Sendling:Kritik am "Kindergarten-Tesla"

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Spaß an der Isar haben Kinder eigentlich immer. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Vegane Kita beantragt einen Zuschuss von knapp 4800 Euro für zwei elektrisch betriebene Bollerwagen. Die Lokalpolitiker wollen nur einen finanzieren

Von Johannes Korsche, Sendling

Muss der Bollerwagen einer Kindertageseinrichtung wirklich elektrisch betrieben sein? Und sind knapp 4800 Euro für zwei elektrische Kinderkrippenwagen nicht ein wenig viel Geld, wenn es aus dem Budget des Bezirksausschusses (BA) kommen soll? Anlass für eine kontroverse Debatte im Sendlinger Gremium war ein Antrag des veganen Kindergartens "Erdlinge e. V.". An deren Ende wollten die Stadtviertelpolitiker nur einen statt der beantragten zwei Gefährte finanzieren. Diese Entscheidung und die vorangegangene Debatte lassen die Grünen "entsetzt" zurück, wie sie in einer Pressemitteilung schreiben. Für Anna Staudacher, die im Vorstand der Elterninitiative des Kindergartens sitzt, ist der Zuschuss immerhin "ein guter Anfang" und "insgesamt doch ganz erfreulich".

Die "Erdlinge" sind eine Art Naturkindergarten. Anders als ein herkömmlicher Naturkindergarten sind sie zwar in festen Räumen und nicht einem Bauwagen untergebracht. Nichtsdestotrotz verbringen die Kinder täglich den Großteil ihrer Zeit am Flaucher, der etwa 1,5 Kilometer von ihren Räumen entfernt liegt. Diese Strecke, die die Kindergruppe täglich viermal zurücklegt, sei der Grund für den Wunsch nach elektrischen Kinderkrippenwagen, sagt Staudacher. Zumal der Weg zum Flaucher auch die gut befahrene Brudermühlstraße entlang führt. Da sei es sicherer, wenn die Kinder im Wagen sitzen. Auch an der Isar angekommen, sei der E-Motor nötig, denn die Wege seien dort nicht vollständig asphaltiert. Dort zu schieben, sei für ihre ältere Erzieherin sehr beschwerlich. Mit dem nicht-elektrischen Wagen, der momentan im Einsatz ist, gehe der Weg "ziemlich auf den Rücken". Zumal auch Gepäck wie Brotzeit und Windeln mit zur Isar genommen werden - die momentan elf Kinder in der Gruppe sind zwischen knapp zwei und vier Jahren alt. Im April sollen es dann 16 Kinder sein, sagt Staudacher.

Die BA-Mitglieder gingen bei ihrer Debatte davon aus, dass sechs Kinder in der Einrichtung betreut werden. Dementsprechend gab auch Stadträtin Manuela Olhausen (CSU) zu bedenken, dass für sechs Kinder 4760 Euro viel Geld sei. Auch Ernst Dill (SPD) sah "keinen Grund, einen Kindergarten-Tesla zu finanzieren". Zumal aus Steuergeld. Anders war die Stimmung bei der Grünen-Fraktion. Sie sei "fassungslos, wie hier diskutiert wird", sagte Stadträtin Anja Berger (Grüne). Im Viertel gebe es nicht genügend Betreuungsangebote für Kinder unter drei Jahren, und anstatt die Elterninitiative zu unterstützen, hinterfrage man deren Kompetenz. Auch René Kaiser (Grüne) kritisierte seine Ausschuss-Kollegen. Das erhöhte Stadtbezirksbudget - die Rede war von 112 000 Euro, die den Sendlingern für dieses Jahr noch bereitstehen - erlaube es, "in den Stadtteil zu investieren". Dazu gehöre auch die Unterstützung einer Elterninitiative. Eine Mehrheit im BA befürwortete letztlich, die Anschaffung eines elektrischen Krippenwagens finanziell zu fördern.

Dort kämen acht Kinder ohne ihr Gepäck unter, sagt Staudacher. Ein "Kindergarten-Tesla" sei der Krippenwagen übrigens nicht, das Modell, das sie ins Auge gefasst hätten, sei das "mit Abstand günstigste". Tatsächlich finden sich im Internet Angebote von elektrischen Krippenwagen, bei denen bereits einer mehr als 4 100 Euro kostet.

© SZ vom 15.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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