Sendling:"Optisch ist das nicht tragbar"

Konzept Schwinde Architekten

Fuge an Fuge: Die Schule braucht Platz, doch der Denkmalschutz auch, findet der Landtag. Simulation: Schwinde Architekten

Der Landtags-Ausschuss für Wissenschaft und Kunst äußert harsche Kritik am geplanten Bau der Realschule an der Reutberger Straße. Bemängelt wird, dass keine Rücksicht auf die Denkmäler der Umgebung genommen wird

Von Birgit Lotze, Sendling

Das Gebäude für die zweizügige Realschule an der Reutberger Straße, ein Erweiterungsbau der Maria-Probst-Realschule mit einer Mensa, Hort und einem "Haus für Kinder" für die vorschulische Kinderbetreuung, wird unter Umständen wohl nicht wie geplant gebaut. Der Ausschuss für Wissenschaft und Kunst des Bayerischen Landtags sieht eine Petition von Anwohnern als berechtigt an und stellte sich mit einem Berücksichtigungsbeschluss, der stärksten Form der Stattgabe, an die Seite der Kritiker. Damit sollen die Denkmäler am Gotzinger Platz und an der Reutberger Straße geschützt werden. Der Wissenschaftsausschuss kritisierte die Kubatur, Architektur und die "Materialität" mit den bestehenden Einzeldenkmälern. Die Baupläne werden auch in Sendling, wo die Einrichtungen dringend gebraucht werden, von Lokalpolitikern zwar nicht kritisiert, aber kritisch beobachtet - vor allem wegen eines fehlenden Verkehrskonzepts.

Damit schaltet sich der Freistaat in ein städtisches Bauprojekt ein. Üblich ist, dass die Landeshauptstadt sich selbst eine Baugenehmigung erteilt. Weder die im Rathaus für Schulprojekte zuständige dritte Bürgermeisterin Verena Dietl (SPD) noch Stadtschulrätin Beatrix Zurek (SPD) waren für eine Stellungnahme zu erreichen. Ein Statement der Referentin sei kurzfristig nicht möglich, hieß es im Referat für Bildung und Sport. Die Verwaltung habe das Ergebnis der Beratung des Wissenschaftsausschusses noch nicht erhalten. "Erst wenn wir die offizielle Mitteilung erhalten haben und eine verwaltungsinterne Bewertung vorliegt, können wir Aussagen treffen, wie es mit dem Schulbauvorhaben an der Reutberger Straße weitergehen wird."

Das Schulprojekt füge sich nicht in die von Baudenkmälern geprägte Umgebung ein, hatten Anwohner in der Petition bemängelt. Es zerstöre gewachsene Struktur. Das Grundstück sei schlichtweg zu klein, der Multifunktionsbau sprenge jede Dimension. Außerdem sei ein Verkehrschaos auf der schmalen Reutberger Straße, eine gepflasterte Anwohnerstraße, programmiert. "Die Landeshauptstadt verschließt vor dieser Situation bewusst die Augen", sagt Harald Eggl. Er ist Anwohner und hat mit Nachbarn die Petition eingereicht.

Der Vorsitzende des in dieser Sache entscheidenden Ausschusses, Robert Brannekämper (CSU), hat sich in der vergangenen Woche an der Baugrube mit der Lage vertraut gemacht. "Der Bau ist überzogen", sagte er in der Sitzung im Landtag. "Er sprengt den Maßstab." Ein Indikator dafür sei, dass der Pausenhof für die Realschüler auf das Dach verlagert sei. Die denkmalpolitische Sprecherin Sabine Weigand (Grüne) bezeichnete den Bau, sollte er verwirklicht werden, als "Störenfried". Er grenze "nur mit einer Fuge" an die Denkmäler an. "Optisch ist das nicht tragbar." Angesichts der Umgebung müsse man so eine Planung "mit gutem Willen und mit Hirnschmalz" angehen, forderte sie die Stadt auf. Der derzeitige Plan sehe einen "stinknormalen Schulbau" vor. Es gehe auch nicht an, dass die kleinen Kinder in einem finsteren Hof spielen sollten, von vier Seiten begrenzt durch hohe Mauern. Ebensowenig könne man die Schüler ohne Schattenmöglichkeiten aufs Dach schicken. Weigand forderte auch eine Verkehrsberuhigung der Reutberger Straße.

Brannekämper konstatierte, der Landtag wolle nicht, "dass das ganze Projekt gekippt wird". Der Hauptbau könne verwirklicht werden, doch auf die Seitenflügel - dort sollte ein "Haus für Kinder" für die vorschulische Betreuung untergebracht werden - müsse die Stadt bei dieser Planung verzichten. Die an das Baugrundstück angrenzenden Nachbarhäuser sind Teil des Ensembles um den Gotzinger Platz, das laut Beschreibung in der Denkmalliste zu den malerischen Plätzen des späten Historismus gehört, die vom Stadtbauamt unter Leitung Theodor Fischers konzipiert wurden. Auf der Brache waren über Jahrzehnte eine Montessori-Schule und ein Sportplatz untergebracht. Die Schule hatte die Flachbauten nach den Olympischen Spielen bezogen, sie dienten während der Spiele als Pressezentrum.

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