Semesterstart:Der Luxus einer Studentenbude

Studenten suchen Wohnung

560 Euro kostet das Zimmer in einer Wohngemeinschaft im Schnitt. Und die Konkurrenz wird immer größer.

(Foto: dpa)
  • Zum Semesterstart haben die meisten neuen Studierenden das größte Problem schon gelöst: Sie haben in München eine Bleibe gefunden.
  • Nirgendwo in Deutschland ist das so schwierig wie in München.
  • Studierende konkurrieren nicht nur untereinander um günstige Wohnungen und Zimmer, sondern auch mit jungen Familien und Senioren.

Von Anna Hoben

Jedes Jahr im Juli klickt im Studentenhaus in der Leopoldstraße jemand auf eine Maustaste, und innerhalb von Sekunden entscheidet sich eine Schicksalsfrage für Tausende Erstsemester. Jene Schicksalsfrage, die da heißt: Wo wohnst du, und was bezahlst du dafür? Ganz so gering wie beim Lotto sind die Chancen, einen Hauptgewinn zu ergattern, zwar nicht - besonders hoch aber auch nicht: 1224 Bewerber, die zum Herbstsemester in München ein Studium beginnen, hatten sich in diesem Jahr für einen der 150 Wohnheimplätze beworben, die das Studentenwerk verloste. Die Chancen standen eins zu acht.

"Die Verlosung soll sicherstellen, dass Studienanfänger in München überhaupt die Möglichkeit haben, in ein Wohnheim einzuziehen", sagt Ingo Wachendorfer, Sprecher des Studentenwerks. 280,90 Euro kostet ein solches Zimmer im Durchschnitt. Wer nicht der glückliche Achte war, sondern der Zweite, Dritte, Fünfte oder Sechste, der konnte auf einen Platz in einem Wohnheim eines anderen Trägers hoffen - oder musste sich, je nach Budget und Lebensvorstellung, ein Apartment oder ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft suchen.

Studenten sind zumeist genügsam: ein Bett, einen Schrank, einen Schreibtisch, viel mehr brauchen sie nicht. Okay, schön wäre noch ein Küchentisch, um dort mit Freunden Bier trinken und über den Zustand der Welt und des Kühlschranks philosophieren zu können. Doch Genügsamkeit genügt nicht. "Armer Student", das ist eine überstrapazierte Floskel. In München allerdings muss man sich sogar das erst einmal leisten können: ein armer Student zu sein. Also, vor allem die Eltern müssen es sich leisten können. Laut der jüngsten Sozialerhebung des Studentenwerks aus dem Jahr 2012 werden 90 Prozent der Studenten finanziell von Mama und Papa unterstützt.

Vor wenigen Wochen sind zwei Studien erschienen, die München wieder einmal zum Gewinner eines zweifelhaften Rankings küren: Wer eine Studentenwohnung oder ein WG-Zimmer mieten will, muss nirgendwo so viel bezahlen wie in der bayerischen Landeshauptstadt. Und nirgendwo steigen die Kosten so schnell an wie hier. 615 Euro warm blättern die angehenden Akademiker laut einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft Köln (IW) im Durchschnitt für eine typische Studentenbude hin. Eine solche ist 30 Quadratmeter groß und unmöbliert, hat eine Einbauküche und liegt anderthalb Kilometer von der Uni entfernt.

Insgesamt sind die Preise für Studentenwohnungen und WG-Zimmer in München seit dem Frühjahr 2010 um knapp 25 Prozent gestiegen. Ein Ende der Dynamik ist laut dem Institut nicht abzusehen. Was die Forscher außerdem herausgefunden haben: Kleinere, für Studenten interessante Wohnungen verteuern sich deutlich schneller als andere. So sind die Preise auf dem Gesamtwohnungsmarkt im selben Zeitraum nur um knapp 15 Prozent gestiegen. Nirgendwo ist die Diskrepanz so groß wie in München.

Nirgendwo anders ist die Zimmersuche so schwierig

Dass die Lage in der Metropole so angespannt ist wie in keiner anderen Universitätsstadt, zu dem Schluss kommt auch das Moses-Mendelssohn-Institut (MMI) in einer Studie, die es im Auftrag der Immobilienfirma GBI durchgeführt hat. So kostet ein WG-Zimmer in München laut den Forschern im Schnitt 560 Euro Miete. "Studierende konkurrieren nicht nur mit Auszubildenden und Berufseinsteigern um bezahlbare Wohnungen, sondern etwa auch mit jungen Familien oder alleinstehenden Senioren", sagt der Chef des Instituts, Stefan Brauckmann.

Das bestätigt der Geschäftsführer des Münchner Mietervereins, Volker Rastätter. "Der Markt wird immer enger", sagt er. Berufstätige drängten zunehmend auch in WGs, was Studenten die Suche erschwere. De facto suche sich hier eine Stadt Studenten danach aus, ob die Eltern sie sich leisten könnten. "So ändert sich das Sozialgefüge."

Die Preise sind nach oben offen

Beim Angebot für die Sprösslinge jener Familien, die nicht aufs Geld achten müssen, sind keine Grenzen gesetzt. Mietervereinschef Rastätter berichtet von 26-Quadratmeter-Apartments, die möbliert für 1090 Euro vermietet werden. "40 Euro pro Quadratmeter sind da mittlerweile normal." Er warnt Studenten davor, leichtfertig Mietverträge abzuschließen. "Wenn Wohnungen befristet oder möbliert vermietet werden, und das ist gerade bei kleinen Apartments oft der Fall, kann die Mietpreisbremse besonders geschickt umgangen werden."

Doch auch wer mit Freunden seine Traum-WG gründet, sollte laut Mieterverein einige Dinge beachten. Viele Vermieter wollen nur einen Hauptmieter. "Weil der aber dann das volle Risiko übernimmt, sind klare Verträge auch unter Freunden sehr wichtig", rät Rastätter. Am besten sollten die Bewohner in einem Ersatzvertrag regeln, wie Nebenkosten und Kaution aufgeteilt werden und wer was beim Auszug renoviert.

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