Sendling:Sehr herber Charme

Seit vielen Jahren soll das Gebäude am Harras saniert werden, das sich Volkshochschule und Stadtbibliothek teilen. Die Elektrik ist veraltet, die Waschräume sind marode. Inzwischen haben sich aber die Baurichtlinien geändert

Von Birgit Lotze, Sendling

Die Sendlinger Stadtbibliothek und die Volkshochschule (VHS), die sich ein Gebäude am Harras teilen, stecken seit mehr als einem Jahrzehnt im Sanierungsstau. Das berichtete Antonia Heigl, Leiterin der Münchner VHS Süd, im Sendlinger Bezirksausschuss (BA). Die veraltete Elektrik falle häufig aus, allein im Juli sei dreimal der Techniker gerufen worden. Der Aufzug sei oft nicht zu benutzen, es gebe keine Ersatzteile mehr, sie müssten extra angefertigt werden. Der Zustand der Waschräume sei den Kursteilnehmern kaum mehr zuzumuten. Fenster seien zugeschraubt worden, weil sie nicht mehr hielten. Mit "Flickschusterei" werde der Betrieb aufrechterhalten, doch für Antonia Heigl ist man damit zu weit gegangen. "Wir brauchen dringend eine Generalsanierung", fordert sie.

Sendling: Sanierungsstau: Kostenschätzung und Konzept für die Renovierung des Hauses von VHS und Stadtbibliothek an der Albert-Roßhaupter-Straße stammen von 2015 und sind längst überholt.

Sanierungsstau: Kostenschätzung und Konzept für die Renovierung des Hauses von VHS und Stadtbibliothek an der Albert-Roßhaupter-Straße stammen von 2015 und sind längst überholt.

(Foto: Robert Haas)

Eigentlich sollte das Gebäude bereits 2015 komplett überarbeitet werden - dafür liegt ein Konzept vor, ebenso die Kostenschätzung. Diese und die Untersuchungen müssten jetzt wohl wiederholt werden, denn man könne wohl kaum auf der Basis der alten Erhebungen sanieren, wolle man nicht wie die Elbphilharmonie enden, sagt Heigl auf SZ-Nachfrage. Dass es soweit gekommen ist, liegt ihrer Ansicht nach in einem Stau infolge einer Umstrukturierung begründet: Vor einigen Jahren seien die Liegenschaften auf Bibliotheksseite beim Kommunalreferat zusammengeführt worden, die bis dahin, zumindest teils, unter der Verantwortung des Kulturreferats gewesen waren. Für ein Referat ist es allerdings schwierig, mehrere große Kultur-Bauprojekte gleichzeitig zu bewältigen: Danach habe es zunächst geheißen, die beiden Stadtteilinstitutionen müssten warten, die Erneuerung der Monacensia gehe vor, dann war das Volkstheater dran, dann der Gasteig. "Aber wir müssen auch dringend vorwärtskommen. Sonst müssen wir irgendwann schließen."

Sendling: Ob das Gebäude saniert oder abgerissen wird, steht noch nicht fest.

Ob das Gebäude saniert oder abgerissen wird, steht noch nicht fest.

(Foto: Robert Haas)

Es gebe viele Nachteile, gibt auch Barbara Kreder, die Leiterin der Sendlinger Bibliothek, zu. Sie erzählt von Wasserschäden, derzeit seien die Jalousien kaputt, die Sonne störe auf den Bildschirmen. Man behelfe sich, Kollegen bauten oft ein wenig an oder um, man sei gut im Improvisieren. Klar gebe es Befürchtungen, dass die Leser wegen der schlechten Ausstattung in andere Häuser ausweichen. Doch das Gebäude sei voll mit Siebzigerjahre-Charme und "wir tun unser Bestes, es nicht oll wirken zu lassen". Die Bibliothek habe einen großen Vorteil: den Lesegarten, "eine kleine grüne Oase", mit viel Platz für Kinder zum Herumrennen. Auch sei der Standort direkt am Harras nicht zu unterschätzen.

Sendling: Inzwischen gelten neue Vorschriften, zum Beispiel für die Zahl der Rad-Abstellplätze.

Inzwischen gelten neue Vorschriften, zum Beispiel für die Zahl der Rad-Abstellplätze.

(Foto: Robert Haas)

Bibliothek und VHS sind in Verhandlungen mit den Behörden, doch es geht wenig voran, eher tun sich Probleme auf. Denn nach den neuen Baubedingungen werden mehr Radstellplätze verlangt, und damit Platz, den die Bibliothek, die ebenerdig liegt, nicht zu haben glaubt. "Unseren Lesegarten wollen wir mit Zähnen und Klauen verteidigen", kündigt Kreder an. Sie und Heigl haben schon angeboten, dafür auf die Tiefgarage zu verzichten, doch ob das als Kompromiss akzeptiert werden kann, ist noch offen.

Der Sendlinger Bezirksausschuss hat der VHS einstimmig seine Unterstützung angeboten. Die Sanierung sei schon seit 2008 in der Pipeline, sagte der BA-Vorsitzende Markus Lutz (SPD) und mahnte zu schnellem Handeln, egal ob Kernsanierung oder Abriss. "Dass uns die VHS verloren geht, das kann es wohl nicht sein." Auch wurde darauf hingewiesen, dass vor der Bibliothekstür noch immer kein Rückgabe-Automat steht.

Wenn eine Erneuerung des Gebäudes anstehen sollte, können sich die Nutzer auf zwei bis drei Jahre Bauzeit einstellen. Im Gasteig, der in den nächsten Jahren mit dem größten Teil der zentralen Münchner Bibliothek und der VHS in ein Interimsquartier in Sendling ziehen soll, können die Sendlinger Bestände aus Platzmangel nicht unterkommen. Barbara Kreder träumt von etwas "Bibliothekischem auf dem schönen, neuen Harras", von einer Bücherbox oder einem Container zum Abholen. Und Antonia Heigl, die in der Volkshochschule Süd um die tausend Kurse im Halbjahr anbietet, wird wohl Räume im näheren Umkreis suchen. Zumindest das übliche Kursprogramm solle auch während der Bauzeit angeboten werden, ebenso solle der Raum für Gesundheit weiterhin bestehen.

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