Sendling:Gut verbarrikadiert

Im Viertel nimmt man die Sechziger-Fans im Sendlinger Bunker nach wie vor als Fremdkörper wahr. Geballte An- und Abfahrten vor und nach Spielen stören die Nachbarn - eine offene Kommunikation findet nicht statt

Von Birgit Lotze, Sendling

Die Sechziger-Fans, die seit rund einem Jahr den Bunker an der Ecke Thalkirchner und Gaißacher Straße gemietet haben, sind noch nicht in Sendling angekommen: Die Stimmung dort ist nicht sehr freundlich. Anwohner beschweren sich über Lärm und Verkehr um den trutzigen, achteckigen Turm. Im Sendlinger Bezirksausschuss (BA) waren jetzt Beschwerden zu vernehmen, vor dem Komplex träfen sich manchmal bis zu 150 Menschen. Die Anwohner stört es, dass die Fans, die den Bunker als Stützpunkt für die Choreografie-Vorbereitung bei den Spielen des TSV 1860 nutzten, oft mit 30 oder 40 Autos im Wohngebiet vorführen, mangels Parkplätzen in zweiter Reihe parkten, um dann "in Kolonne" abzufahren - auch nachts und gelegentlich mit Bussen, hieß es. Ein Anwohner wunderte sich, dass die Stadt als Eigentümerin des Bunkers "so geballt Autos und Busse ins Viertel reinschickt". Auch sei dies kein Sendlinger Verein, die meisten Autos hätten Kennzeichen aus Städten im Umland. "Da hätte man genauso eine Kneipe reinbauen können." Selbst die Rocker, die vor einigen Jahren den Bunker hätten nutzen dürfen, seien - was den Verkehr angehe - angenehmere Nachbarn gewesen.

Die Sechziger-Fans hatten von Anfang an keinen guten Start. Im Stadtviertel hatte man gehofft, dass angesichts des eklatanten Raummangels im Viertel der Verein "Kunst in Sendling" und der Nachbarschaftstreff Elly, die den Bunker vorübergehend kurzfristig angemietet und ausprobiert hatten, den Zuschlag bekämen. Das Kommunalreferat vergab den Hochbunker nach einer Ausschreibung vor rund zwei Jahren jedoch an einen externen Verein, den "Verein zur Pflege der Münchner Fußballkultur", über dessen Herkunft und Hintergrund die Stadt mit Hinweis auf den Datenschutz nie sprechen wollte. Das Kommunalreferat verwies lediglich immer wieder darauf, die Stadt könne bei diesem Verein sicher sein, dass die Miete für den Bunker regelmäßig eingehe und das Gebäude auch nach den gesetzlichen Vorgaben saniert werde.

1860 Fanblock Fussball Grünwalderstadion DFB Pokal 13 08 2017 TSV 1860 München FC Ingolst; Fußball

In dem Bunker werden Fan-Choreographien vorbereitet.

(Foto: Imago)

Der Verein meldete sich erstmals im Mai dieses Jahres im Bezirksausschuss - sehr spät, fanden die Lokalpolitiker. Die Fußballkultur-Angehörigen nutzten da den Bunker bereits fast ein Jahr, wenn auch vorwiegend für die Renovierung. Die Mitglieder sprachen im Mai im Bezirksausschuss davon, das Stadionheft "Da Brunnenmiller" im Bunker produzieren zu wollen. Der Bezirksausschuss (BA) will nun das Kreisverwaltungsreferat einschalten und beim Vermieter Kommunalreferat nachhaken. Es sei den Lokalpolitikern keinesfalls bekannt, dass im Bunker Choreografien für die Spiele des TSV 1860 vorbereitet würden, sagte CSU-Fraktionschef Thomas Kaiser. "Wir wollten einen niederschwelligen Verein." Jan Erdmann ("mut") wies darauf hin, dass vorherige Nutzer des Bunkers Schwierigkeiten gehabt hätten, zwei Parkplätze zu bekommen. "Und jetzt sowas?"

Das Kommunalreferat will nun ein Gespräch mit den Verantwortlichen des Vereins führen. Der Sendlinger Bunker sei - wie früher auch - ohne Parkplätze oder Freiflächen vermietet worden, da die Lokalbaukommission dies nicht gefordert habe. Der Bunker sei für Vereinstreffen vermietet. Das Referat will zudem mit der Polizei im Austausch bleiben.

Der Fanbeauftragte Lothar Langer - er betreut speziell die jungen Fans des TSV 1860 - ist speziell zur Förderung einer friedlichen Sportkultur eingesetzt, in Bildungsprogrammen, in der Antidiskriminierungs- und Kulturarbeit, als Beobachter der Fangemeinde. Dass sein Einsatz notwendig werden könnte, sieht er nicht. "Das sind keine unbeholfenen Menschen, die brauchen niemanden, der sie pampert", sagt er. Es gebe unter den Bunker-Nutzern "ein sehr verlässliches Kollektiv", vielleicht müssten die einfach mehr an die Öffentlichkeit gehen. "Wenn sie mit den Anwohnern in offenen Dialog treten, dann wird sich die Lage entspannen", glaubt Langer.

Bunker Sendling

Ohne Parkplätze vermietet: der Sendlinger Bunker.

(Foto: Catherina Hess)

Von einem offenen Dialog kann bislang keine Rede sein, auch auf Nachfragen reagiert der Verein nach wie vor verhalten. Thomas Briel, ein PR-Agent, der sich im BA als Ansprechpartner anbot, sah sich nicht in der Lage, kurzfristig auf Fragen zu antworten. Er verwies auf Termindruck und vertröstete auf kommende Woche. Szene-Kenner Lothar Langer bestätigt im Wesentlichen, was die Anwohner sagen: Bei Heimspielen der Sechziger könne es schon sein, dass es eine halbe Stunde, auch mal eine Stunde dauere, bis die Fahnen und anderes Material auf die Autos verteilt seien. "Klar, das ist wahrnehmbar. Aber danach sind sie auch gleich wieder weg."

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