Sendling:Gretchen im Namen

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Im Kreuzungspunkt der Kirchenachsen platzierte die Künstlerin Lore Galitz ihre Installation, einen stilisierten kreisförmigen Fluss. (Foto: Robert Haas)

Gott, Faust und der Teufel: In der Sendlinger Kirche St. Margaret widmen sich Künstler Goethes Werk

Von Birgit Lotze, Sendling

Was hat Goethes Faust mit Kunst in der Kirche zu tun? Andrea-Elisabeth Lutz, Leiterin der Abteilung Kulturmanagement des Erzbischöflichen Ordinariats München, hat die Verbindung hergestellt, als sie neben einem Team-Chef eines Box-Clubs bei einer Veranstaltung zum Faust-Festival in München saß. Sie stellte ihm die Frage: Was hat Goethes Faust mit Boxen gemeinsam? "Na, Faust natürlich", so die Antwort.

Das Faust-Festival zieht also viel weitere Kreise, als gemeinhin vermutet wird. Auch die Kirche St. Margaret ist in den Kreis aufgenommen, schließlich trage sie das Gretchen im Namen, sagt die kirchliche Kulturmanagerin. Andrea-Elisabeth Lutz ist auf die Künstler im Viertel zugegangen, auf den Verein "Kunst in Sendling". Jetzt stellen zehn Künstler in der Kirche aus, mal ist es Faust, der thematisiert wird, dann der Teufel, dann die Suche nach Antworten, Spiritualität. Etwa alle zwei Wochen wechselt die Ausstellung, mal sind es größere Projekte, mal kleine.

Derzeit ist die Kirche St. Margaret kunstfrei, denn Lore Galitz, die Künstlerin der jüngsten Ausstellung, hat ihre Installation nach ihrer interaktiven Performance sehr prominent in der Mitte der Kirche abgebaut. Sie bot den Zuschauern, eigentlich Teilnehmern, im Kontakt mit Wasser die Gelegenheit, sich Tropfen für Tropfen mit der eigenen Vergänglichkeit auseinanderzusetzen. Tropfen für Tropfen verrinnt im Sekundentakt. "Nichts ist förderlicher, um für sich den Fokus auf den Sinn des eigenen Lebens auszurichten", sagt die Künstlerin. Angesichts des Verrinnens der Zeit könne sich eine neue Richtung ergeben, ein neuer Lebensweg eingeschlagen werden. Es ist nicht das klassische Kirchenpublikum, das Installationen und Performances wie diese in der Kirche St. Margaret besucht. Das ist ein Aspekt, der wiederum der Leiterin für Kulturmanagement im Ordinariat gefällt. Es sei das Kunstpublikum, das man aus Theatern kenne, welches dann in die Kirche komme. Und dort vielleicht noch viel mehr Antworten suche, auch finde, als bei anderen Veranstaltungen. Spiritualität werde über die Kunst anders angesprochen als im Gottesdienst-Betrieb, sagt Lutz. Nachdenken über die Wassertropfen, darüber, ob das Leben zwischen den Fingern verrinnt oder ob sich doch noch etwas Sinnvolles tun könne, darüber könne man in einer Predigt sprechen, aber genauso auch bei einer künstlerischen Installation.

Andrea-Elisabeth Lutz hat schon Erfahrungen mit Kunstaktionen in Kirchen. Sie organisiert seit zwei Jahren "Art of Rupert" am Gollierplatz im Westend, wo sie auf "Kunstinstallationen statt Abendgottesdienst" setzt. Sendling und Westend - die Viertel ähnelten sich, sagt sie. Im Umkreis der Kirche seien viele Künstler, diese brauchten viel Fläche und Raum, das könne die Kirche bieten. Der Kreis sei groß geworden im Westend, denn das Kunstpublikum bringe auch viele andere Interessierte mit, die sonst keinen Anlass sähen, in eine Kirche zu gehen. "Das ist für uns alle eine Win-Win-Situation."

Nicht mehr zu sehen, weil bereits abgebaut, sind Karl Kempfs Installation "cognitio" und Lore Galitz' interaktive Performance "Vergängliches". Am 14. April aber eröffnet Eva Raiser-Johanson eine Fahneninstallation unter dem Motto "Am Anfang II", am 28. April geht es um eine begehbare Installation von Andrea Unterstraßer: "Der Künstler, ein Faust". "Gretchen und Mephisto" thematisiert Katharina Schellenberger auf Gemälden und mit Aktionen dann am 5. Mai. Anni Rieck löst sie mit einer Fahneninstallation zum Thema "Faust - Worte - Fahnen" am 19. Mai ab. Berit Opelt zeigt drei Gemälde in der Reihe "Der Herr - Faust - Mephisto" vom 9. Juni an. "Die Ver-führung in einer ver-rückten Welt" ist Thema eines großen Gemäldes von Edith Steiner vom 23. Juni an. Am 7. Juli wechselt die Ausstellung zu Medienkunst: "mo-ob no. 23" von Mone Kante. Von 14. Juli an präsentiert Liz Walinski Papiertableaus und Klanginstallationen. Die Ausstellungen wechseln immer samstags um 17 Uhr.

© SZ vom 31.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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