Sendling:Es wird eng

Wettbewerb Plinganserstraße
Stand Ende Februar 2017

Massiver Riegel: Mit den Neubauten hinter der Harras-Post wird die Wohnfläche in dem Quartier nahezu verdoppelt.

(Foto: Simulation: Planquadrat Elfers Geskes Krämer PartG mbB)

Die Nachverdichtung schreitet voran, manchmal werden die Altmieter regelrecht umstellt wie bei einem Projekt an der Plinganserstraße. Die Stadt verteidigt ihre Pläne gegen die Befürchtungen der Bewohner

Von Birgit Lotze, Sendling

Öffentliche Erörterungen von Bauprojekten sind oft frustrierend für die Anwohner. Es geht dann meist um die Verdichtung des eigenen Wohnumfelds. Als nun in Sendling der Planungsstand für die Siedlung hinter der Harras-Post vorgestellt wurde, war das nicht anders.

Die Wohnfläche soll von derzeit 28 000 auf 48 000 Quadratmeter fast verdoppelt werden. In dem Quartier auf der Westseite der Plinganserstraße wohnen mehr als 300 Menschen. Und die fürchten, dass ihnen das Leben bald sehr unangenehm gemacht wird. Nicht nur, dass ihnen mindestens eineinhalb Jahre Bauzeit bevorstehen. Ihre Siedlung aus Mehrfamilienhäusern soll von drei Seiten mehr oder weniger umstellt werden - durch Blöcke, die ein gutes Stück höher in den Himmel ragen als die vorhandenen Mietshäuser. Auffällig ist der geplante Riegel entlang der Plinganserstraße: Er soll von der Harras-Post bis zur Dudenstraße reichen.

"Uns gehen Licht, Wärme und auch Belüftung verloren", konstatierte die Vorsitzende der Mietergemeinschaft, Renate Lentner. Sie wollte von den Vertretern des städtischen Planungsreferats wissen, ob die Anforderungen an gesundes Wohnen angesichts der Verdichtung erfüllt würden. Die unteren zwei Stockwerke, so brachte Lentner vor, bekämen künftig gar kein Licht mehr ab, einige Eckwohnungen würden massiv verschattet, alle Wohnungen würden von der Frischluftschneise zum gegenüberliegenden Park abgeschnitten. Vor allem im Sommer drohe starkes Aufheizen.

Stadtplanerin Julia Biller, die das Referat für Stadtplanung und Bauordnung vertrat, war sichtlich bemüht, den Mietern Perspektiven aufzuzeigen. Änderungen an der Planung konnte sie aber nicht versprechen. Ja, es werde enger, "das Wohnen verändert sich für Sie". Doch die Grundbedürfnisse der Mieter sollten gesichert bleiben, versprach Biller. Es werde auch künftig keine fensterlosen Schlaf- und Kinderzimmer geben. Und grundsätzlich achte das Planungsreferat darauf, dass Wohnungen belüftet würden. Die Wirkung des Riegels an der Plinganserstraße, eines sechsstöckigen Baus mit 150 Wohnungen, beurteilt die Behörde allerdings ganz anders als die Mieter. "Das sehen wir als Verbesserung, als Schutz für den rückwärtigen Bereich", sagte Biller.

Bei der Vorstellung der Baupläne Anfang 2016 im Sozialbürgerhaus waren derart viele Besucher gekommen, dass der Saal nicht ausreichte. Zur Erörterung in der Sporthalle kamen nun gut 40 Anwohner. Von Besuchern waren ernüchterte Kommentare zu vernehmen: Sie hätten zwar immer viel Unterstützung aus dem Bezirksausschuss bekommen, sagte einer. Doch jeder Münchner Politiker, ob im Stadtrat oder auf lokaler Ebene, sei angesichts des Wohnungsmangels in München in erster Linie daran interessiert, dass neue Wohnungen gebaut würden.

Der Vorsitzende des Bezirksausschusses, Markus Lutz (SPD), der die Veranstaltung moderierte, machte klar, dass gerade an diesem Projekt besonderes Interesse bestehe. Für Sendling sei das ein "wichtiges Bauprojekt", so Lutz. Er lobte den Investor, die Frankfurter Industria Wohnen GmbH, die von Anfang an umfangreich informiert habe und auch bezahlbaren Wohnraum schaffe. "Das ist selten, auch bei uns im Viertel."

Die Anwohner sehen jedoch einige Schwierigkeiten auf sich zukommen, für die sie Abhilfe erwarten. Einige Besucher wiesen darauf hin, dass die Abgase der Tiefgaragenentlüftung auf den geplanten Dachgarten abgeleitet würden; es wurde darauf hingewiesen, die Anfahrt zur Wohnanlage für etwaige Transporte frei zu halten. Überdies wünschen sich einige, den Trockenraum nicht derart zu verkleinern, dass die Mieter ihre Wäsche in den Wohnungen trocknen müssen.

Verkehrsplaner Janos Korda machte den Besuchern indes wenig Hoffnung, dass die Tiefgaragenzufahrten künftig nicht über Fahrradstraßen und Schulwege geführt werden. Er sprach von "Beschwerden auf hohem Niveau". Es gebe andere Straßen in München, auf denen wesentlich mehr los sei. Was den möglichen Ausbau der Plinganserstraße angeht, versprach Korda ein neues Verkehrsgutachten, das im Herbst fertig sein soll. Dann sei der Tunnelbau am Mittleren Ring so weit abgeschlossen, dass sich der Verkehr von der staugeplagten Plinganserstraße eventuell wieder verlagere, sagte er.

Ein weiteres Manko für die Mieter: Nach dem Ausbau wird ihre Anlage weit weniger Freifläche haben. Nicht einmal die erforderliche Grünfläche je Anwohner kann dann nachgewiesen werden. Der Investor will das durch Dachgärten ausgleichen: Auf vier Häusern sollen Gemeinschaftsgärten nachgerüstet werden, auch die geplante Kindertagesstätte an der Karwendelstraße soll einen Dachgarten bekommen. Die Stadt sagt zu, in der Nähe "zu kompensieren". Dafür müsse keine öffentliche Grünfläche geschaffen, sondern nur vorhandene Flächen aufgewertet werden, sagte Grünplaner Franz Fuchs. Dort könnten Spielplätze entstehen sowie Boccia-Bahnen für Erwachsene, notfalls auch weiter weg am Neuhofener Berg.

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