Sendling:Nicht noch ein Markt

Einweihungsfeier für umgestalteten Harras in München, 2013

Damals war die Welt in Ordnung: Der umgebaute Harras wurde 2013 mit einem gut besuchten, fröhlichen Bürgerfest eingeweiht.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Den Sendlingern reicht der Rummel auf dem umgebauten Harras schon jetzt - doch ihr Votum ist nicht bindend

Von Renate Winkler-Schlang, Sendling

Ludwig Dosch wollte es den Sendlingern so gerne recht machen, das merkte man bei der Sitzung des Bezirksausschusses. Sie fordern, dass der geplante Sommermarkt am Harras nicht wie eine Wagenburg wirkt? Dann stellt er die Stände eben lockerer auf, auch wenn der Sicherheitsdienst nachts mehr zu tun hat. Sie pochen darauf, dass die Nachbarn nicht unter Lärm leiden? Kein Problem, er halte sich genau an die vorgeschriebenen Dezibelgrenzen und schwöre seine Musiker darauf ein. Sie hassen Ramsch? Gerne, so Dosch, gebe er örtlichen Interessenten, die einen Stand aufmachen wollen, den Vorzug. Sie wollen, dass der Platz transparent bleibt? Tja, wenn ein Stand hinten und vorne öffne, verdopple sich die Thekenfläche, da müsste ein Betreiber die doppelte Gebühr entrichten - das könne sich wohl keiner leisten. Dosch, der unter anderem den Markt auf dem Orleansplatz und den Laimer Fischmarkt organisiert und Ende Juli für acht Tage den Harras nutzen will, schien mit seinem Latein am Ende.

Je mehr Bedingungen die Stadtviertelvertreter sich überlegten, um so eindeutiger wurde ihnen selbst klar, was SPD-Fraktionssprecher Ernst Dill dann aussprach: "Es könnte auch sein, dass es sich gar nicht rechnet, auf dem Harras solche Märkte abzuhalten - und das wäre gut so." Vor allem die Grünen nicken: "Der Platz soll einfach als Platz frei sein", so Regine Noßke. Auch bei der CSU stieß diese Haltung auf Sympathie - auch wenn man Dosch eigens noch versicherte, das habe nichts mit ihm persönlich zu tun. Einstimmig votierte der Bezirksausschuss gegen den Sommermarkt.

Zum einen, so erklärte der Vorsitzende Markus Lutz (SPD), seien die Sendlinger gebrannte Kinder: Den sogenannten Europamarkt im vergangenen Mai hätten die Anlieger als echtes Ärgernis empfunden, als einen Kruscht-, ja fast als einen Grusel-markt. Zum anderen werde der Harras in diesem Jahr ohnehin regelmäßig bespielt. Das beginne schon mit dem zweieinhalbtägigen Maifest des Bezirksausschusses, das in diesem Jahr nicht mehr an der Spitzwegstraße stattfinden könne, weil die Gaststätte Spektakel renoviert werde. Es folgten vom 12. bis 18. Juni auf dem Harras Veranstaltungen der Stadtteilkulturwoche des Kulturreferats einschließlich einer großen Illuminierungsaktion. Hier hatten ebenfalls die Grünen Bedenken geäußert: Da gebe es viele Fenster, hinter denen Menschen schlafen wollen. Auch Licht sei eine Belästigung. Sie konnten für diesen Fall einen Kompromiss aushandeln: Nach der sonntäglichen Lichtaktion werden nicht gleich mitten in der Nacht die Scheinwerfer abgebaut, das soll erst am nächsten Tag geschehen. Für den nächsten Betrieb auf dem Platz sorgt dann aber wieder der BA selbst: Er plant für 3. bis 5. Juli sein Harrasfest, das vor zwei Jahren ins Leben gerufen worden war. Und um einen Christkindlmarkt werde man wohl auch nicht herumkommen, hieß es.

Das Nein zum Sommermarkt bedeutet jedoch noch nicht dessen Aus: Das letzte Wort hat das Kreisverwaltungsreferat als Genehmigungsbehörde. Der BA Sendling hatte sich schon wegen des Europa-Marktes dafür stark gemacht, dass Stadtteilgremien künftig über solche Events direkt entscheiden dürfen und nicht nur angehört werden. Die Antwort des Direktoriums war aber verwirrend: Es wollte aus der Anhörung eine bloße Unterrichtung machen - wohl ein Wortfehler. Hier wird nachgefragt.

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