität" und kaufe im Internet oder in weit entfernten Einkaufszentren, anstatt durch Einkäufe in der Nähe für eine "attraktive urbane Nahversorgung einzustehen".

Wie man all das mit den Instrumenten der Stadtplanung zum Besseren wenden könnte, soll jetzt die Stadt darlegen.

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