"Hörstücke":Erzengel als Jedi-Ritter in der Villa Stuck

"Hörstücke": Mit schiefen Tönen erzeugen zwei Schüler "Dissonanz".

Mit schiefen Tönen erzeugen zwei Schüler "Dissonanz".

(Foto: Villa Stuck)

Sechstklässler haben "Hörstücke" erarbeitet, erzählt und produziert - damit schicken sie andere Kinder durch die historischen Räume der Villa Stuck.

Von Barbara Hordych

"Weißt du noch, wie du letztens erzählt hast, dass dein Gitarrenlehrer sich die Ohren zugehalten hat, als Du vorgespielt hast?", fragt ein Junge den anderen. Der antwortet kichernd: "Ja natürlich. Er hat gesagt, mein schräges Spiel wäre voller Dissonanzen!" Dissonanzen - so lautet auch der Titel des Bildes von Franz von Stuck aus dem Jahr 1910, auf dem sich ein Faun gequält die Ohren zuhält, während neben ihm ein kleiner Junge aus vollen Backen in seine Panflöte bläst.

Was es denn mit dieser Dissonanz genau auf sich habe, wollen die beiden Jungs nun von der Museumsmitarbeiterin Kitty von Korff wissen: "Eine Dissonanz ist, wenn man zwei Töne gleichzeitig spielt, die ein bisschen komisch klingen; das heißt, die keinen harmonischen Klang ergeben", erklärt sie auf dem Audioguide. Den können sich Kinder und Jugendliche für einen ungewöhnlichen Rundgang durch die Historischen Räume der Villa Stuck ausleihen. Sechs "Hörstücke" sind es insgesamt, erdacht, erzählt und produziert von den Kindern der sechsten Klasse der Mittelschule an der Wittelsbacherstraße in München.

Mit Aufnahmegerät und Mikrofon sind sie in die magische Welt der Jugendstilvilla eingetaucht und bieten ihren gleichaltrigen Museumsbesuchern seit 2012 einen sehr individuellen Einblick: Hörspiele, Rätsel, Geräusch- und Musikcollagen sowie ein Interview - produziert in den Tonstudios des Bayerischen Rundfunks. Ein Projekt der Stiftung Zuhören, das gemeinsam mit der BR-Journalistin Isabelle Auerbach und Anne Marr, der Leiterin des Kinder- und Jugendprogramms "Fränzchen" im Museum, umgesetzt wurde.

"Die Kinder haben sich ihre Exponate selbst ausgesucht - auch wenn es nicht immer die waren, die wir selbst als Schlüsselwerke empfohlen hätten", sagt Anne Marr. Wobei Franz von Stucks "Wächter des Himmels", dem ein weiteres Hörstück gewidmet ist, auch in ihren Augen eine besondere Rolle zukommt. Schließlich sei es das erste große Ölgemälde überhaupt, das Franz von Stuck öffentlich ausgestellt habe. Dem Erzengel Michael verlieh er seine eigenen Gesichtszüge; da er damals aber noch unbekannt war, konnten das nur diejenigen erkennen, die mit ihm persönlich bekannt waren.

"Hörstücke": Mit schiefen Tönen erzeugen zwei Schüler "Dissonanz".

Mit schiefen Tönen erzeugen zwei Schüler "Dissonanz".

(Foto: Villa Stuck)

Mehr als das Gesicht des Erzengels, seine Flügel und sein Heiligenschein faszinierte die Sechstklässler aber offensichtlich die Bewaffnung des wehrhaften himmlischen Wesens: "Aus was besteht das Schwert?", wollten sie denn von Sammlungsleiterin Margot Brandlhuber in dem Hörstück wissen. "Sein Schwert besteht nicht aus geschmiedetem Stahl, sondern aus Feuer, deshalb nennt man das auch ein Flammenschwert", sagt sie. "Warum brennt das Schwert?", haken die Schüler nach. Damit der Erzengel Adam und Eva, die aus dem Paradies vertrieben wurden, die Rückkehr verwehren könne, erklärt Brandlhuber. Aber wieso der Griff nicht abbrenne, wollen die Museumsforscher wissen. Ein Zeichen für die Vorstellung, dass der "Held des Himmels" immer bereit sei zum Kampf gegen das Böse.

"In Zeiten von Star Wars war es naheliegend, dass die Kinder sofort die Parallele zu Laserschwertern zogen", erinnert sich Marr an die Gespräche der Schüler. Gewissermaßen seien ja auch die Jedi-Ritter unermüdlich im Einsatz gegen das Böse.

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